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Intimszene veröffentlicht – Darstellerin klagt


In zahlreichen Filmen, die sich eher an erwachsenes Publikum richten, kommen intime Szenen vor. Dafür ist es natürlich notwendig, das Einverständnis der beteiligten Schauspieler einzuholen. Was jedoch, wenn sich nach der Veröffentlichung eines solchen Films darüber gestritten wird, wie weit das Einverständnis reicht? Dazu hatte das Landgericht Köln am 21.09.2023 per Urteil zu entscheiden (Az. 14 O 20/22).

Film wurde auf YouTube hochgeladen

Die Klägerin war selbst Darstellerin in dem problematischen Filmwerk. Darin befand sich eine intime Szene, in welcher sie unbekleidet zu sehen war. Das war an sich kein Problem, da ihr als Hauptdarstellerin und Schauspielerin natürlich bewusst war, dass sie gefilmt wurde. Das Problem entstand, als der beklagte Regisseur im September 2017 den Kurzfilm auf der Plattform YouTube veröffentlichte.

Die Klägerin versuchte in den folgenden Monaten wiederholt, den Film dort herunternehmen zu lassen. Demgegenüber erwiderte der Regisseur, dass ihm sämtliche Rechte daran zustünden – schließlich sei er „Autor, Regisseur, Produzent und Urheberrechtsinhaber.“

Google Ireland Ltd., zu der YouTube gehört, war die erste Beklagte im Verfahren. YouTube verwies die Klägerin auf die Gegendarstellung des Regisseurs (dem zweiten Beklagten), da dieser ausweislich tatsächlich Regisseur und Inhaber der Nutzungsrechte war. Somit blieb der Kurzfilm inklusive Intimszene online.

Darstellerin gab den Kampf nicht auf

Die Klägerin griff das Video mit der Begründung an, der Regisseur habe gerade keine Rechte daran, sie so zu veröffentlichen. Sie habe nie eine Rechteabtretung unterschrieben und der Beklagte habe ihr versichert, dass das Video nicht veröffentlicht werden würde. Es sollte rein privaten Zwecken dienen. Zusätzlich ignoriere er ihre direkten Anfragen, das Video von der Plattform zu löschen, weshalb sie sich direkt an YouTube wandte.

YouTube teilte ihr daraufhin mit, dass keine Rechtsverletzung festgestellt werden könne. Nachdem die Darstellerin durch ihre juristischen Vertretung wiederholt eine Verletzung ihrer Rechte als ausübende Künstlerin auf urheberrechtlicher Grundlage abgemahnt hatte, wurde YouTube doch tätig. Die hochgeladene Schnittfassung wurde gelöscht und eine weitere Filmfassung mit einer Altersbeschränkung ab 16 Jahren versehen.

Demgegenüber nahm der Regisseur erneut Stellung. Ihm stünden die Rechte an dem Film zu, welcher übrigens schon im Jahre 2013 entstanden sei. Es hätte eine mündliche Vereinbarung gegeben, den Film in sämtlichen Medien zu veröffentlichen. Somit kam es zur Klage vor Gericht, in der die Darstellerin nun behauptete, der Film hätte nur auf Festivals gezeigt werden dürfen.

Google konterte

In der gerichtlichen Stellungnahme wies Google zunächst einmal auf § 92 Abs. 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG) hin. Schließt demnach ein ausübender Künstler mit dem Filmhersteller einen Vertrag über seine Mitwirkung bei der Herstellung eines Filmwerks, so liegt darin im Zweifel hinsichtlich der Verwertung des Filmwerks die Einräumung des Rechts, die Darbietung zu nutzen.

Außerdem seien die Angaben der Klägerin bisher widersprüchlich gewesen. Sie hatte anfangs behauptet, der Regisseur habe keinerlei Rechte an dem Film. Dann habe sie behauptet, ihm seien zwar Rechte eingeräumt worden, aber nur zu privaten Zwecken. Nunmehr trage die Klage vor, dass doch eine Auswertung vereinbart worden sei, sich diese aber auf Festivals beschränkt habe.

Auch § 22 des Kunsturhebergesetzes (KUG) sei nicht verletzt, da die Einwilligung der Darstellerin auch die Online-Verwertung des Films umfasse, da die Rechtekonzentrationsvermutung des § 92 UrhG zugunsten des Filmherstellers auch auf § 22 KUG Anwendung finde.

§ 22 KUG

Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, daß er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablaufe von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten. […]


LG Köln verurteilt Regisseur

Das Landgericht Köln sah eine Rechtsverletzung durch den beklagten Regisseur gegeben. Es legte die mündliche Abrede zwischen ihm und der Darstellerin zugrunde, dass der Film lediglich auf Festivals gezeigt werden dürfe, was bisher nie geschehen sei. In eine darüberhinausgehende Verwertung habe sie nicht eingewilligt.

Über YouTube werde das Werk einem breiten Millionenpublikum dauerhaft und ständig (auch zum Download) verfügbar gemacht. Dabei sei zu berücksichtigen, dass es sich um intime Aufnahmen handelt. Hinzu trete der Umstand, dass der Regisseur den Kurzfilm wiederholt veröffentlichte und damit das Persönlichkeitsrecht der Klägerin mit besonderer Hartnäckigkeit verletzte.

Somit handle es sich um eine schwerwiegende und nachhaltige Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts der Klägerin. Dies begründe einen Entschädigungsanspruch aus § 97 Abs. 2 S. 4 UrhG, der auch ausübenden Künstlern zusteht. Aufgrund der konkreten Umstände sei dieser mit 10.000 EUR angemessen bewertet.

YouTube handelte richtig

Im Gegensatz dazu wurde die beklagte Google Ireland Ltd. nicht verurteilt. Für Plattformen, auf der eventuelle Urheberrechtsverletzungen stattfinden, gilt das Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG). Unstrittig ist YouTube ein Diensteanbieter im Sinne dieses Gesetzes. Solchen Plattformen werden Pflichten auferlegt, um Rechtsverletzungen zu vermeiden

Nach § 8 Abs. 1 UrhDaG ist der Diensteanbieter nach Maßgabe von § 1 Abs. 2 UrhDaG verpflichtet, die öffentliche Wiedergabe eines Werkes durch Blockierung zu beenden, sobald der Rechtsinhaber dies verlangt und einen hinreichend begründeten Hinweis auf die unerlaubte öffentliche Wiedergabe des Werkes gibt. Die Darstellerin hätte vorliegend also YouTube Informationen zur Verfügung stellen müssen, welche tauglich für eine Blockierung des Films sind.

Das liegt daran, dass Inhalte nicht einfach so gesperrt werden sollten, nur weil irgendjemand ein Problem damit hat. Die Schauspielerin hätte also ihre Rechteinhaberschaft belegen und begründen müssen, warum eine unerlaubte Nutzung vorliegt. Das war vorliegend nicht der Fall, weshalb YouTube nicht vorgeworfen werden kann, dass es das Video zunächst nicht gesperrt hatte.

Allgemeine Leitsätze für Plattformbetreiber

Das Gericht breitete in diesem Zusammenhang noch einmal aus, was von Plattformbetreibern erwartet werden kann. Der Diensteanbieter soll komplizierte Rechtsfragen nicht entscheiden müssen und nicht als „Schiedsrichter der Online-Rechtmäßigkeit“ agieren. Denn sonst bestehe die Gefahr eines sog. „Overblockings“. Deshalb müssen die Informationen an den Betreiber so eindeutig und begründet sein, dass eine Rechtsverletzung ohne weiteres erkennbar ist.

Vorliegend hat die Klägerin in ihrer ersten Beschwerde nur geschrieben, dass sie in dem Video zu sehen ist und keinerlei Berechtigung dafür vorliege. Erforderlich ist jedoch ein klarer Hinweis auf die Rechtsverletzung. Der Hinweis muss so konkret gefasst sein, dass der Adressat den Rechtsverstoß unschwer und ohne eingehende rechtliche oder tatsächliche Überprüfung feststellen kann.

Ihr Name war zwar im Abspann als Hauptdarstellerin genannt, allerdings war der Regisseur dort als solcher ebenfalls aufgeführt. Und da grundsätzlich die Rechte beim Regisseur liegen (siehe § 92 UrhG), reicht das nicht für eine Blockierung aus. Es wäre an der Klägerin gewesen, gegenüber YouTube mindestens glaubhaft zu machen, dass ihr trotz der Vermutung aus § 92 Abs. 1 UrhG ausschließliche Nutzungsrechte zustehen.


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Das Urheberrecht regelt die Rechte der Künstler, Musiker, Filmemacher, Schriftsteller und Softwareentwickler und ihrer Urheberwerke (Fotos, Filme, Texte, Musik und Software). Geregelt ist das Urheberrecht im Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG). In dem UrhG wird der Urheber, sein Urheberpersönlichkeitsrecht und seine Miturheber definiert. Ferner wird bestimmt, wann ein Urheberwerk oder ein verwandtes Schutzrecht wie z.B. ein Lichtbild oder Laufbild vorliegt. Sodann werden die Verwertungsrechte der Urheber wie unter anderem das Recht der Verbreitung, Vervielfältigung oder öffentlichen Zugänglichmachung der schöpferischen Werke aber auch das Nutzungsrecht des Urhebers und Recht der Lizenzeinräumung an Urheberwerken manifestiert.

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