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Irreführung durch eigenen Bericht in Presseschau


Irreführung: Überschrift durch einstweilige Verfügung entfernt

Die Antragstellerin betreibt im Internet eine Plattform, auf der sie Therapien mit medizinischem Cannabis durch Fachärzte anbietet. Der Antragsgegner ist ein im Jahr 1997 gegründeter Verein, der die Interessen von Patienten vertritt, die von Cannabis-Therapien profitieren. Oberlandesgericht gibt Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung statt. Der Verkehr darf nicht durch Überschriften in die Irre geführt werden, OLG Frankfurt a.M. v. 4.4.2022 - 6 W 8/22Irreführung, Fakten, Fake, Urteil

Der Antragsgegner veröffentlichte auf seiner Webseite am 29.10.2021 unter der Überschrift

Presseschau: Schwere Vorwürfe gegen Cannabisärzte-Startup X(...)

eine Pressemitteilung.

Nachdem durch einstweilige Verfügung die Veröffentlichung der Pressemitteilung untersagt wurde, entfernte der Antragsgegner den Text der Pressemitteilung, beließ die Überschrift jedoch auf der Internetseite.

Gegen diese Überschrift wendet sich die Antragssteller erneut mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, welche die Löschung regeln soll, sowie das Unterlassen von weiteren vergleichbaren Veröffentlichungen, da dies eine Irreführung ist.

So endschied das Landgericht

In der ersten Instanz hat das zuständige Landgericht (LG) den Verfügungsantrag zurückgewiesen. Laut dem LG fehle es an einem Grund für den Erlass einer solchen Verfügung. Das LG verweist darauf, dass die Antragstellerin bereits im Rahmen ihres ersten Verfügungsantrag auch die Überschrift hätten mit einbeziehen müssen. Für ein isoliertes Vorgehen nur gegen die Überschrift bestehe kein Verfügungsgrund.

OLG nimmt Irreführung an

Auf die Beschwerde der Antragstellerin gab das Oberlandesgericht (OLG) hingegen dem Antrag statt. Der Antragstellerin steht aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3, 5 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ein Unterlassungsanspruch zu.
Dies stützt das OLG darauf, dass der Antragsgegner mit seiner Internetseite den irreführenden Eindruck erweckt hat, es gebe eine von ihm unabhängige Veröffentlichung in der Presse, in der "schwere Vorwürfe" gegen die Antragstellerin erhoben worden seien. Das trifft aber nicht zu.

Was ist eine Presseschau?

Eine Presseschau stellt einen Überblick über die wichtigsten Stimmen der Presse zu einem Thema dar. Liegt ein Umstrittenes Thema vor, wird eine Presseschau erstellt, um einen Überblick hinsichtlich des aktuellen Meinungsstandes von wichtigen Meinungsgebern zu erhalten. Sie soll möglichst voneinander unabhängige Meinungen zusammentragen und so ein vielfältiges und ehrliches Meinungsbild widerspiegeln.  


Hier wurde eine eigene Pressemitteilung eines Mitbewerbers als Presseschau bezeichnet. Diese Bezeichnung suggeriert ein unabhängiges Meinungsbild, was hier eindeutig nicht vorlag. Diese Unterscheidung ist für den Verkehr erheblich, weil er der Berichterstattung der Presse - der eigene Sorgfaltspflichten obliegen - größeres Vertrauen entgegengebracht wird als der Äußerung eines Mitbewerbers, welche von geschäftlichen Interessen geprägt ist.

Das OLG sieht hier eine Irreführung. Daran ändere auch nichts der Hinweis, der hinter der Überschrift enthalten ist. Dem Verkehr ist es laut OLG auch nicht bekannt, dass die Antragsgegnerin auf ihrer Internetseite unter der Schrift „Presseschau“ gerade keinen unabhängigen Presseartikel veröffentlicht. Der von der Antragsgegnerin veröffentlichte Artikel "Schwere Vorwürfe gegen Cannabisärzte-Startup" wurde zusammen mit tatsächlichen Presseartikeln veröffentlicht, sodass der Anschein bestand, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Artikel auch um ein solches Presseprodukt handle.

Nach Einschätzung des OLG liegt auch die für eine einstweilige Verfügung notwendige Eilbedürftigkeit vor. § 12 Abs. 1 UWG enthalte eine unwiderlegliche Dringlichkeitsvermutung. Auch lehnt das OLG die Einschätzung des LG ab, die Antragstellerin hätte bereits bei der ersten einstweiligen Verfügung gegen die Überschrift vorgehen können. Zum damaligen Zeitpunkt hieß es dort noch "Der Vorstand der Y e.V. (Y) erhebt schwere Vorwürfe gegen die X [...]". Es war damit für den Verkehr ersichtlich, dass es sich um eine Meinung eines Mitbewerbers handelt. Dies ist bei der aktuellen Formulierung "Schwere Vorwürfe gegen Cannabisärzte-Startup" nicht mehr der Fall.


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