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Ein Rechtsstreit hat kürzlich den Gerichtshof der Europäischen Union beschäftigt und die Frage aufgeworfen, inwiefern eine Gerichtsstandsklausel in verlinkten AGB erlaubt ist. Bei dem Streit ging es um die Tilman SA mit dem Sitz in Belgien und der Unilever Supply Chain Compagny AG mit Sitz in der Schweiz, welche sich darüber stritten, welches Gericht für eine Klage zuständig ist. Was genau passiert ist und welche rechtlichen Vorschriften vorliegend gelten, erfahren Sie im folgenden Artikel.
Die Tilman SA und die Unilever Supply Chain Co AG hatten am 22. November 2010 einen Vertrag geschlossen, welcher beinhaltet, dass Tilman zu einem bestimmten Preis Teebeutelschachteln verpackt und befüllt. Kurze Zeit später, am 06. Januar 2011 wurde erneut ein Vertrag geschlossen und der vereinbarte Preis geändert. Dieser zweite Vertrag enthielt zudem auch, dass wenn nichts anderes bestimmt sei, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) für den Kauf von Unilever Erzeugnissen gelten. Die AGB waren nur mittels einer Verlinkung im Vertrag einzusehen und konnten dort auch heruntergeladen werden. Die AGB beinhalteten unter anderen, dass im Falle eines Rechtsstreites, welcher unmittelbaren oder mittelbaren im Zusammenhang mit dem Vertrag steht, die ausschließliche Gerichtsbarkeit bei den englischen Gerichten liegt, also nur vor englischen Gerichten verhandelt werden darf.
Im weiteren Verlauf kam es zwischen den Parteien zu Meinungsverschiedenheiten aufgrund der Erhöhung der Preise und Unilever zahlte die Rechnung von Tilman nur teilweise. Die in Belgien sitzende Tilman SA verklagte daraufhin Unilever vor den belgischen Gerichten auf Zahlung der noch nicht beglichenen Beträge. Unilever machte daraufhin auf die AGB aufmerksam, welche vorsehen, dass ausschließlich englische Gerichte bei einem Streit über Vertragsinhalt zuständig sein und es sich vorliegend um eine vertragliche Angelegenheit handelt.
Am 12. August 2015 hat das belgische Gericht entschieden, dass es zuständig sei, aber der Vertrag dem englischen Recht unterliege und danach auszulegen sei. Beide Parteien waren mit dieser Entscheidung nicht zufrieden, Tilman wollte eine Beurteilung nach dem belgischen Recht und Unilever wollte, dass vor einem englischen Gericht verhandelt wird. Das Gericht gab am 12. Februar 2020 Unilever recht und erklärte, dass sie für den Rechtsstreit nicht zuständig sein. Tilman erhob Beschwerde und machte einen Verstoß gegen Art. 23 Abs. 1 und 2 des Lugano-II-Übereinkommens geltend.
Das Lugano-II-Übereinkommen ist ein Übereinkommen von der Europäischen Union, Dänemark, Island, Norwegen und der Schweiz und vereinbart die gerichtliche Zuständigkeit. So heißt es in Art. 23 Abs. 1, dass wenn mindesten eine Partei ihren Wohnsitz in einer dieser Staaten hat, dieser jeweilige Staat über die Rechtsstreitigkeit entscheidet, sofern nichts anderes vereinbart wurde. Da die Tilman SA in Belgien sitzt und Unilever Supply Chain Compagny AG in der Schweiz, gilt vorliegend das Lugano-II Übereinkommen. Unklar ist allerdings, ob die Parteien eine andere gerichtliche Zuständigkeit vereinbart haben, da die über die Verlinkung erreichbare AGB die Zuständigkeit von englischen Gerichten für vertragliche Streitigkeiten vorsieht.
Diese Frage hat sich auch das Gericht gestellt, da die AGB, die diese Regelung über die Zuständigkeit enthalten, nicht unmittelbar im Vertrag enthalten sind, sondern erst über die Verlinkung erreicht werden. Unklar ist demnach aus der Sicht vom Gericht, ob Tilmann der Gerichtsstandsklausel tatsächlich auch zugestimmt hat, als der Vertrag unterschrieben wurde.
Das Gericht entschied sich, diese Frage an den Gerichtshof für eine Entscheidung weiterzugeben. Der Gerichtshof sollte entscheiden, ob es mit dem Lugano-II-Übereinkommen vereinbar ist, wenn eine Gerichtsstandsklausel in den AGB enthalten ist, welche über eine Verlinkung erreicht und heruntergeladen werden kann, welche aber nicht explizit akzeptiert werden muss.
Der Gerichtshof hat am 24.11.2022 entschieden (EuGH- C-358/21): ja, die Gerichtsstandsklausel ist wirksam vereinbart worden. Der Grund für die Entscheidung liegt darin, dass die Gerichtsstandsklausel in den AGB enthalten ist und der schriftlich geschlossene Vertrag durch die Angabe der Verlinkung darauf hinweist, die AGB zur Kenntnis zu nehmen.
Zusammenfassend kann man also sagen, dass eine Gerichtsstandsklausel auch dann wirksam vereinbart worden ist, wenn diese in den AGB enthalten ist. Dafür muss die AGB nicht direkt im Vertrag enthalten sein, sondern kann auch durch einen im Vertrag aufgeführten Hyperlink erreichbar sein. Eine gesonderte Bestätigung der AGB oder das unmittelbare Beifügen der AGB im Vertrag ist nicht notwendig.
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