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Sofern ein Arbeitgeber seine Arbeitnehmer nicht aktiv auf den möglichen Verfall von Urlaub hingewiesen hat, ist eine Verjährung des Urlaubsanspruchs europarechtlich ausgeschlossen. Im Rahmen des deutschen Verjährungsrecht bedarf es einer europarechtskonformen Auslegung dahingehend, dass die Verjährungsfrist eines Urlaubsanspruchs erst beginnt, wenn es dem Arbeitnehmer durch aktive Unterrichtung durch seinen Arbeitgeber, ermöglicht wurde, seinen Urlaubsanspruch durchzusetzen. Ein Arbeitgeber, der seine Hinweispflichten verletzt, dürfe, laut EuGH, nicht noch mit der Verjährung belohnt werden (EuGH mit Urteil vom 22.09.2022, Az. C-120/21).
Im streitigen Fall hatte eine Arbeitnehmerin über Jahre hinweg ihren Urlaubsanspruch nur teilweise wahrgenommen. Ihr Arbeitgeber bescheinigte ihr im März 2012, dass ihr Resturlaubsanspruch nicht verfallen werde, weil es der Angestellten aufgrund eines immensen Tätigkeitvolumens gar nicht möglich war, ihren Urlaub vollumfänglich auszuschöpfen. Ein aktiver Hinweis des Arbeitgebers, dass die Ansprüche zu verfallen drohen, erfolgte nicht.
Als die Angestellte im Februar 2018 auf Abgeltung der restlichen Urlaubstage aus den Vorjahren klagte, berief sich der Arbeitgeber auf die Verjährung etwaiger Ansprüche, welche aus seiner Sicht schon vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingetreten war.
Fraglich ist, ob Urlaubsansprüche, die über mehrere Jahre gesammelt wurden, auch nach der allgemeinen Verjährungsfrist des § 195, BGB verjähren. Danach verjährt der Anspruch auf erworbenen bezahlten Jahresurlaub nach Ablauf von einer Frist von 3 Jahren, deren Lauf mit dem Schluss des Jahres beginnt, in dem dieser Anspruch entstanden ist.
Laut EuGH ist die Anwendung der Verjährungvorschriften des §§ 195, 199 BGB auf ältere Urlaubsansprüche mit Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 EU-Grundrechte Charta unvereinbar, weil dies den Arbeitnehmer – und Gesundheitsschutz schwächt. Doch gerade diesen möchte der EuGH durch die Hinweispflicht des Arbeitgebers stärken.
Aus diesem Grund entschied der EuGH, dass sich Arbeitgeber nur dann auf die Verjährung des Mindesturlaubsanspruchs berufen können, wenn sie zuvor ihre urlaubsrechtlichen Hinweis- und Mitwirkungspflichten erfüllt haben.
Die deutschen Regelungen zur Verjährung stehen nicht im Einklang mit der europäischen Arbeitszeitrichtlinie. Die Verjährungsvorschriften haben den Zweck, Rechtssicherheit zu schaffen. Daher hat auch der Arbeitgeber ein legitimes Interesse daran, nicht mit Forderungen nach Urlaubsabgeltung konfrontiert zu werden, die auf mehr als drei Jahre alte Rechtsansprüche gestützt werden. Dieses Interesse ist allerdings nicht schutzwürdig, wenn der Arbeitgeber das jahrelange Anwachsen von nicht erfüllten Urlaubsansprüchen, selbst herbeiführt, indem er seine urlaubs-rechtlichen Hinweis- und Mitwirkungspflichten nicht erfüllt. Vielmehr ist dann der Arbeitgeber, als ohnehin schwächere Partei im Arbeitsverhältnis, zu schützen und nicht der Arbeitgeber, der durch das Versäumen seiner Informationspflichten nicht noch durch das erfolgreiche Berufen auf Verjährung belohnt werden soll.
Eine andere Anwendung der Verjährungsregeln überschreite laut EuGH die von den Mitgliedstaaten zwingend einzuhaltenden Grenzen bei der Festlegung der Modalitäten zur urlaubs-rechtlichen Anspruchswahrnehmung.
Somit hat der EuGH seine bisherige Rechtssprechung nicht abgemildert zur Anwendung gebracht, sondern dessen Folgen sogar verstärkt. Der Anspruch auf Erholungsurlaub genießt als wesentlicher Grundsatz des Sozialrechts der Union, zwingenden Charakter. Einschränkungen daran sind grundsätzlich unzulässig.
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