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Im Urteil des OLG Stuttgart vom 19.11.2020 (Az. 2U 575/19) wurde nun entschieden, dass die Geheimhaltungsmaßnahmen eines Unternehmens nach dem Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG) als angemessen gelten, wenn sie objektiven Merkmalen entsprechen. Vorab hatte das LG Stuttgart über den Fall geurteilt (Urt. v. 03.09.2019 – Az. 41 O 3/19 KfH) und dem Unterlassungsanspruch zugestimmt.
Klägerin ist ein Unternehmen der chemischen Industrie, das sich auf die Produktion von Polyurethan-Schaumsysteme (PUR), sowie Klebstoff spezialisiert hat. Die Beklagten sind ehemalige Geschäftsführer und Mitgesellschafter des Unternehmens, sowie „Schäumer“ und „Formulierer“.
In den Arbeitsverträgen war eine Verschwiegenheitspflicht gelistet: Nach ihr waren die Mitarbeiter dazu verpflichtet selbst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Stillschweigen über Geschäftsgeheimnisse und Betriebsvorgänge zu bewahren. Zudem enthielten die Verträge u.a. auch Herausgabepflichten bezüglich Firmeneigentum, wie Geschäftspapieren, gefertigte Abschriften, Fotokopien und Notizen. Schließlich wurden bei den Beklagten u.a. 100.000 Dateien, eine Vielzahl geheimer Unterlagen und 1500 Fotos von notierten Rezepturen aufgefunden. Die Klägerin machte Unterlassungs- und Folgeansprüche geltend.
Seit dem 26.04.2020 ist das Geschäftsgeheimnisgesetz in Kraft getreten. Wo zuvor noch die §§17-19 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), §§ 201ff. des Strafgesetzbuches (StGB) und §§ 823, 826 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) den Schutz von Geschäftsgeheimnissen garantierten, war nun ein eigenständiges Gesetz ins Leben gerufen worden.
Um vom Geschäftsgeheimnisgesetz profitieren zu können, muss das Unternehmen seine Geschäftsgeheimnisse, die sich gemäß § 2 Nummer 1 GeschGehG aus von der Allgemeinheit nicht bekannten, nicht ohne weiteres zugänglichen und wirtschaftlich wertvollen Informationen zusammensetzen, durch angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen schützen. Wie solche Maßnahmen auszusehen haben, war bisher nicht eindeutig höchstrichterlich geklärt worden.
Das LAG Düsseldorf hatte in seinem Urteil vom 03.06.2020 (Az. 12 SaGa 4/20) einen Versuch zur Klärung gewagt: Vertragliche Vereinbarungen könnten durchaus Geheimhaltungsmaßnahmen darstellen. Die Angemessenheit der Geheimhaltungsmaßnahmen müsse beachtet werden.
Das OLG Stuttgart entschied nun in seinem Urteil, dass die Angemessenheit mit Hilfe von Merkmalen determiniert wird.
Die Merkmale zur Bestimmung der Angemessenheit beruhen auf:
den vertraglichen Regelungen zur Geheimhaltung, die mit Arbeitnehmern und Geschäftspartnern vereinbart wurden
Dies führt zu einem Mindeststandard: Relevante Informationen sollten nur in dem Maß zur Verschwiegenheit verpflichteten Personen anvertraut werden, soweit diese Informationen für die Ausführung ihrer Arbeit notwendig sind.
Diesen Personen muss zudem bewusst sein, dass ihre Verschwiegenheitsverpflichtung bezüglich der betroffenen Informationen gilt. Die Einsetzung von weiteren Maßnahmen ist durchaus begrüßenswert und hängt von der Gesamtbetrachtung ab. Sobald man ein Datenleck in Kauf nimmt, kann man davon ausgehen, dass schon seit längerer Zeit überhaupt kein angemessenes Schutzniveau mehr besteht .
Das OLG Stuttgart kritisierte im vorliegenden Fall, das zugelassene Speichern von Daten mit Geschäftsgeheimnissen auf privaten Datenträgern. Besonders problematisch sei es, wenn ein Zugang auf die Daten sogar ohne Passwort möglich sei. Dann könnte man auch nicht den Zugriff durch unbefugte Dritte verhindern.
Damit sind nicht nur berechtigte Mitbenutzer eingeschlossen, sondern gerade auch der Fall, wenn es zu einer Weiterveräußerung des Privatgeräts kommt, bevor man die Möglichkeit hatte sämtliche Daten zu löschen. Dann sorgt der Geheimnisinhaber selbst dafür, dass seine Daten von Unberechtigten eingesehen werden können.
Bezüglich in Papierdokumenten verkörperte Geschäftsgeheimnisse müssen die Papiere gegen die Einsicht unbefugter Personen geschützt werden.
Die Verwahrungsorte innerhalb des Unternehmens, wo sich diese Dokumente befinden, müssten gegen den Einlass unbefugter Personen besonders in ausreichender Form gesichert werden. Sind die Informationen von besonders elementarem Wert, muss dafür gesorgt werden, dass der Verwahrungsort abgeschlossen und die Geheimnisse ausreichend verschlossen sind. Hier waren die Richter der Ansicht, dass Zweifel daran bestehen, ob die Klägerin ausreichend für Sicherheitsvorkehrungen gesorgt hatte. Das OLG Stuttgart hob das Urteil des LG Stuttgarts auf und den Rechtsstreit zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Stuttgart zurückverwiesen.
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