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| Wettbewerbsrecht

Kein Unterlassungsanspruch ohne individuelle Betroffenheit!


Produkttests spielen mit ihren Bewertungen und Empfehlungen von Produkten für Verbraucher eine große Rolle, denn nicht selten vertrauen sie auf die Ergebnisse der „Stiftung-Warentest“ und Co. Um den Verbraucher ausreichend zu schützen hat der BGH in seiner „Warentestrechtsprechung“ Anforderungen entwickelt, die diese Tests zwingend einhalten müssen.

Das OLG Hamburg hatte nun einen Fall zu entscheiden, in dem auf Unterlassung einer Testveröffentlichung geklagt wurde, da dieser nicht den hohen Standards von Warentest entspricht. Nun ist klar: Außerhalb des Lauterkeitsrechts kann man keinen Unterlassungsanspruch ohne individuelle Betroffenheit geltend machen!

Darf ein Prüfprogramm beschränkt werden?

Die Parteien stritten im Grundsatz darüber, ob ein Testprogramm beschränkt werden darf und ob sich aus den Umständen ein Unterlassungsanspruch auf „Nichtveröffentlichung“ ergeben kann.

Das Unternehmen brachte vor Gericht vor, dass es nicht im Ermessen von Testern läge ein Prüfprogramm zu beschränken. Ein nicht einheitliches Testprogramm führe Verbraucher in die Irre.

Der streitgegenständliche Test bezog sich auf schädliche Inhaltsstoffe und mikrobakterielle Belastungen und ließ Sicherheitsaspekte und die Verkehrsfähigkeit der Produkte komplett außer Acht. Hierin sah sich das Unternehmen in seinen Rechten verletzt, da die ebenso gute oder gar bessere Bewertung von verkehrsuntauglichen oder gar gefährlichen Produkten ein schlechtes Licht auf das eigene Produkt werfe. Verlangt wurde daher die Unterlassung der Veröffentlichung der Tests und Löschung der Beiträge in Internetportalen. Kernargumentation war dabei die Nichteinhaltung der Anforderungen der „Warentestrechtsprechung“ des BGH.

Warentestrechtsprechung des BGH

In der „Warentestrechtsprechung“ regelt der BGH, dass Unternehmen keine irreführenden Aussagen über die Ergebnisse von unabhängigen Produkttests machen dürfen, insbesondere solche, die von Institutionen wie der Stiftung Warentest durchgeführt werden.

Hierdurch soll vor allem das Recht der Verbraucher, sich auf die Richtigkeit solcher Tests zu verlassen, gestärkt werden. Daher müssen durchgeführte Tests korrekt und nicht irreführend sein, um rechtlicher Konsequenzen zu vermeiden.

Umfassender Unterlassungsanspruch des Wettbewerbsrechts nicht anwendbar

Im Rahmen des Wettbewerbsrechts können weitreichende Unterlassungsansprüche geltend gemacht werden.  

Ein solcher kommt hier aber schon nicht in Frage, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen. Die Parteien müssten entweder im Wettbewerbsverhältnis zueinander stehen oder die Klägerin ein Wettbewerbshüter, wie die Verbraucherzentrale, sein.

Ein solcher umfassender Anspruch, der sich aus dem Lauterkeitsrecht ergibt, scheidet vorliegend demnach im Vorhinein aus. Übrig bleibt daher ein Anspruch aus § 1004 I 2 BGB.

Unterlassungsanspruch aus § 1004 Absatz 2 BGB

Ein Unterlassungsanspruch aus § 1004 I 2 BGB könnte dem Unternehmen als Unterstufe des wettbewerbsrechtlichen Anspruchs zustehen. Als Begründung führte sie an, dass die streitgegenständliche Veröffentlichung die in ihrem (Unternehmens-) Persönlichkeitsrecht verletze bzw. dass es sich um einen Eingriff in ihren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb handele.

Voraussetzungen hierfür ist:

  • Bevorstehende widerrechtliche Störung
  • Objektiv rechtswidrige Rechtsverletzung i.S.d. §§ 823, 824, 826 BGB
    • bei Unternehmen: Drohung eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb
  • individuelle Betroffenheit

Was besagt der § 1004 BGB?

Um einen Unterlassungsanspruch im Rahmen des § 1004 I 2 BGB geltend machen zu können muss eine bevorstehende widerrechtliche Störung vorliegen. Es muss eine objektive rechtswidrige Rechtsverletzung im Sinne der §§ 823, 824, 826 BGB drohen.

Bei Unternehmen kommen eine Verletzung des (Unternehmens-) Persönlichkeitsrechts oder ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb in Frage.


Exkurs: Der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb

Ein eingerichteter und ausgeübter Gewerbebetrieb ist jede erlaubte, selbstständige Tätigkeit, die auf gewisse Dauer angelegt und auf Gewinnerzielung gerichtet ist.

Auf die individuelle Betroffenheit kommt es an!

Im vorliegenden Fall lehnte das OLG Hamburg einen Anspruch aus § 823 BGB von vornherein ab, denn es kommt auf die individuelle Betroffenheit an. Als Begründung führte es an, dass im Rahmen äußerungsrechtlicher Ansprüche das Kriterium der individuellen Betroffenheit bei Äußerungen über bestimmte Waren oder Produkte restriktiv zu handhaben sind. Nur so "kann gewährleistet werden, dass in der öffentlichen Diskussion kritische Auseinandersetzungen über die Vor- und Nachteile bestimmter Stoffe oder Produkte geführt werden können, ohne das unkalkulierbare Risiko einer Inanspruchnahme durch die Hersteller einzelner Produkte zu begründen", so das OLG Hamburg.

Bessere Bewertung von Konkurrenzprodukten stellt keine Verletzung des Rechts am Unternehmen dar

Das OLG Hamburg stellt in seinem Urteil klar, dass eine bessere Bewertung von Konkurrenzprodukten keine Verletzung des Rechts am Unternehmen darstellt.

Eine solche Bewirkung stelle lediglich eine Reflexwirkung für das betroffene Unternehmen dar. Eine solche ist kein Teil des Schutzzwecks des durch § 823 I BGB geschützten Recht am Unternehmen.

Auch zu positive Bewertungen anderer Hersteller stellen keinen betriebsbezogenen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar.

Test an Waren ist nicht immer ein „Warentest“ - Verkehrfähigkeit in Tests kein Pflichtpunkt

Als weiteren Punkt berief sich das Unternehmen darauf, dass die Verkehrsfähigkeit keine Rolle im streitgegenständlichen Test gespielt hat. Dies ist jedoch in "Warentests" ein Pflichtpunkt, denn hier sind aufgrund des großen Vertrauen der Verbraucher höhere Anforderungen zur Durchführung und Veröffentlichung zu stellen.

Hier war das Unternehmen des getesteten Produkts der Auffassung, dass es sich bei dem Test um einen „Warentest“ in diesem Sinne handele und daher auch die Anforderungen eingehalten werden müssen.

Doch das OLG Hamburg stellt nun klar: Ein Test an Waren ist nicht immer ein „Warentest“. Bei normalen Tests ist die Verkehrsfähigkeit kein Pflichtpunkt. Ob es sich bei einem Test um einen Warentest handelt ist an Kriterien im Einzelfall abzuwägen:

Bezeichnung

Die Bezeichnung des Tests ist ein erstes Indiz dafür, ob es sich um einen Warentest oder lediglich an einen Test an Waren handelt. Vor allem wenn der Test als "Warentest" veröffentlich wird kann sich hieraus ein Vertrauen der Verbraucher ergeben. Im vorliegenden Fall wurde der Test nicht als Warentest bezeichnet und auch nicht als ein solcher beworben.

Testausführung

Auch die Testausführung und die Transparenz darüber wie der Test durchgeführt wurde ist ein wichtiges Kriterium für die Bestimmung.

Im vorliegenden Fall haben die Tester unmissverständlich dargestellt, wie sie die Produkte getestet haben. Hierbei wurde der Fokus auf die Frage gelegt, ob und wie weit Wärmekissen für Kinder durch Pestizide und/oder mikrobielle Strukturen wie Schimmel, Bakterien und ähnliches schadstoffbelastet sind. Auch in ihrem Ergebnis wurden keinerlei Rückschlüsse auf eine Verkehrsfähigkeit oder allgemeine Sicherheit gezogen. Vielmehr wurde vor allgemein bestehenden Gefahren sogar gewarnt. 

Jedoch ist die Frage, ob es sich um eine genügend transparente und erläuterte Testausführung handelt, immer einzelfallbezogen zu sehen. Welche Angaben gemacht werden müssen und woraus verzichtet werden muss hängt stark vom Einzelfall ab.


SBS LEGAL – Ihr Anwalt für Wettbewerbs- und Gewerberecht

Das Wettbewerbsrecht hat diverse Regelungen, die zum Schutz der Verbraucher und des Marktwesens zwingend eingehalten werden müssen. Bei Zuwiderhandlungen gibt es einige Möglichkeiten hiergegen vorzugehen. Neben Abmahnungen sind vor allem Unterlassungsansprüche eine beliebte Methode, um die eigenen Rechte durchzusetzen oder zu schützen.

Haben Sie noch Fragen zum (wettbewerbsrechtlichen) Unterlassungsanspruch?

Die Frage, ob ein (wettbewerbsrechtlicher) Unterlassungsanspruch besteht, hängt stark vom Einzelfall ab und kann nicht pauschal beantwortet werden. Unser fachversiertes Team von SBS-LEGAL ist in jeder Angelegenheit für Sie da. Wir prüfen Ihre Ansprüche und Möglichkeiten und setzen diese auch vor Gericht durch.

Mit unserer langjährigen Erfahrung als Fachanwälte im Wettbewerbsrecht sind wir die richtigen Ansprechpartner!

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