SBS Firmengruppe Logos

| Datenschutzrecht, Sonstige Rechtsgebiete

Intimsphäre, Privatsphäre: Heimliches Fotografieren strafbar?


Jeder macht doch schon einmal ein heimliches Foto; vom „süßen Typen in der Bahn“ oder „der einen, die doch wirklich genauso aussah wie die Frau neulich aus dem Kinofilm“. Das Foto ist schnell gemacht. Oft ohne viele Hintergedanken. Tatsächlich aber können bis zu zwei Jahre Gefängnis für heimliches Fotografieren drohen. Bevor Sie jetzt ganz vom Fotografieren absehen, können unsere Experten bei SBS Legal Rechtsanwälte Sie beruhigen. Nicht jeder ungefragte Schnappschuss ist strafbar.

Schutz des höchstpersönlichen Lebensbereiches

Wann ein Foto Konsequenzen haben kann, dazu hat sich erst im März das OLG Hamm in einem Grundsatzurteil geäußert. Der strafrechtliche Anknüpfungspunkt ist das Verbot unbefugter Bildaufnahmen, durch die der höchstpersönliche Lebensbereich oder das Persönlichkeitsrecht der fotografierten Person verletzt wird.

Nach dem Gesetzestext ist dieser höchstpersönliche Lebensbereich in erster Linie die Wohnung einer Person. Darüber hinaus gehört jeder „gegen Einblick besonders geschützte Raum“ zum besonders sensiblen und daher schützenswerten Ort der Persönlichkeitsentfaltung. Um diesen Begriff faktisch auszugestalten, wird die im Rahmen der Grundrechtsdogmatik entwickelte Sphärentheorie herangezogen.

Diese wurde entwickelt, um das Allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Betroffenheitssphären abzuschichten. Das verfassungsrechtlich geschützte Recht am eigenen Bild ist als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ebenso vor dem Hintergrund dieser Sphären zu beurteilen.

Drei unterschiedliche Sphären: Sozialsphäre, Privatsphäre, Intimsphäre

Grundsätzlich geht das Modell davon aus, dass es verschiedene Lebensbereiche (Sphären) gibt – und je nachdem, in welchem Bereich man sich bewegt, ist der Schutz der eigenen Persönlichkeit unterschiedlich stark.

Die Sozialsphäre

In seiner Sozialsphäre steht ein Individuum ohnehin bereits in der Öffentlichkeit und im Kontakt mit anderen. In derartigen Kontexten ist selbst eine heimliche Fotografie strafrechtlich keinesfalls zu belangen. So ist zum Beispiel ein Urlaubsfoto mit anderen Urlaubern im Hintergrund keinesfalls strafrechtlich problematisch. Selbst ohne das ausdrückliche Einverständnis anderer kann der Fotografierende davon ausgehen, dass der fotografierte Lebensbereich der abgelichteten Person ohnehin bereits in der Öffentlichkeit gezeigt werden sollte. Die Sozialphäre umfasst den Bereich, in dem ein Individuum von vornherein in Kontakt mit anderen tritt, sich selbst darstellt und exponiert.

Die Privatsphäre

Schwieriger gestaltet sich die Lage, wenn die Privatsphäre einer Person betroffen ist. Damit ist insbesondere der häusliche und familiäre Bereich einer Person gemeint. Das OLG Hamm führt dazu aus, dass nicht jedes heimliche Fotografieren in der Wohnung einer Person direkt zu strafrechtlichen Konsequenzen führt. Vielmehr muss dafür auch durch die Fotografie der höchstpersönliche Lebensbereich der abgebildeten Person betroffen sein. Selbst in geschützten Lebensbereichen wie der Wohnung kann es folglich nicht strafbar sein, wenn bloß „neutrale Handlungen“ wie Kochen, Waschen, Lesen oder Fernsehen fotografiert werden. Es kommt auch auf den Inhalt des Bildes und die Umstände des Einzelfalls an. Das Gericht stellt damit klar, dass es für eine Strafbarkeit nicht ausreichen soll, dass bloß die Privatsphäre einer Person durch das Foto verletzt wird. Es reicht also nicht, bloß räumlich den privaten Bereich der abgebildeten Person betreten zu haben, sondern es muss darüber hinaus gerade durch das abgebildete Motiv der höchstpersönliche Lebensbereich verletzt worden sein. In der Praxis bedeutet dies, dass selbst derjenige, der eine Kamera wohlplatziert versteckt, damit aber bis zur Entdeckung der Kamera bloß alltägliche Handlungen aufzeichnet, nicht wegen heimlicher Fotoaufnahmen voll bestraft werden kann.

Die Intimsphäre

Der geforderte „höchstpersönliche Bereich“ oder auch die Intimsphäre einer Person ist eng umrissen und umfasst hauptsächlich die Bereiche Krankheit, Tod und Sexualität. Darüber hinaus soll die innerste Gedanken- & Gefühlswelt einer Person als Kern der Persönlichkeit geschützt werden. Mit in die Intimsphäre fallen danach Tagebücher, vertrauliche Briefe, alle Dinge, die den Anschein erwecken, geheimhaltungsbedürftig zu sein und das Sexualleben und die Nacktheit. Letztere beiden sind keinesfalls zu beschränken und die absolute Tabugrenze. Ein Betreten der Sphäre ist so gut wie unter keinen Umständen zu rechtfertigen. Auch können bestimmte Tatsachen aus dem Familienleben der Intimsphäre zuzurechnen sein, sofern diese vor anderen verborgen gehalten werden und ein vergleichbarer Schutz vor dem Einblick Außenstehender geboten scheint. Dies bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. 

Strafrechtliche Relevanz: Privatsphäre vs Intimsphäre

Die Gerichte legen die Intimsphäre als absolut unantastbaren Bereich der eigenen Persönlichkeitsentfaltung eher eng aus. Besonders ins Gewicht fällt dabei die geforderte tatsächliche Verletzung des höchstpersönlichen Bereiches und der Kausalzusammenhang zwischen der heimlichen Bildaufnahme und eben dieser Verletzung. So lehnte das LG Stuttgart den Strafantrag der Staatsanwaltschaft in einem Fall ab, in dem der Fotografierende eine Frau im Vorraum der Damentoilette abgelichtet hatte. Zwar mag die Damentoilette ein vor Außenstehenden besonders geschützter Raum sein, insofern aber, als die abgelichtete Dame vollständig bekleidet war, ist schon ihre Intimsphäre gar nicht betroffen.

Personen des öffentlichen Lebens

Eine wichtige Unterscheidung, die zudem im Rahmen der Beurteilung dessen gemacht wird, wie weit das Recht am eigenen Bild reicht, beschäftigt sich mit der Frage, ob die betroffene Person als Person des öffentlichen Lebens auftritt (wie etwa Sportler, Schauspieler und Politiker) oder zu den „Normalen“ unter uns gehört. In ersten Fällen fällt bei der Beurteilung insbesondere ins Gewicht, dass dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht sowohl das Presserecht der üblicherweise fotografierenden „Paparazzi“ als auch das Informationsinteresse der Allgemeinheit entgegensteht. Besonders bekannt ist in diesem Kontext das Caroline von Monaco Urteil. Diese hatte damals unter anderem die „Bunte“ wegen der Veröffentlichung romantischer Urlaubsfotos verklagt. Das BVerfG allerdings konstituierte, dass der Schutz der Privatsphäre dort zurücktritt, wo jemand bereits gezeigt hat, dass er damit einverstanden ist, dass üblicherweise als privat angesehene Angelegenheiten veröffentlicht werden. Dies ist bei Prominenten regelmäßig der Fall. Mithin gilt für Personen des öffentlichen Lebens ein anderer Maßstab hinsichtlich ihrer Privatsphäre. Dies ändert zwar grundsätzlich nichts daran, dass die Intimsphäre eines jeden Individuums die absolute Tabuzone darstellt, vermag aber doch ausschlaggebend sein bei der Feststellung der Grenzen eben jener Intimsphäre. Wer zum Beispiel sein Sexualleben bereits in die Öffentlichkeit getragen hat, dessen Intimsphäre verringert sich entsprechend auf den Kreis der Tatsachen, die noch nicht in der Öffentlichkeit liegen. Durch eigenes Handeln bestimmen insbesondere Personen des öffentlichen Lebens sowohl die Grenzen ihrer Privat- als auch Intimsphäre.

Fotografieren und Persönlichkeitsrechte: Wo die rechtlichen Grenzen verlaufen

Das OLG Hamm hat mit seinem Urteil deutlich gemacht: Ein Foto ist schnell geschossen – und das ist grundsätzlich auch erlaubt. Trotzdem gibt es klare Grenzen. Diese Grenzen liegen dort, wo der besonders geschützte, persönliche Kern eines Menschen berührt wird. Das spielt vor allem dann eine Rolle, wenn jemand durch Social-Media-Auftritte seine private oder intime Sphäre bewusst verkleinert. Unabhängig davon aber ist der Schutz der eigenen Intimsphäre als absolute schützenwerte Tabugrenze nochmals abgesichert worden. Im Zweifel gilt: Fragen hilft: Und wenn schon nicht die Fotografierten, dann die Experten bei SBS Legal Rechtsanwälte.


SBS Legal – Anwalt für Datenschutzrecht

Als erfahrene Kanzlei im Datenschutzrecht steht SBS Legal Ihnen kompetent zur Seite, wenn es um den Schutz Ihrer persönlichen Daten und Rechte geht. Besonders in einer Zeit, in der Bilder, Informationen und private Inhalte rasch im Netz verbreitet werden können, ist der Schutz des Persönlichkeitsrechts von zentraler Bedeutung.

Haben Sie noch Fragen zum Persönlichkeitsrecht?

Unsere spezialisierten Anwältinnen und Anwälte verfügen über eine umfassende Expertise im Umgang mit unzulässigen Bildaufnahmen, Datenschutzverstößen und der Wahrung Ihrer Privatsphäre – sowohl im digitalen Raum als auch im Alltag. Wir prüfen die rechtliche Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen, helfen bei der Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen und vertreten Sie engagiert bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen. Sie sind sich unsicher, ob Ihre Rechte verletzt wurden? Kontaktieren Sie uns jetzt – SBS Legal berät Sie persönlich, diskret und mit dem nötigen Durchsetzungsvermögen.

Der Erstkontakt zu SBS Legal ist immer kostenlos.

SBS Direktkontakt

telefonisch unter (+49) 040 / 7344086-0 oder
per E-Mail unter mail@sbs-legal.de oder
per unten angebotenem SBS Direktkontakt.

Ich habe die Datenschutz-Richtlinien gelesen und stimmen diesen hiermit zu.

Zurück zur Blog-Übersicht