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| Wettbewerbsrecht

Preisreduzierung und Preisvergleich – irreführende Werbung?!


Wer mit einer Preisreduzierung wirbt, muss deutlich machen, worauf sich der reduzierte Preis genau bezieht.

Werbung mit Preisreduzierung

Werbung ist etwas, mit dem wir fast überall in Berührung kommen – ob im Fernsehen, an Bahnsteigen, auf Social Media usw. Häufig geht es dabei auch um den Preis. Genauer: um eine Preisreduzierung. Wird ein Produkt günstiger angeboten als sonst oder als anderswo, erscheint es uns besonders preiswert – und wir greifen gerne zu. Doch für solch eine Werbung mit Preisreduzierung gibt es lauterkeitsrechtlich genaue Regeln. So muss dem Verbraucher klar sein, worauf genau sich der reduzierte Preis denn bezieht: Auf einen früheren Preis des Verkäufers? Oder auf eine unverbindliche Preisempfehlung (UVP)? Oder ist der ursprüngliche Preis nur geschätzt?

Fehlt eine solche transparente Angabe zu dem reduzierten Preis, ist das Irreführung. Das hat das Kammergericht (KG) Berlin am 25. März 2021 beschlossen – und damit ein Urteil der Vorinstanz, dem Landgericht (LG) Berlin, bestätigt (KG Berlin, Beschluss vom 25.03.2021 (Az.: 5 U 15/20) und LG Berlin, Urteil vom 20. Dezember 2019 (15 O 50/18)).


Der Fall: Second-Hand-Kleidung „bis zu 90% unter Neupreis“

Die Beklagte betrieb online einen Shop für gebrauchte Kleidung. Dort warb sie mit folgendem Text: "UNSER ZIEL: NACHHALTIGKEIT BEIM SHOPPEN. Wir haben der Verschwendung den Kampf angesagt. Anstatt immer neue Kleidung zu kaufen, möchten wir mit u.com eine Plattform für Nachhaltigkeit schaffen, die Second Hand Einzelstücke bis zu 90 % unter Neupreis anbietet und einen Beitrag zum Umweltschutz leistet."

Neben den Preisen für die angebotene gebrauchte Kleidung war auch der vermeintlich ursprüngliche Preis der Kleidung zu sehen – und um wie viel Prozent günstiger die gebrauchte Kleidung sei. Am Ende der Seite stand dann zur Erklärung zum „Neupreis“: "* von uns geschätzter Neupreis für diesen Artikel". Dafür wurde die Shop-Betreiberin verklagt – zurecht, wie die Richter am LG Berlin urteilten. Sie befanden die Gegenüberstellung des Second-Hand-Preises mit einem „geschätzten Neupreis“ als irreführend.


Werbung mit einer Preisherabsetzung oder einem Preisvergleich

An für sich sei es zwar nicht verboten, mit einer Preisherabsetzung oder Preisgegenüberstellung zu werben. Aber: Bei einer Preisherabsetzung müsse klar definiert und eindeutig sein, auf welchen Preis sich die Herabsetzung bezieht. Ansonsten ist die Werbung irreführend.

Und bei einer Gegenüberstellung müsse aus der Werbung müsse deutlich werden, worum es geht: Was ist das für ein Preis, mit dem der aktuelle Preis verglichen wird? Ist es ein früherer Eigenpreis des Werbenden? Ist es ein Preis, den der Hersteller empfohlen hat? Oder ist es ein Preis, der allgemein am Markt verlangt wird? Wenn der Vergleich nicht mit einem früheren eigenen Preis des Werbenden passiert, sondern mit einem anderen Preis, müsse das erklärt werden. Dabei dürfe nicht eine scheinbare Objektivität und Marktübersicht vorgespiegelt werden – obwohl eigentlich gar keine nachprüfbare Tatsachenbasis zugrunde liegt. Ansonsten ist auch das nämlich irreführend. So dürfe man sich nur dann auf eine unverbindliche Preisempfehlung berufen, wenn dieser ernsthaft als angemessener Verbraucherpreis kalkuliert worden ist. Und auf Preise der Konkurrenz dürfe man sich nur dann berufen, wenn diese Preise auch wirklich von dem Wettbewerber verlangt werden bzw. worden sind.


Beschluss des KG Berlin: Irreführung!

Das Berufungsgericht (KG Berlin) schloss sich der Einschätzung der Richter vom Berliner Landgericht an: Der Preisvergleich sei unzulässig, die Werbung mit der angeblichen Preisersparnis irreführend. Denn: Im vorliegenden Fall der Preiswerbung mit „bis zu 90% unter dem Neupreis“ seien die Anforderungen zur Werbung mit Preisherabsetzung und zum Preisvergleich nicht erfüllt.

Der „geschätzte Neupreis“…

Auch wenn den meisten klar sei, dass es sich bei einem „Schätzpreis“ nicht um einen super-exakten Preis handelt – der Vergleichspreis sei trotzdem eine Tatsachenbehauptung. Im vorliegenden Fall des Second-Hand-Shops entstehe der Eindruck, der Verbraucher könne hier bis zu 90% gegenüber dem Neupreis einsparen. Doch objektiv sei das gar nicht der Fall. Zwar verweist die beklagte Shop-Betreiberin mit einem Sternchen-Hinweis am Ende der Seite darauf, dass es sich bei dem durchgestrichenen Preis um einen „geschätzten Neupreis“ handelt. Aber das reiche aus Sicht der Richter nicht zur völligen Transparenz aus. Denn: Beim Begriff „geschätzter Neupreis“ denke der Verbraucher an etwas anderes als an das, was tatsächlich gemeint ist. Der Verbraucher denke, die Schätzung beruhe auf tatsächlichen Marktverhältnissen – und dass die entsprechend günstigere Second-Hand-Ware deswegen sehr viel preiswürdiger wäre. Doch das ist ja gar nicht der Fall – die beklagte Shop-Betreiberin hat ihre Schätzung mit anderweitigen Kriterien durchgeführt. So werde der Verkehr also irregeführt.

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Zudem fehlten ihm Informationen, mit denen er selbst überprüfen könnte, ob das Angebot der Beklagten denn nun preiswürdig ist oder eben nicht. Es wird nämlich nicht klar, wie genau der Neupreis denn geschätzt worden ist – also auf welche Tatsachengrundlage und wie gerechnet wurde. So werde der Verbraucher bzw. der Verkehr also enttäuscht – und irregeführt. Das Angebot, das ihm unterbreitet wird, ist vielleicht gar nicht so preiswürdig, wie er denkt.

Wie hatte die Shop-Betreiberin denn die Neupreise geschätzt – bzw. berechnet?

Nachdem die beklagte Second-Hand-Shop-Betreiberin vom Kläger abgemahnt worden war, verschickte sie am 13. November 2017 eine Mail. Darin schrieb sie u.a.: Es sei ihr nicht möglich, „bei gebrauchten Artikeln die Originalpreise anzugeben“. Zudem „[entfernten] die Vorbesitzer [regelmäßig] die Etiketten mit der Artikelnummer aus den Kleidungsstücken“, sodass sie „nicht nachvollziehen [könne], um welchen Artikel es sich genau handelt. Dies mach[e] auch eine Recherche des Originalpreises über den Hersteller unmöglich.“ Die Neupreise für die Angabe „90% unter dem Neupreis“ habe sie selbst berechnet. Aber es wird nicht ersichtlich, dass dieser Berechnung valide und objektiv nachprüfbare Tatsachen zugrunde liegen – sodass der selbst berechnete Neupreis genauso seriös wie eine Herstellerpreisempfehlung oder ein tatsächlicher Marktpreis wäre.

Die Beklagte habe sich bei der Bestimmung des Neupreises aber gar nicht an den tatsächlichen Marktverhältnissen orientiert – anders als der Verkehr erwarten würde. Ihren Angaben beruhten nicht auf tragfähigen und sauber recherchierten Daten. Stattdessen habe sie (laut Mail vom 13.11.2017 und Schriftsatz vom 27.08.2018) nur „übliche Preiszusammenhänge wie die Preispolitik des Herstellers, die Qualität der Materialien und die Nachfrage nach den Produkten des Herstellers“ für ihre Preisschätzung herangezogen sowie „die allgemein[e] Wertigkeit von Bekleidungsstückend des gleichen Herstellers [und] in welche[m] Preissegment sich andere Bekleidungsstücke des Herstellers üblicherweise befinden“. Für einen Außenstehenden seien diese Kriterien, mit denen der Preis bestimmt wurde, weder zu greifen noch nachprüfbar.


Aus Sicht der Beklagten:

Die beklagte Second-Hand-Kleidung-Verkäuferin legte gegen das Urteil des LG Berlin Berufung ein. Ihr werde nämlich einfach verboten, vergleichende Preiswerbung für gebrauchte Klamotten zu machen – dabei sei das total wichtig für ihr Geschäft bzw. die Kaufentscheidung ihrer Kunden.

Im Second-Hand-Handel sei es allgemein üblich, Werbung mit dem Vergleich von Neu- und Gebraucht-Preis zu machen. Der Verbraucher sei daran gewöhnt und wisse auch, dass man den Neupreis der Ware nicht richtig zuverlässig ermitteln kann – und werde deswegen gar nicht in die Irre geführt, wenn der Neupreis gar nicht objektiv feststellbar und verifizierbar ist.

Zudem sei ja auch darauf verwiesen worden, dass es sich bei den durchgestrichenen „alten Original-Preisen“ ja um einen „geschätzten Neupreis“ handelt. Dies impliziere für den Verbraucher bereits, dass der Neupreis tatsächlich nicht feststellbar – und damit auch nicht verifizierbar ist. Es werde also keine Fehlvorstellung beim Verbraucher ausgelöst, wie verlässlich der angegebene Neupreis denn ist. Unterm Strich meinte die Beklagte also: Es liege in keiner Weise Irreführung vor. Mit dieser Argumentation hatte sie vor Gericht allerdings keinen Erfolg.


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Als Kanzlei für Wettbewerbsrecht und gewerblichen Rechtsschutz sind wir von SBS Legal auf Fälle von Wettbewerbsverstößen und irreführender Werbung spezialisiert. Unsere erfahrenen Rechtsanwälte und Fachanwälte beraten Unternehmen kompetent und fachkundig dazu, was es wettbewerbsrechtlich zu beachten und einzuhalten gilt. Gleichzeitig verstehen wir es auch als unsere Aufgabe, im Sinne unserer Mandanten für den fairen Wettbewerb einzustehen, ihn aufrechtzuerhalten und nötigenfalls gerichtlich gegen Wettbewerbsverstöße vorzugehen.

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