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Die Kennzeichnung von Produkten, auch wenn sie oft selbstverständlich ist und man sie vielleicht auch schnell übersehen kann, ist wichtig. Es ist gut, dass es sie gibt und auch geregelt ist. Um sich gegen Mitbewerber zu behaupten, wird auch bei der Kennzeichnung eines Produktes versucht, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und geworben. Unternehmen müssen daher aufpassen, dass durch die Kennzeichnung keine Irreführung und somit ein wettbewerbsrechtlicher Verstoß vorliegt. Der folgende Artikel befasst sich mit der Werbung durch die Angabe von Protein.
Im vorliegenden Fall des Landgerichts (LG) Frankfurt am Main (Az.: 2-03 O 242/23) ging es um einen Quark-Riegel, welcher die Aussage „8,8 g Protein“ auf der Verpackung enthalten hat. Bei dieser Aussage handelt es sich um eine isolierte Werbeaussage. Es wird also isoliert mit der Angabe des Proteingehaltes geworben, ohne die anderen Nährwerte zu nennen. Eine solche isolierte Werbeaussage ist ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht. Ein Nährwert darf nicht getrennt von den übrigen Nährwertangaben erwähnt werden, um damit zu werben, da es sich dabei um einen Verstoß gegen Art. 30 Lebensmittelinformationsverordnung (LMVI) handelt. In Art. 30 Abs. 3 LMIV wird aufgeführt, dass die Nährwerte, die verpflichtend angegeben werden müssen, wiederholt werden dürfen, wenn es sich um den Brennwert oder den Brennwert zusammen mit den Mengen an Fett, gesättigten Fettsäuren, Zucker oder Salz handelt. Aus dieser Angabe lässt sich schließen, dass die Wiederholung von anderen Nährwertdeklarationen nicht zulässig sind. Da Protein bzw. Eiweiß nicht genannt wird, gilt es daher als unzulässige Wiederholung nach der LMIV. Allerdings gibt es auch noch die HCVO, welche nährwertbezogene Angaben regelt.
Die HCVO (Health-Claims-Verordnung) ist eine Verordnung, welche Regelungen zu gesundheitsbezogenen Angaben bei Lebensmitteln regelt. Nach Art. 8 HCVO sind Aussagen über einen hohen Proteingehalt grundsätzlich zulässig, wenn der Proteinanteil mindestens 20 % des gesamten Brennwerts beträgt. Der Riegel im Fall des LG Frankfurt a.M. hat 40 Gramm, weshalb die Aussage 8,8 Gramm Protein, nicht gegen die HCVO Verordnung verstößt, das Problem liegt, vielmehr in der Verpackung und Art der Bezeichnung selbst.
Wie der Name bereits verrät, ist die Blickfangwerbung darauf gerichtet, den Blick von Kunden auf sich ziehen. Dabei arbeitet diese Art der Werbung mit auffälliger und klarer Gestaltung, um durch einen Blick den Kunden den Inhalt zu vermitteln. Eine Blickfangwerbung setzt somit voraus, dass sie im Gegensatz zu herkömmlicher Werbung einzelne Werbeaussagen im Vergleich zu den übrigen Angaben besonders herausstellt, um darauf das Augenmerk der möglichen Kunden zu legen. Die Blickfangwerbung wird dabei besonders häufig durch die Angabe von Zahlen generiert, sei es ein „20 % auf alles“ oder eben wie im vorliegenden Fall ein „8,8 g Protein“. An die Blickfangwerbung werden allerdings auch bestimmte Voraussetzungen geknüpft, damit ein fairer Wettbewerb weiterhin möglich bleibt und Verbraucher vor Irreführung geschützt werden. Eine Irreführung kann dabei nicht nur vorliegen, wenn die Aussagen nicht richtig sind, sondern auch, wenn andere wichtige Informationen vorenthalten werden. Die Blickfangwerbung stellt ein Detail in den Vordergrund und es daher meistens notwendig, dass zusätzliche Informationen angegeben werden, damit dem Verbraucher die nötigen Informationen zur Verfügung stehen, um den Blickfang einzuordnen. Meistens wird dies durch ein Sternchenhinweis gelöst.
Im vorliegenden Fall war hinter der Angabe 8,8 g Protein ein Sternchen, welches auf die Rückseite verwies, wo der Text “hoher Proteingehalt, enthalten in einem Riegel mit 40 Gramm” angegeben war. Ebenfalls befand sich auf der Rückseite die Angabe der sonstigen Nährwerte. “Zutaten: 65 % Speisequark, 16 % kakaohaltige Fettglasur (Zucker, pflanzliche Fette (Ölpalme, Palmkern, Kokosnuss), 18 % fettarmes Kakaopulver, Süßmolkenpulver, Emulgator: Lecithine; Vanillearoma), Milcheiweiß, Süßungsmittel: Maltit; Butter, Konservierungsstoff: Kaliumsorbat: Aroma.” Beide Angaben befanden sich in einer Falte der Verpackung.
Das Gericht führte auf (LG Frankfurt a.M. Urt. v. 22.02.2024 - Az.: 2-03 O 242/23), dass einen Sternchenhinweis klar, unmissverständlich, gut lesbar und grundsätzlich vollständig sein muss. Um eine Irreführung zu verhindern, muss die klarzustellende Aussage insbesondere, leicht auffindbar und in gleicher Weise wie die für sich irreführende Angabe lesbar sein. Wenn wie im vorliegenden Fall 8,8 g Protein deutlich hervorsticht und lesbar ist und die Ergänzung in der Falte der Verpackung versteckt wird, dann ist diese Anforderung nicht erfüllt. Das Gericht stellt dabei klar, dass es nicht generell anzunehmen ist, dass Angaben unter einem Verpackungsfalz per se als verdeckt oder undeutlich gelten, sondern es immer auf den Einzelfall ankommt und es bei dem streitgegenständlichen Proteinriegel nicht zuzumuten ist, den Falz zu heben, um den Auflösungstext zu dem Sternchenhinweis auf der Schauseite zur Kenntnis zu nehmen. Die Irreführung würde vorliegend besonders darin bestehen, dass man nicht klar sagen kann, worauf sich die 8,8 g beziehen.
Ein ähnlicher Fall vom LG Hamburg hat sich mit der Werbeaussage „20 g Proteingehalt pro 200 g Becher“ beschäftigt und ist ebenfalls im Ergebnis zu einer wettbewerbswidrigen Aussage gekommen. In diesem Fall lag der Schwerpunkt allerdings mehr auf dem Problem der Proteinangabe an sich.
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