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Im Fall des LG Mönchengladbach beschwerte sich eine Kundin über die irreführende Werbung einer Marmeladenherstellerin. Diese bewarb ihr Produkt als „klimaneutrales Produkt“ und „klimaneutraler Preis-Leistungs-Klassiker“.
Dabei bezieht diese sich auf die nachträglichen Maßnahmen, die ihr Unternehmen unternimmt: Sie unterstützt Aufforstungsprojekte in Südamerika, wodurch das im Herstellungsprozess der Marmelade erzeugte CO2 bilanziell kompensiert wird.
Dies empfindet die Kundin als irreführend, da für sie klar ist, dass die Aussagen sich auf das Produkt selbst beziehen. Sie dachte, dass die Herstellung selbst klimaneutral sei, daher handele es sich hier ganz klar um irreführende Werbung!
Im Fall des OLG Schleswig wurde ein Unternehmen verklagt, dass ihre Müllbeutel als "klimaneutral" bewirbt. Dies sieht die Kundin als unzulässige Werbung. Sie führte auf, dass das Unternehmen darauf hinweisen müsse, dass sich die Klimaneutralität, wie im anderen Fall, auf nachträgliche Kompensation bezieht.
Die §§ 5, 5a UWG untersagen die irreführende Werbung, da sie als unlauterer Wettbewerb gilt. Man versteht darunter die objektiv falsche oder/ und subjektiv falsch interpretierbare Werbeaussagen.
„Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.“
„Unlauter handelt auch, wer einen Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer irreführt, indem er ihm eine wesentliche Information vorenthält (…)“
Das LG Mönchengladbach entschied, dass die Werbung mit der Aussage „klimaneutrales Produkt“ ohne weiterführende Informationen wettbewerbswidrig sei.
Problematisch in diesem Fall ist nämlich, dass die eigentliche Herstellung der Ware nicht CO2-neutral erfolgte. Die Klimaneutralität wird nämlich erst durch Kompensation erreicht. Dies führte die Klägerin als irreführend auf. Das LG stimmte ihr dabei zu. So führt die Kammer auf, dass ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Verbraucher die Angaben nicht so verstehe, dass die Klimaneutralität im Nachhinein durch nachträgliche Maßnahmen erreicht wird, sondern dass die Herstellung des Produktes selbst klimaneutral ist.
Auf Seiten der Beklagten kann jedoch aufgeführt werden, dass das Konzept der Klimaneutralität durch Kompensation als durchaus bekannt gelten sollte. Zumindest kann es bei einem normal informierten Verbraucher als bekannt vorausgesetzt werden, so das LG Mönchengladbach.
Doch wenn das Konzept der Klimaneutralität durch Kompensation als bekannt gilt, wieso gilt die Werbung als „klimaneutrales Produkt“ dann als irreführend?
Das Landgericht entschied: auf die Entscheidungssituation kommt es an. Und diese stellt sich im Supermarkt wie folgt dar:
„Die Verkaufssituation ist bei den Marmeladengläsern auf schnelle Botschaften und schnelle Entscheidungen gerichtet. Der Verbraucher soll ohne langes Nachdenken entscheiden, welches Marmeladenglas er aus dem Verkaufsregal nimmt.“
So ist das Ziel von Unternehmen, durch kurze Schlagworte und blickfangartig das Produkt herauszustellen. Hiermit soll sich das Produkt von den anderen abheben.
Diese Schlagworte beziehen sich regelmäßig auf das Produkt, denn es soll sagen, wieso genau dieses Produkt gekauft werden soll. So ist dem Verkäufer zum Beispiel das Schlagwort „zuckerreduziert“ aus seinem bisherigem Kaufverhalten bekannt.
So kann von dem Kunden bei der Entscheidungsfindung kein langer Denkprozess erwartet werden. Der Kunde bezieht die Aussage instinktiv auf das Produkt. Dass die Möglichkeit besteht, eine Klimaneutralität nachträglich durch Maßnahmen zu erreichen, erfordert ein längeres Nachdenken. Dies könne vom Durchschnittsverbraucher in der konkreten Situation nicht erwartet werden.
Anders sieht das jedoch das OLG Schleswig. Dies entscheidete zwischen den Begriffen "umweltfreundlich" und "klimaneutral".
"Zutreffend sei die Auffassung des Landgerichts, dass "klimaneutral" nicht mit "emissionsfrei" gleichzusetzen sei. Richtigerweise gehe es letztlich um das Erreichen einer ausgeglichenen Co2-Bilanz. Dies erwarte der Verbraucher, diese Erwartung werde aber auch erfüllt. Ins Einzelne gehende Hinweise darauf, wie dies geschehe, erwarte der Verbraucher nicht." OLG Schleswig, Urteil vom 30.06.2022 - 6 U 46/21
So sieht das OLG Schleswig die Angabe von "Klimaneutralität" nicht dadurch irreführend, weil der Kunde nicht beurteilen kann, wie diese erreicht wird. Es reicht, wenn die Erwartung einer Produktion mit ausgeglichener CO2-Bilanz erfüllt wird. Wie das geschieht bleibt jedoch offen. Ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Verbraucher unterliege nicht dem Irrtum, dass eine Herstellung ohne jeglichen CO2-Ausstoß möglich sei.
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