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Kündigung wegen Inhalten aus einem privatem WhatsApp Chat?


Private Nachrichten bei WhatsApp gehen Dritte grundsätzlich nichts an. Doch was ist, wenn der Arbeitgeber vom Inhalt eines solchen Chats Kenntnis erlangt? Kann sich darauf die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses stützen? Genau diese Frage hatte das Landesarbeitsgericht Hannover zu klären.

Vom WhatsApp Chat bis zur Kündigung – darum geht es

Arbeitgeber und Arbeitnehmer stritten sich vor Gericht über die Wirksamkeit einer vom Arbeitgeber ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung.

Beim Arbeitgeber handelte es sich um ein großes Luftverkehrsunternehmen. Der Arbeitnehmer war in der technischen Logistik tätig und sein Arbeitsverhältnis war gemäß des anzuwenden Tarifvertrags ordentlich unkündbar.



Der Arbeitnehmer war in einer privaten WhatsApp Chatgruppe mit sieben weiteren Mitarbeitern. Zwischen den Mitgliedern dieser Chatgruppe bestand eine langjährige Freundschaft. In diesem Chat äußerte sich der Arbeitnehmer äußerst abwertend über seinen Arbeitgeber sowie über andere Mitarbeiter und Vorgesetzte. Die Äußerungen zu weiblichen Mitarbeiterinnen/Vorgesetzten waren dabei stark sexualisiert und abwertend. Andere Äußerungen enthielten rassistische Inhalte. Auch wurden vermehrt Gewaltfantasien mit Bezug zu Mitarbeitern und Vorgesetzten geäußert.
Dieser WhatsApp Chatverlauf wurde von einem Gruppenmitglied einer dritten Person gezeigt. Diese dritte Person kopierte den Chat. Der Chat wurde sodann an den Betriebsrat weitergeleitet und dieser gab in an die Personalabteilung.
Daraufhin wurden Erforschungsmaßnahmen eingeleitet. So sollte sichergestellt werden, dass der Chat auch „echt“ ist. Unter anderem wurde der Arbeitnehmer zu dem Chat angehört.

Danach erfolgte die außerordentliche Kündigung des Arbeitnehmers.
Der Arbeitnehmer ist der Ansicht, dass der private Chat nicht gegen ihn verwendet werden darf, da dieser nicht für die Öffentlichkeit gedacht war.
Der Arbeitgeber vertritt hingegen die Ansicht, dass  durch die zahlreichen beleidigenden, rassistischen, teilweisen menschenverachtenden und sexistischen Äußerungen und die Aufrufe zur Gewalt durch den Arbeitnehmer, hier das Interesse des Arbeitgebers als schützenswerter zu sehen ist.

Entscheidung des LAG Hannover zur Wirksamkeit der Kündigung

Das Landesarbeitsgericht erörtert zunächst, dass die vom Arbeitnehmer getätigten Äußerungen im Rahmen des WhatsApp Chats, grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen.  
Als problematisch sieht das Gericht hier jedoch die Umstände, unter denen die Informationen an den Arbeitgeber herangetragen wurden. Das Gericht sieht die Äußerungen als einen Bestandteil einer vertraulichen Kommunikation zwischen den Teilnehmern der Chatgruppe an. Daher greift hier gemäß des Landesarbeitsgerichts Hannover ein verfassungsrechtlicher Schutz, gerichtet auf die Vertraulichkeit des geschrieben Wortes.

In diesem konkreten Fall sieht das Gericht die Kündigung daher als unwirksam.

Woraus ergibt sich der verfassungsrechtliche Schutz?

Der Schutz des eigenen Wortes ist ein Teil des sogenannten Allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Dieses Recht folgt aus einer Kombination der Grundrechte der Allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und der Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 GG.

Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt den autonomen Bereich der privaten Lebensgestaltung. Innerhalb diesen Bereichs soll es jedem möglich sein, seine persönliche Lebensführung und Entwicklung wahrzunehmen. Da dieser Schutzbereich sehr weit gefasst ist, hat das Bundesverfassungsgericht inzwischen einzelne Fallgruppen konkretisiert, die vom Allgemeinen Persönlichkeitsrecht umfasst werden. Dazu zählt unter anderem das hier relevante Recht am eigenen Wort.


Kann man also in WhatsApp Chats schreiben, was man will?

Grundsätzlich soll es jedem möglich sein, seine Meinung frei zu äußern. Auch soll die vertrauliche Kommunikation mit Freunden und Familie geschützt werden. Dafür sind die Fallgruppen des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts entwickelt worden. Dies sollte jedoch nicht zum Anlass genommen werden, ohne weiteres Nachdenken alles in einen WhatsApp Chat zu schreiben. Dem Urteil des Landesarbeitsgericht ist nicht zu entnehmen, dass in keinem Fall eine Kündigung auf einen WhatsApp Chatverlauf gestützt werden kann. Es sagt nur, dass es in diesem konkreten Fall nicht so ist.

Eine generelle Möglichkeit, dass darin ein Kündigungsgrund bestehen kann, schließt das Gericht nicht aus. In seinen Ausführungen zur Entscheidung wird deutlich, dass hier die langjährige Freundschaft einen gewichtigen Beitrag zu der Entscheidung leistete. In dieser freundschaftlichen Beziehung sah das Gericht eine besonders vertrauensvolle Verbindung. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass bei Chats mit „einfachen“ Kollegen eine wirksame Kündigung durchaus denkbar wäre.

Auch weist das Gericht darauf hin. Das das geschrieben Wort grundsätzlich nicht so viel Vertrauen beinhaltet wie das gesprochene Wort. Währens man beim gesprochenen Wort davon ausgehen kann, dass es kein Dritter mehr vernehmen kann, nachdem es ausgesprochen wurde, so ist das bei Chats nicht der Fall. Wer etwas niederschreibt, setzt bereits selbst ein Risiko für die Wahrnehmung durch Dritte.  Diese Unterscheidung der Schutzwürdigkeit von Vertrauen hinsichtlich des geschriebenen und des gesprochenen Wortes ist üblich. So ist es auch denkbar, dass ein anderes Arbeitsgericht in einem ähnlichen Fall anders entscheidet.

Die Kündigung wegen Inhalten aus einem privatem WhatsApp Chat ist damit nicht ausgeschlossen. 


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