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KI als Erfinder? So sieht es mit dem Patentrecht aus


Der technologische Fortschritt rund um Künstliche Intelligenz stellt auch das Patentrecht vor grundlegende Fragen. Mit der steigenden Nutzung von KI in Forschung und Entwicklung rückt ein zentrales Thema in den Fokus: Kann eine Künstliche Intelligenz als Erfinder gelten? Der Bundesgerichtshof hat in einer aktuellen Leitsatzentscheidung Klarheit geschaffen und eine Grenze gezogen.

Entscheidung im Sinne von § 37 Abs. 1 Patentgesetz

Nach Ansicht des Gerichts reicht der alleinige Einsatz maschineller Systeme zur Entwicklung technischer Neuerungen nicht aus, um eine KI als Erfinder im Sinne des Patentrechts anzuerkennen. Entscheidend bleibt weiterhin das menschliche Handeln im Hintergrund. Eine Erfindung im rechtlichen Sinne erfordert neben Innovation auch die Mitwirkung einer natürlichen Person. Das Urteil macht deutlich: Der Mensch bleibt Träger des Erfindungsgeistes. Auch oder vielleicht gerade in der aktuellen Zeit, die von Daten und Algorithmen bestimmt wird.


Patentgesetz § 37

(1) Der Anmelder hat innerhalb von fünfzehn Monaten nach dem Anmeldetag oder, sofern für die Anmeldung ein früherer Zeitpunkt als maßgebend in Anspruch genommen wird, innerhalb von fünfzehn Monaten nach diesem Zeitpunkt den oder die Erfinder zu benennen und zu versichern, daß weitere Personen seines Wissens an der Erfindung nicht beteiligt sind. Ist der Anmelder nicht oder nicht allein der Erfinder, so hat er auch anzugeben, wie das Recht auf das Patent an ihn gelangt ist. Die Richtigkeit der Angaben wird vom Deutschen Patent- und Markenamt nicht geprüft.

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Fall-KI-System „DABUS“

Auslöser der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11. Juni 2024  war eine Patentanmeldung, in der das KI-System „DABUS“, entwickelt vom US-Forscher Stephen Thaler, als alleiniger Erfinder für ein technisches Produkt benannt werden kann. Die Anmeldung bezog sich auf einen speziellen Behälter für Lebensmittel oder Getränke, dessen zugrunde liegende Erfindung maßgeblich durch das KI-System entwickelt worden sei.

Bereits das Deutsche Patent- und Markenamt hatte die Eintragung mit Verweis auf § 37 Abs. 1 PatG abgelehnt. Der BGH bestätigte diese Auffassung und konkretisierte in mehreren Leitsätzen die rechtlichen Grenzen maschineller Urheberschaft: Eine KI, gleich welcher Ausprägung oder Komplexität, kann nicht als Erfinder gelten.

Auch wenn ein KI-System maßgeblich bei der Entwicklung technischer Lösungen mitgewirkt hat, muss der menschliche Beitrag benannt werden. Die bloße Nennung einer natürlichen Person im Formular reicht jedoch dann nicht aus, wenn zugleich beantragt wird, in der Beschreibung auf eine maschinengenerierte Erfindung hinzuweisen. Solche Ergänzungen beeinflussen die formale Erfinderbenennung rechtlich nicht und führen nicht zur Ablehnung der Anmeldung – sie bleiben schlicht unbeachtlich.

Erfolgreicher Widerspruch gegen das Urteil

Nachdem, wie bereits erwähnt, das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) die ursprüngliche Patentanmeldung unter Verweis auf die unzulässige Benennung einer KI als Erfinder abgelehnt hatte, legte der Entwickler von DABUS, Stephen Thaler, Beschwerde beim Bundespatentgericht (BPatG) ein. Im Rahmen der Beschwerde reichte er mehrere Anträge ein. Darunter auch einen Hilfsantrag, in dem die Erfinderbenennung dahingehend ergänzt wurde, dass Thaler selbst als Erfinder auftritt, „der die Künstliche Intelligenz DABUS dazu veranlasst hat, die Erfindung zu generieren“.

Der eingereichten Formulierung stimmte das Bundespatentgericht zu. Sie genüge den Anforderungen an eine korrekte Erfinderbenennung gemäß § 7 Abs. 2 Patentverordnung (PatV) und sei als form- und fristgerecht anzusehen. Das Gericht wies das DPMA daher an, den Hilfsantrag zu akzeptieren und die Anmeldung unter dieser Angabe weiter zu bearbeiten (Beschluss vom 11. November 2021, Az. 11 W (pat) 5/21).

Gegen diese Entscheidung legte die Präsidentin des DPMA, die dem Verfahren beigetreten war, Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof ein. Der X. Zivilsenat des BGH wies die Beschwerde jedoch zurück und bestätigte die Entscheidung des BPatG. Die Begründung sei tragfähig und mit den geltenden Rechtsnormen vereinbar. Die Ergänzung, dass ein Mensch die KI gezielt eingesetzt habe, ändere nichts am rechtlichen Kern: Als Erfinder gilt weiterhin die natürliche Person.


Welche Auswirkungen hat das Urteil?

Das Urteil des Bundesgerichtshofs zeigt neben rechtlicher Klarheit auch unmittelbare Folgen für Unternehmen, die Künstliche Intelligenz in ihren Innovationsprozessen einsetzen. Denn auch wenn KI längst in der Lage ist, komplexe technische Lösungen mitzugestalten, bleibt ihre rechtliche Rolle klar begrenzt: Sie kann keine Erfinderin im Sinne des Patentrechts sein und darf in Patentanmeldungen nicht als solche benannt werden.

Das bedeutet jedoch nicht, dass KI-generierte Erfindungen von vornherein vom Patentschutz ausgeschlossen sind. Entscheidend ist, dass ein menschlicher Beitrag den kreativen Prozess maßgeblich geprägt hat. Der BGH macht deutlich: Dort, wo eine natürliche Person die KI gezielt einsetzt, lenkt oder anstößt, kann eine patentfähige technische Lehre entstehen, die dann auch schutzfähig ist. Die Differenzierung stärkt die Position menschlicher Erfinder in einer zunehmend automatisierten Innovationslandschaft.

Für die Praxis hat das weitreichende Konsequenzen. Unternehmen müssen künftig sorgfältig dokumentieren, welcher Mensch hinter der Erfindung steht. Selbst wenn der technische Lösungsweg maßgeblich durch eine KI geprägt wurde. Ob es sich dabei um die Person handelt, die die KI programmiert, trainiert oder in einem kreativen Prozess angestoßen hat: Wichtig ist, dass diese Mitwirkung nachvollziehbar festgehalten wird.

Verlässliche Aufzeichnungen zu Entwicklungsabläufen, Interaktionen mit der KI und menschlichen Steuerungsentscheidungen gewinnen damit an Bedeutung. Nicht zuletzt, um den Patentschutz rechtssicher zu begründen und später auch zu verteidigen.

Die Entscheidung steht im Einklang mit der internationalen Rechtsprechung und unterstreicht: Wer KI im Innovationsprozess nutzt, braucht eine klare Strategie. Technisch sowie rechtlich.


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