Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und Spezialist für Arbeitsrecht, Zertifizierter Datenschutzbeauftragter (TÜV)
T (+49) 040 / 7344 086-0
Rechtsanwältin für Arbeitsrecht & Wirtschaftsmediatorin
T (+49) 040 / 7344 086-0
| Arbeitsrecht, Sonstige Rechtsgebiete
Blog News
Deutschland richtet dieses Jahr als Gastgeber eines der wichtigsten Sportereignisse der Welt, die UEFA-Fußball-Europameisterschaft 2024, auch bekannt als EURO 2024, aus. Zahlreiche Fußballfans aus aller Welt versammeln sich im Zeitraum vom 14. Juni bis 14. Juli 2024 in unterschiedlichen Städten Deutschlands und feuern ihre Fußballmannschaften für fesselnde Spiele und erstklassige Duelle an.
Bei einer solchen internationalen Teilnahme ist es üblich, dass die Fußballspiele zu verschiedenen Uhrzeiten stattfinden, um nicht nur vor Ort, sondern auch länderübergreifend das Publikum über Radio und Fernsehen erreichen zu können. Erfolgt der Anstoß jedoch erst nach 21 Uhr deutsche Zeit, so kann das Spiel nicht nur Freude mit sich bringen, sondern auch rechtliche Konsequenzen. Auch für den Titelfavoriten Spanien mit seinem Ausnahmetalent Lamine Yamal!
Das 16-jährige Wunderkind aus Spanien Lamine Yamal sorgte nach seinem wiederholten Einsatz für Tumult: Als eines der größten Talente weltweit wurde Yamal durch Spaniens Trainer Luis de la Fuente entsprechend oft in der Startelf eingesetzt. Dies verärgerte die Aufsichtsbehörde der Bezirksregierung Köln, denn in den Spielen, in denen Yamal gegen Italien, Albanien und Georgien gespielt hat, war der Anpfiff erst um 21 Uhr - ein Verstoß gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz, auch wenn das Spiel bereits um 23 Uhr endet.
Das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) dient als zentrale Rechtsgrundlage dem Jugendschutz und regelt die Arbeitsbedingungen für Jugendliche unter 18 Jahren, einer Beschäftigung nachgehen. Durch dieses Gesetz soll gewährleistet werden, dass diese Tätigkeit weder die körperliche noch die geistige Entwicklung der Jugendlichen gefährdet. Die Teilnahme Yamals bei Spielen nach 21 Uhr und an Wochenenden könnten gegen die Regelungen des JArbSchG verstoßen.
In § 14 Absatz 1 JArbSchG heißt es „Jugendliche dürfen nur in der Zeit von 6 bis 20 Uhr beschäftigt werden“. § 14 Absatz 2 JArbSchG hingegen listet Fälle auf, in denen eine Abweichung von den in Absatz 1 genannten Uhrzeiten möglich ist. Auch wenn die Teilnahme von einem Fußballspiel nicht in die Ausnahmeregelung des Absatzes 2 passt, erlaubt § 14 Absatz 7 JArbSchG, dass Jugendliche bei Aufnahmen im Rundfunk, wie Hörfunk und Fernsehen, bis 23 Uhr gestaltend mitwirken dürfen.
Hier stellt sich nun vielmehr die Frage, ob der Einsatz in den Spielen in die Zeiträume der regulären Arbeitszeit fällt und der spanische Fußballverband RFEF auf diesem Wege einer Geldstrafe durch die Bezirksregierung Köln entkommen könnte. Bei Anpfiff um 21 Uhr und Spielende um 23 Uhr würde nach einem 90-minütigen Fußballspiel mit 15 Minuten Pause demnach kein Verstoß gegen das JArbSchG vorliegen.
Zu beachten sind an dieser Stelle jedoch auch etwaige Verlängerungen, die vollkommen üblich sind, als auch die anschließenden Interviews und auch die Dusche. Diese erfolgen nämlich im Rahmen der Arbeitszeit, sodass unter dem Strich die zeitliche Grenze von 23 Uhr überschritten wird und ein Verstoß gegen das JArbSchG vorliegt.
Die Arbeitszeit umfasst sowohl die Zeit, in der der Jugendliche seiner Tätigkeit nachgeht und tatsächlich arbeitet als auch die Zeit, in der er sich auf die Arbeit vorbereitet oder gar nachbereitet. Im Fall Yamal bedeutet das, dass auch die Aufwärmübungen, die eigentliche Spielzeit, Interviews, Fotos für Zeitungen und Fans und duschen unter den Begriff der Arbeitszeit zu subsumieren sind.
Auch ein etwaiger Vertrag zwischen Yamal und der RFEF, der den Einsatz zu später Stunde legitim macht, hat in Deutschland in dieser Sache keine Bedeutung, denn das JArbSchG steht als zwingendes Gesetz über der vertraglichen Vereinbarung über eine mögliche Arbeitszeitregelung, das schreibt § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB vor), wonach „Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt.“ Da das JArbSchG den Jugendschutz sicherstellt, darf eine vertragliche Vereinbarung nicht gegen die zwingenden Schutzvorschriften verstoßen.
Im vorliegenden Fall droht demnach dem RFEF gemäß §58 Absatz 1 Nr. 11 und Absatz 4 JArbSchG ein Bußgeld von bis zu 30.000 €. Bei Wiederholung kann es nach § 58 Absatz 5 JArbSchG sogar zu einer Freiheitsstrafe kommen. In schweren Fällen ist auch an eine Anordnung der Behörde, die den weiteren Einsatz Yamals unterbindet, zu denken, um weitere Verstöße zu verhindern.
Auch der Kölner Behörde ist klar, dass es sich im Fall Yamal im Rahmen der EURO 2024 um einen Ausnahmetatbestand handelt. So kann genau dieser Umstand dazu führen, dass der internationale Charakter der Europameisterschaft und die damit in Zusammenhang stehenden Vorschriften zu einer flexibleren Entscheidungsfindung führen können.
Sollte es zu einem internationalen Rechtskonflikt kommen, kann die Entscheidungsfindung beeinflusst werden, jedoch ist an dieser Stelle anzumerken, dass die Fußballspiele auf deutschem Boden stattfinden und demnach grundsätzlich deutsche Regelungen den Vorrang genießen.
Der Einsatz des Wunderkindes Lamine Yamal sorgt nicht nur für Jubel und Freude bei den Fans, sondern bereitet dem RFEF und der Bezirksregierung Köln einige Herausforderungen. Trotz der klaren Vorgaben des JArbSchG, bei denen das Wohlergehen der Jugendlichen von zentraler Bedeutung ist, muss im Wege der Entscheidungsfindung der besondere Hintergrund der EURO 2024 beachtet werden. Die Bezirksregierung Köln steht vor einer anspruchsvollen Entscheidung, die tiefgreifende Auswirkungen für Sportveranstaltungen im Kontext des Jugendschutzes haben könnte.
Auch im Profifußball gilt selbstverständlich das Jugendarbeitsschutzgesetz!
Als Experte für Arbeitsrecht beantworten wir Ihnen gern all Ihre Fragen aus dem gesamtem Spektrum des Arbeitsrechts. Zögern Sie nicht uns zu kontaktieren.
► Streit: Probleme der Tony's Chocolonely Kampagne
► Jugendschutz im Internet: Mehr Schutz für Jugendliche!
► Das Cannabisgesetz: Ist der Handel mit Cannabis nun legal?