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Keine Entreicherung: Wenn man sich der Kenntnis verschließt


OLG Stuttgart: Kein Fall der Entreicherung 

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart entschied in seinem Beschluss vom 17.11.2022 (2 U 219/21), dass man sich nicht auf Entreicherung berufen kann, wenn man aus einer unbekannten Quelle Geld überwiesen bekommt und sich der Kenntnis verschließt, dass man das Geld nicht behalten darf. In dem vorliegenden Fall wurde ein Bereicherungsschuldner von einer unbekannten Person im Social Media Bereich dazu angehalten, eine internationale Transaktion in Höhe von 10000 Euro mittels eines pseudonymisierten Zahlungssystems zu tätigen.


Klägerin fordert Rückzahlung der Geldsumme

So gingen bei der Klägerin am 01.08.2018 drei Überweisungsaufträge in Höhe von 9.944,85 Euro ein. Ein Herr Z. hatte ein Bankkonto bei der Klägerin. Diese Geldsumme sollte auf ein Bankkonto des Beklagten überwiesen werden. Zunächst führte die Klägerin diese Überweisungsaufträge aus. Als jedoch deutlich wurde, dass die Unterschrift auf den Überweisungsträgern einer Fälschung entsprach und der  Herr Z. diese Überweisungen somit nicht in Auftrag gegeben hatte, kreditierte ihm die Klägerin die Beträge. Daraufhin verlangte die Klägerin vom Beklagten die Rückzahlung der Geldsumme gemäß § 812 Absatz 1 Satz 1 Alternative 2 Bundesgesetzbuch (BGB). Der Beklagte berief sich jedoch auf den Einwand der Bereicherung. Über ein soziales Netzwerk, was in Russland verbreitet ist, habe ihn eine Firma S. in Deutschland dazu aufgefordert Bitcoins anzukaufen. Am 02.08.2019 habe er dann für 8.497,19 Euro Bitcoins angekauft und auf die Bitcoin-Wallet der Firma S. überwiesen. Da er am folgenden Tag von seiner Bank, der Klägerin, benachrichtigt wurde, dass die überwiesenen Beträge zurückgefordert werden, kam es nicht mehr zu einer weiteren geplanten Übertragung von Bitcoins in Höhe von 1000 Euro. Zusätzlich zu diesem Betrag bot er der Klägerin an, ihr seine Gebühr von 445,16 Euro zurückzuzahlen. Folglich war er mit einer Forderung in Höhe von ausschließlich 1.445,16 Euro einverstanden. Schließlich habe die Klägerin, nach seiner Ansicht, leichtfertig gehandelt, indem sie drei Überweisungsaufträge ohne vorherige Prüfung durchgewunken habe. Das Landgericht Stuttgart gab dem Beklagten Recht und verurteilte ihn dazu, eine Summe in Höhe von 1.445,16 Euro nebst Zinsen an die Klägerin zurückzuzahlen. Ansonsten wurde die Klage abgewiesen. Eine verschärfte Haftung des Beklagten sei nicht ersichtlich, weshalb er sich auf die Entreicherung berufen könne. Nur weil das Geld vom Konto eines 3. kam, könne man keine Bösgläubigkeit annehmen. Die Klägerin reichte daraufhin Berufung - mit dem Ziel die gesamte Geldsumme in Höhe von 9.944,85 Euro zurücküberwiesen zu bekommen - ein.

OLG Stuttgart stimmt der Rückzahlung der gesamten Geldsumme zu

Das OLG Stuttgart gab der Berufung statt. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Rückzahlung der gesamten Geldsumme. Eine Entreicherung des Beklagten stehe der Herausgabe nicht entgegen. Von Entreicherung spricht man, wenn der erlangte Vorteil sich nicht länger im Vermögen des Empfängers befindet und kein auf die Zuwendung zurückzuführender Vermögensvorteil mehr besteht. Der erlangte Gegenstand wurde verschenkt oder ist untergegangen. Bei den Entreicherungspositionen handelt es sich um jedwede Aufwendungen, welche der Bereicherungsschuldner bezüglich des erlangten Gegenstandes getätigt hat. Die Voraussetzung der Abzugsfähigkeit von Vermögensnachteilen des Bereicherungsschuldners besteht darin, dass Vermögensnachteile adäquat kausal auf der Bereicherung beruhen müssen. Dabei liegt die Beweislast beim Bereicherungsschuldner. Laut dem Beklagten, bestehe ein Wegfall der Bereicherung bezüglich des Teilbetrags. Auf der Bereicherung beruhen nämlich der auftragsgemäße Einsatz des Bereicherungsgegenstandes zum Ankauf der Bitcoins und die Weiterleitung derselben. Das OLG entschied jedoch, dass nicht weiter untersucht werden müsse, ob das überwiesene Geld für den angegebenen Zweck ausgegeben wurde. Der Beklagte dürfe sich nämlich nicht auf die Entreicherung berufen. Sind die Voraussetzungen der verschärften Haftung erfüllt, falle der Kondiktionsanspruch nicht durch die Entreicherung weg. Hierbei sei entscheidend, ob der Bereicherungsempfänger über den rechtlichen Mangel bei Empfang Bescheid wusste oder er erst im Nachhinein von ihm Kenntnis erlangt. Er müsste also Kenntnis über das Fehlen des rechtlichen Grundes selbst und die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen haben. Aus dem ihm bekannten Tatsachen müsste er schlussfolgern, dass es ihm nicht gestattet sei, das Erlangte zu behalten. Die Kenntnis über das Fehlen des Rechtsgrundes werde auch bei demjenigen bejaht, der bewusst verdränge, dass das Verpflichtungsgeschäft nichtig sei. Man könne dem Beklagten zwar nicht die Kenntnis über die nicht autorisierten Überweisungen nachweisen, dennoch sei deutlich, dass er es verdrängen wollte, dass er das Geld nicht behalten dürfe. Dies mache ihm zum Wissenden. Folglich könne er sich nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen.


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