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Wird der Verbraucher bei Abschluss eines Abonnements vom Unternehmer nicht ausdrücklich und klar darüber informiert, dass das Abonnement nach einem kostenlosen Anfangszeitraum kostenpflichtig wird, muss der Verbraucher über ein neues Widerrufsrecht verfügen. Das stellte der EuGH in seinem Urteil vom 5. Oktober 2023 - C-565/22 klar.
Der Obersten Gerichtshof von Österreich hat ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV beim EuGH eingereicht. Der Oberste Gerichtshof musste sich mit einem Rechtsstreit befassen, bei dem ein Verbraucher ein Abonnement bei einer Internet-Lernplattform abgeschlossen hat. Das Unternehmen, welches die besagte Internet-Lernplattform betrieben hat, bot ein Testabonnement an. Bei erstmaligen Abschluss eines Abonnement konnte die Plattform 30 Tage lang kostenlos getestet werden und innerhalb dieser Zeit jederzeit fristlos gekündigt werden. Das Abonnement wurde erst nach Ablauf der 30 Tage kostenpflichtig.
Endet der kostenlose Abonnementzeitraum, ohne dass eine Kündigung erfolgt ist, verlängerte sich das Abonnement automatisch um einen bestimmten Zeitraum.
Der Plattform-Anbieter hatte bei Vertragsschluss auch über das Widerrufsrecht informiert. Allerdings war der Verein für Konsumenteninformation (VKI) der Ansicht, dass dem Verbraucher über dem Widerrufsrecht bei Abschluss des 30-tägigen kostenlosen Testabonnements hinaus, auch ein Widerrufsrecht aufgrund der Umwandlung des Abonnements in ein kostenpflichtiges Abonnement zusteht.
Das Vorabentscheidungsersuchen betraf die Auslegung von Art. 9 Absatz 1 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlament und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher. Die Richtlinie wurde mittlerweile von der Richtlinie 2019/2161, die am 7. Januar 2020 in Kraft getreten ist und bis zum 28. November 2021 von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden mussten, geändert. Der streitige Fall wird allerdings noch nach der alten Richtlinie entschieden.
In Art. 9 Absatz 1 der Richtlinie 2011/83/EU heißt es, dass dem Verbraucher, sofern keine Ausnahme besteht, eine Frist von 14 Tagen zusteht, in der er einen Fernabsatz- oder einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag widerrufen kann.
Der beim Obersten Gerichtshof vorliegende Fall behandelt einen Fernabsatzvertrag. Bei einem Fernabsatzvertrag handelt es sich um einen Vertrag zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen. Der Vertrag kommt unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande.
Das Widerrufsrecht soll die Nachteile ausgleichem, die sich für einen Verbraucher aus einem im Fernabsatz geschlossenen Vertrag ergeben, indem ihm eine angemessene Bedenkzeit eingeräumt wird. In dieser Zeit hat der Verbraucher die Möglichkeit die gekaufte Ware zu prüfen und auszuprobieren. Diese Bedenkzeit besteht auch bei der Erbringung von Dienstleistungen. Damit soll der Verbraucher alle Vertragsbedingungen und die Folgen eines Abschlusses des Vertrages berücksichtigen können. Der Verbraucher soll dann eine überlegte Entscheidung treffen können, ob er sich vertragliche an den Unternehmer binden möchte.
Nach Art. 6 Absatz 1 Buchstabe e der Richtlinie 2011/83 ist der Unternehmer vor Abschluss des Vertrages verpflichtet den Verbraucher über den Gesamtpreis der Ware oder Dienstleistungen in klarer und verständlicher Weise zu informieren. Aus Art. 8 Absatz 2 dieser Richtlinie geht hervor, dass der Hinweis des Unternehmer bei einem auf elektronischen Wege geschlossenen Fernabsatzvertrag, klar und in hervorgehobener Weise unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung tätigt erfolgen muss.
Die Widerrufsrechte des Verbrauchers bei einem Fernabsatzvertrag werden demnach gewahrt, wenn der Verbraucher vor Abschluss dieses Vertrages über eine klare, verständliche und ausdrückliche Information über den Preis der Dienstleistungen, die Gegenstand des Vertrages sind, verfügt. Dabei kommt es darauf an, ob die Information bereits zum anfänglichen Vertragsschluss bestand. Falls dies nicht der Fall ist, kann auch bei der Umwandlung des Vertrages in einen entgeltlichen Vertrag ein neuerliches Widerrufsrecht bestehen. Wurde der Verbraucher hingegen ausreichend informiert, dass die Erbringung der Dienstleistung nach dem kostenlosen Zeitraum kostenpflichtig wird, kommt dem Verbraucher das Widerrufsrecht nur ein einziges Mal zu und es besteht kein neuerliches Widerrufsrecht bei der Umwandlung.
Dahingehend muss beim vorangegangenen Fall der Oberste Gerichtshof prüfen, ob der Unternehmer den Verbraucher klar, verständlich und ausdrücklich über den Gesamtpreis informiert hat. Erst nach dieser Prüfung kann entschieden werden, ob dem Verbraucher im konkreten Fall ein erneutes Widerrufsrecht nach Umwandlung zustand.
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