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Im Vertriebsrecht unterscheiden sich die Hintergründe und Modalitäten einer Kündigung für Vertriebspartner und Handelsvertreter.
Ein Handelsvertreter ist im Vertriebsrecht ein selbstständiger Unternehmer, der im Auftrag eines Herstellers tätig ist und dafür eine Provision erhält, indem er Geschäfte vermittelt oder direkt in dessen Namen abschließt. Im Gegensatz dazu kauft ein Vertriebspartner Produkte vom Hersteller und verkauft sie im eigenen Namen und auf eigene Rechnung weiter, wobei er seinen eigenen Gewinnanteil hinzurechnet. Im Überblick werden die Umstände und Situationen einer Kündigung für beide Parteien geschildert.
Unternehmen, die ihre Produkte oder Dienstleistungen verkaufen wollen, stehen vor der Entscheidung zwischen Direktvertrieb und indirektem Vertrieb. Beim Direktvertrieb liegt die Verantwortung für die Kundengewinnung direkt beim Unternehmer selbst. Im Gegensatz dazu erfordert der indirekte Vertrieb über Vertriebspartner eine geschäftliche Zusammenarbeit. Unternehmen und Vertriebspartner schließen zunächst einen Vertrag miteinander ab.
Am Fall der Alpha Industries GmbH und Co. KG, welche in Deutschland den Vertrieb von Produkten der Marke „Alpha Industries“ verantwortet, wird aufgezeigt, welche Rechte und Möglichkeiten Vertriebspartner im Falle einer Kündigung bzw. einer faktischen Beendigung der vertraglichen Leistung durch das Unternehmen haben.
Die Alpha Industries GmbH und Co. KG führte nach langjährig bestehenden Vertriebsverträgen plötzlich neue Vertriebsrichtlinien mit dem Ziel ein, ein selektives Vertriebssystem aufzubauen. Dieses System legt fest, dass Händler die Produkte von Alpha Industries nur über bestimmte, genehmigte Vertriebskanäle anbieten dürfen. Der Verkauf über Online-Plattformen wie amazon.de, ebay.de oder otto.de ist dabei strikt verboten. Sollte ein Händler gegen dieses Verbot verstoßen und über diese Kanäle verkaufen, hat die Alpha Industries GmbH und Co. KG das Recht, den entsprechenden Vertrag zu kündigen.
Aus rechtlicher Sicht ist ein solches selektives Vertriebssystem mit strengen Bedingungen verknüpft, sodass deutsche Gerichte dies nur sehr selten als zulässig erachten.
Ein typisches Beispiel dafür sind Luxusmarken, die in exklusiven Geschäften mit geschultem Personal verkauft werden. Im Fall der Alpha Industries GmbH und Co. KG wurde allerdings festgestellt, dass das Unternehmen seine Produkte selbst über solche Plattformen vertreibt, die es anlässlich seiner veränderten Vertriebsrichtlinien den Vertriebspartnern nunmehr untersagt. Dies wirft die Frage auf, ob die erforderlichen Bedingungen für ein selektives Vertriebssystem tatsächlich erfüllt sind. Zudem ist anzumerken, dass viele Händler nicht einmal angemessen über die neuen Vertriebsrichtlinien formgerecht informiert wurden bzw. diesen nicht zugestimmt haben.
Das Unternehmen hat scheinbar seine Strategie geändert und wird in Zukunft keine kleineren Vertriebspartner mehr beliefern. Stattdessen plant es, die Produkte selbst zu verkaufen, um höhere Gewinne zu erzielen. Dies führt dazu, dass immer mehr gewerbliche Vertriebspartner, mit denen oft langjährige Verträge bestanden, ihre Lieferverträge gekündigt bekommen. Die Kündigung der Verträge scheinen rechtlich aber nicht tragfähig zu sein.
Die Alpha Industries GmbH und Co. KG hat ihren Kunden die Geschäftsbeziehungen gekündigt, ohne ein konkretes Enddatum zu nennen, was einer fristlosen Kündigung entspricht. Eine fristlose Kündigung ist jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich, die in diesem Fall nicht erfüllt sind. Stattdessen könnte lediglich eine ordentliche Kündigung in Betracht kommen, die längere Fristen und feste Termine für ein rechtlich wirksames Ende der Geschäftsbeziehungen erfordert. Das bedeutet, dass die vertraglichen Beziehungen erst einmal weiterbestehen, wobei die Händler weiterhin das Recht haben, Waren der Marke „Alpha Industries“ zu bestellen. Daher ist es gerade in so einem Fall empfehlenswert juristische Schritte gegen dieses Vorgehen einzuleiten, um noch Zeit zur Gewinnung anderer Geschäftsbeziehungen zu haben.
Anders als bei den Vertriebspartnern besteht zwischen dem Unternehmen und dem Handelsvertreter ein Handelsvertretervertrag.
Im Falle, dass ein Unternehmer Insolvenz anmeldet, endet ein Handelsvertretervertrag bereits von Gesetzes wegen. Auf eine etwaige Kündigung kommt es hierbei nicht mehr an. Wenn das Unternehmen aber seinen Betrieb selbstständig einstellt und den Handelsvertreter kündigen möchte, so muss es die rechtlichen Anforderungen beachten.
Es ist fraglich, ob ein Unternehmen, das in finanziellen Schwierigkeiten steckt und möglicherweise in naher Zukunft sogar Insolvenz anmelden muss, allein aus diesem Grund das Recht hat, bestehende Handelsvertreterverträge außerordentlich zu kündigen. Auch wenn die Meinungen in Praxis und Literatur auseinander gehen, ist es wohl vertretbar von folgender Auffassung auszugehen.
Die Frage der Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung kann nicht allgemein beantwortet werden, sondern muss individuell unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls entschieden werden. Die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung hängt davon ab, was den Unternehmer zur Betriebseinstellung bewegt hat. Ist der Grund in seinem Verantwortungsbereich oder auf höhere Gewalt zurückzuführen? Außerdem spielt es eine Rolle, ob die Situation ihn überraschend getroffen hat oder ob er bereits länger darüber informiert war und möglicherweise noch einige Zeit abwarten kann, sodass der Handelsvertretervertrag ordentlich zu kündigen wäre.
Wenn ein Gericht im Nachhinein jedoch entscheidet, dass die außerordentliche Kündigung eines Handelsvertreters rechtlich unwirksam war, könnte der Unternehmer verpflichtet sein, Schadensersatz für die Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist zu zahlen.
Im Rahmen einer ordentlichen Kündigung erweist sich wiederum die Zeit zwischen der Kündigungserklärung und dem Fristende als schwierig. Obwohl der Vertrag innerhalb dieser Frist existent ist, sind Vermittlungen und Geschäfte, die im Vorfeld abzuwickeln sind und zeitlich eine Auswirkung nach Fristende entfalten, gesperrt, sodass der Handelsvertreter praktisch in seiner Tätigkeit umfassend eingeschränkt ist. Da der Vertrag noch rechtlich wirksam ist, gilt für den Handelsvertreter weiterhin das Wettbewerbsverbot, sodass auch anderweitige Tätigkeiten als Ersatz nicht in Betracht kommen. Um diese Problematik zu umgehen, könnten Freistellungen inklusive einer Freistellungsvergütung angedacht oder der Verzicht eines Wettbewerbsverbots vereinbart werden.
Neben den Kündigungen – gleichwohl ob ordentlich oder außerordentlich – und etwaigen Schadensersatzansprüchen steht dem Handelsvertreter im Falle der Kündigung schließlich auch ein Ausgleichsanspruch gemäß § 89b HGB zu. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer den Kundenstamm des Handelsvertreters nicht weiter nutzt, etwa weil er seinen Geschäftsbetrieb einstellt.
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