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Informationsfreiheit und Betriebsgeheimnis - was überwiegt?


Das Informationsrecht ist Grundvoraussetzung für eine funktionierende Demokratie und damit Grundbaustein unserer Werte. Das Bundesverfassungsgericht stellt die Informationsfreiheit sogar der Meinungs- und Pressefreiheit gleich. 

Doch wie nahezu jedes Recht hat auch dieses in Deutschland Grenzen, nämlich dort, wo das Recht eines anderen unverhältnismäßig berührt wird. Was überwiegt, wenn sich Informationsfreiheit und Betriebsgeheimnis gegenüber stehen?

Das Gericht hat im vorliegenden Fall entscheiden, dass das Informationsrecht hinter dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zurücktreten muss.

Was ist passiert?

Der Kläger begehrte zunächst die Verpflichtung der Beklagten Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung einer Straße zu ergreifen.

Daraufhin hat der Bau- und Vergabeausschuss (BVA) der Beklagten in nicht-öffentlicher Sitzung unter TOP B) 19 die „Vergabe der Bauleistung zur Errichtung einer Lichtzeichenanlage zur Kontrolle des Durchfahrverbots der Q“ beschlossen. Der Kläger beantragte bei der Beklagten, dass ihm eine Kopie der Vorlage zu TOP B) 19 der Sitzung des BVA nach dem Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen überlassen werden solle.

Daraufhin teile die Beklagte dem Kläger das Ergebnis der Sitzung folgendermaßen mit:

„Der Bau- und Vergabeausschuss beschließt einstimmig, die Vergabe der Bauleistungen zur Errichtung einer LSA zur Kontrolle des Durchfahrtverbots an die Firma … zu einer Auftragssumme in Höhe von …“

Des weiteren erklärte Sie in diesem Schreiben, dass sie eine Kopie der Vorlage nicht zur Verfügung stellen könne, „weil gemäß § 7 Abs. 1 IFG NRW ein Antrag auf Informationszugang für Entwürfe zu Entscheidungen, für Arbeiten und Beschlüsse zu ihrer unmittelbaren Vorbereitung sowie für Protokolle vertraulicher Beratungen abzulehnen sei. Das gelte auch für die Niederschrift über die Beratung des BVA.“

Der Kläger wiederholte seinen Antrag mit der Ergänzung, dass er auch eine Kopie des Berichts zu TOP B) der Sitzung des BVA fordere.

Wieso ein Recht auf Informationen?

Doch wieso ist das Recht auf Information so wichtig? Das Recht auf „umfassende Information“ ist eine unentbehrliche Voraussetzung unserer Demokratie. Jeder Mensch hat das Recht auf Informationen vom Staat beziehungsweise der Regierung.

So wird es auch als das Grundrecht, sich informieren zu können oder das Recht, Auskunft über bestimmte Vorgänge von öffentlichen Stellen verlangen zu können bezeichnet.

Und genau das wollte der Kläger hier von der Beklagten: Informationen über bestimmte Vorgänge der öffentlichen Stelle. Doch wieso kann die öffentliche Stelle die Offenlegung dieser Informationen verweigern?


§ 4 Informationsrecht

(1) Jede natürliche Person hat nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den in § 2 genannten Stellen Anspruch auf Zugang zu den bei der Stelle vorhandenen amtlichen Informationen. 

(2) Soweit besondere Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen, die Auskunftserteilung oder die Gewährung von Akteneinsicht bestehen, gehen sie den Vorschriften dieses Gesetzes vor. Im Rahmen dieses Gesetzes entfällt die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit.


Gemäß § 4 Abs. 1 des IFG NRW hat jede natürliche Person nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den in § 2 IFG NRW genannten Stellen Anspruch auf Zugang zu den bei der Stelle vorhandenen amtlichen Informationen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Der zwingende Versagungsgrund des § 8 IFG NRW

Der zwingende Versagungsgrund des § 8 IFG NRW steht dem Informationsanspruch entgegen.  Denn der Antrag auf Informationszugang ist abzulehnen, soweit durch die Übermittlung der Information ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart wird und dadurch ein wirtschaftlicher Schaden entstehen würde.

Begriff des Betriebsgeheimnisses

Eine nähere Definition der Begriffe des Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses lässt sich im IFG NRW nicht finden. Er ist vielmehr, wie von dem Gesetz vorgesehen, von der Rechtsprechung entwickelt worden. Um ihn näher zu definieren, muss demnach auf Rechtsprechung und Schrifttum, soweit andere Vorschriften, die diesen Begriff verwenden, zurückgegriffen werden.

Danach sind Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse hat. - Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 - 1 BvR 2087/03, 1 BvR 2111/03

Berechtigtes wirtschaftliches Interesse

Ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse besteht dann, wenn die Offenlegung der Information geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen. Die Wettbewerbsposition des betroffenen Unternehmens würde nachteilig beeinflusst werden. Dabei muss die Offenlegung der begehrten Information wettbewerbsrelevant sein, also die Wettbewerbsposition des betroffenen Unternehmens schwächen und die des Konkurrenten stärken.

Schutzwürdiges Interesse

Bei dem Interesse die Informationen vorzuenthalten, muss es sich um ein schutzwürdiges Interesse handeln. Ob ein Interesse schutzwürdig ist oder nicht bemisst sich danach, ob ein verständiger Unternehmer die Informationen der betreffenden Art geheim halten würde. Das ist besonders dann der Fall, wenn es sich um Informationen handelt, die den Kernbereich der betrieblichen Informationssphäre betreffen.

Darunter zählen vor allem Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Marktstrategien, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit, Kalkulationsunterlagen, Patentanmeldungen und sonstige Entwicklungs- und Forschungsprojekte gezählt, durch welche die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Betriebs maßgeblich bestimmt werden können. Auch konkrete Vertragsgestaltungen können geschützt sein. Weitere Beispiele sind Zeichnungen, Planungsunterlagen und Modelle von technischen Bauten oder Geräten.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 - 1 BvR 2087/03, 1 BvR 2111/03 -, juris, Rn. 87;

Wirtschaftlicher Schaden

Eine weitere Voraussetzung des § 8 Satz 1 IFG NRW ist die Drohung eines wirtschaftlichen Schadens.

Definition Schaden

Ein Schaden ist jede Einbuße an einem Recht oder Rechtsgut. Der Schaden ist dann wirtschaftlich wenn letztlich das Vermögen eine Einbuße erleidet

Die Offenlegung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zieht oftmals die Schwächung der Wettbewerbssituation des Unternehmens mit sich. Diese wirkt sich mittelbar aus.

Daher folgt bei Vorliegen eines schutzwürdigen Interesses an der Geheimhaltung in der Regel auch, dass durch die Offenbarung ein Schaden eintreten würde.

Die öffentliche Stelle oder der betroffene Dritte muss daher konkret und substantiiert deutlich machen, inwiefern die Offenlegung des Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses nachhaltig verschlechtern würde.

Schaden bei Offenlegung eines Angebots?

Im vorliegenden Fall handelte es sich bei den geforderten Daten um das Angebot und den diesen zugrunde liegenden technischen Spezifikationen und Preisen. Dabei handelt es sich Betriebs- und Geschäftsgeheinisse und unternehmensbezogene Tatsachen. Das Unternehmen hat weiterhin ausdrücklich den Wunsch geäußert, die Informationen geheim zu halten. Doch riskiert man bei Offenlegung eines Angebots einen Schaden?

Durch die Offenlegung eines Angebots macht man technische Spezifikationen und Preise öffentlich. Damit wird exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen dargelegt und potenziellen Marktkonkurrenten zugänglich gemacht. Die Wettbewerbsposition des betroffenen Unternehmens wird dadurch nachteilig beeinflusst. Wie schon bereits dargelegt sind Preise und Preiskalkulationen schutzwürdig, denn Konkurrenten können dadurch Rückschlusse auf aktuelle Aufträge und technische Herstellungen des Produktes schließen und damit das eigene Unternehmen leistungsfähiger und kostengünstiger machen. Das eigene Angebot könnte mit dem Wissen angepasst werden und somit Kunden abwerben.


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