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| Wettbewerbsrecht

Kein Haftungsausschluss durch Pop-Up-Disclaimer


Zum Fall: Unzulässige Werbeaussagen

Im vorliegenden Fall hatte der Beklagte auf seiner Webseite bestimmte Äußerungen zur Wirksamkeit der von ihm angebotenen Kältetherapie getätigt. Der Kläger mahnte den Beklagten daraufhin im September 2019 wegen unzulässiger Werbeaussagen in Form von Heils- bzw. Wirksamkeitsversprechungen gem. § 3 des Gesetz über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens (HWG), § 4 des Medizinproduktegesetzes (MPG) ab. Nachdem es nach Ablauf von drei Monaten wieder zu unzulässigen Werbeaussagen seitens des Beklagten kam, mahnte der Kläger den Werbenden erneut ab und machte ihm gegenüber seine Rechte auf Unterlassung aus dem zuvor zwischen den Parteien geschlossenen Unterwerfungsvertrag vom 16.09.2019 geltend. Ferner forderte der Kläger den Beklagten auch zur Zahlung einer Vertragsstrafe auf. Das Landgericht Ansbach (LG Ansbach) entschied zulasten des Beklagten und verurteilte ihn sowohl zur Unterlassung als auch zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 22.000 €. Der Beklagte legte daraufhin Berufung ein.

Zur Entscheidung: Disclaimer als Haftungsausschluss?

In seiner Argumentation hatte sich der Beklagte maßgeblich auf einen der streitgegenständlichen Werbung vorgeschalteten Pop-Up-Disclaimer berufen. Dieser sollte eine Haftung im vorliegenden Fall ausschließen. Das beim Aufruf der Seite erscheinende Pop-Up-Fenster enthielt dabei folgenden Hinweistext: 

 "Wir weisen Sie darauf hin, dass es sich bei allen von uns dargestellten Methoden der Kältetherapie um Verfahren aus der Erfahrungsmedizin handelt. Wir sind von der Wirksamkeit aufgrund persönlicher Anwendungserfahrung überzeugt. Wir weisen sie jedoch hiermit ausdrücklich darauf hin, dass uns bislang keine empirischen wissenschaftlich fundierte Studien bekannt sind, welche eine Wirksamkeit bei einem der hier vorgestellten oder anderen Anwendungsfällen bestätigt hätten. Insbesondere sind uns keine Studien über die Methoden der Kältetherapie bekannt, welche nach allgemein anerkannten wissenschaftlich fundierten Standards (sog. Doppelblindstudie) durchgeführt worden wären. Die Anwendung erfolgt daher ausschließlich aufgrund unserer subjektiven Erfahrung. (...)"

Das Oberlandesgericht Nürnberg (OLG Nürnberg) wies die Berufung jedoch zurück und entschied, dass die Berufung auf den Disclaimer in Form eines Pop-Ups nicht genüge, um eine Haftung des Beklagten in diesem Fall auszuschließen. Dazu führte das Gericht gleich mehrere Begründungen an.

Fehlende Verknüpfung zwischen Disclaimer und Werbeaussagen

Zum einen spricht schon die im vorliegenden Fall mangelnde Verknüpfung des vorgeschalteten Haftungsausschusses in Form des Pop-Up-Disclaimers mit den Werbeaussagen auf der eigentlichen Webseite gegen einen Haftungsausschluss durch den Disclaimer. Der Beklagte hätte eine Irreführung wegen der wettbewerbswidrigen Aussagen auf der Webseite nur dann durch einen aufklärenden Hinweistext in Form des Pop-Up-Disclaimers verhindern können, wenn dieser für den durchschnittlichen Verbraucher eindeutig und unmissverständlich gewesen wäre. Dazu ist es laut des Gerichts gerade von Bedeutung, dass der Hinweistext in Form des Disclaimers am Blickfang teilhat, folglich also eine Zuordnung zu den Werbeangaben auf der Webseite für den Verbraucher möglich ist. Gerade an dieser Möglichkeit der Zuordnung fehlt es aber im vorliegenden Fall: Das Gericht führte hierzu aus, dass der Nutzer, sobald das Pop-Up-Fenster geschlossen worden ist, nur noch die nun ungefilterten Werbeaussagen auf der Webseite wahrnehme. Einen Bezug zu dem Hinweistext in Form des Pop-Ups könne er dann nicht mehr herstellen, denn der Disclaimer nehme zu diesem Zeitpunkt also nicht mehr am Blickfang des Verbrauchers teil. Folglich könne durch den Pop-Up-Disclaimer eine Irreführung wegen der strittigen Aussagen auch nicht ausgeschlossen werden. 

Gesundheitsbezogene Werbeaussagen unterliegen dem Strengeprinzip

Auf der anderen Seite sei der Pop-Up-Disclaimer aber auch schon seinem Inhalt nach nicht dazu in der Lage, eine Haftung im vorliegenden Fall auszuschließen. So werden an gesundheitsbezogene Werbeaussagen besonders strenge Anforderungen bezüglich ihrer Richtigkeit und Eindeutigkeit gestellt: Eine Werbung, die gesundheitsbezogenen Behauptungen trifft, ist nach dem sogenannten Strengeprinzip nur zulässig, wenn sie sich auch auf gesicherten wissenschaftlicher Erkenntnissen zurückführen lässt. Diese Voraussetzung ist gerade nicht gegeben, wenn der werbenden Person jegliche wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse fehlen, welche die Werbeaussagen stützen können.  Ein Disclaimer, der die gesundheitsbezogenen Werbeaussagen auf der Webseite dadurch zu relativieren sucht, dass diese eben nicht wissenschaftlich untermauert sind, kann somit nicht zu einem Haftungsausschluss führen, so das OLG Nürnberg. Darüber hinaus entstünde ein gewisser Widerspruch, wenn der Verbraucher durch den vorgeschalteten Hinweistext zwar auf mangelnde Studien hingewiesen wird, auf der anschließenden Webseite aber gleichzeitig wettbewerbswidrigen Aussagen in Form konkrete Heilaussagen zur Bewerbung der Kältetherapie getätigt werden.

Im Ergebnis: Disclaimer stellt hier keinen Haftungsausschluss dar

Folglich kommt das OLG Nürnberg zu dem Schluss, dass der Pop-Up-Disclaimer keinen Haftungsausschluss darstellt und folgt im Übrigen den Ausführungen des LG Ansbach, laut deren der Beklagte mit den streitgegenständlichen Werbeaussagen gegen seine Verpflichtungen aus dem Unterlassungsvertrag verstoßen habe. 

Hohe Vertragsstrafe soll zukünftige Wettbewerbsverstöße verhindern

Auch die Höhe der Vertragsstrafe (22.000 Euro) sei durchaus angemessen. Bei der Bemessung der Vertragsstrafe seien insbesondere die Umstände des Einzelfalls maßgeblich sowie der mit der Vertragsstrafe verfolgte Zweck, künftige Wettbewerbsverstöße zu verhindern. Im vorliegenden Fall war die hohe Vertragsstrafe auch dem Umstand geschuldet, dass der Beklagte bereits zwei Vertragsstrafen verwirkt hatte und nach Erhalt der zweiten Abmahnung weiter mit den streitbefangenen Aussagen auf seiner Webseite geworben hatte und diese selbst nach Erhebung der Klage nicht überprüft und gegebenenfalls eine Korrektur vorgenommen hatte.

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