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| Wettbewerbsrecht

Unterlassungsanspruch, wenn Kunde mit negativer Kritik droht?


Eine Marketing-Agentur wollte per Gericht verbieten lassen, dass ihr Ex-Kunde wie angekündigt Kritik gegen sie verbreitet – erfolglos.

Dass ein Kunde nicht ganz zufrieden mit einer Dienstleistung ist, kann vorkommen. Meist machen Kunde und Dienstleister das dann einfach untereinander aus oder der Kunde geht das nächste Mal eben woanders hin. Doch was ist, wenn er droht, mit seiner Kritik an die Öffentlichkeit zu gehen und negative Dinge zu behaupten? Müssen Unternehmen das als freie Meinungsäußerung hinnehmen? Oder kann man es verbieten lassen – weil die Äußerung rechtswidrig und geschäftsschädigend ist?

Genau das hatte eine Marketing-Agentur über einen Antrag auf einstweilige Verfügung versucht. Sie wollte einem Ex-Kunden untersagen lassen, eine Online-Kampagne gegen sie zu starten – wie er nämlich angekündigt hatte. Doch es gibt hohe Hürden für solch einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch…


Der Fall: Drohung per WhatsApp

handy whatsapp

Der ehemalige Kunde einer Online-Marketing-Agentur war anscheinend unglücklich mit den Leistungen der Agentur – und schrieb dem Geschäftsführer am 02. Februar 2021 auf WhatsApp: Wenn der Vertrag nicht zu seinen Gunsten geändert werde, würde er eine Online-Kampagne gegen die Agentur starten und darin ihre Geschäftspraktiken anprangern. Das wollte sich die Agentur nicht gefallen lassen. Sie befürchtete, ihr Ex-Kunde würde rufschädigende unwahre Dinge über sie verbreiten, indem er behauptet, sie handele betrügerisch. Es bestehe die Gefahr der Erstbegehung einer „aggressiven geschäftlichen Handlung“ gemäß §4a, Absatz 1 (UWG). Deswegen klagte sie vorbeugend auf Unterlassung. Dem Ex-Kunden solle seine angekündigte Online-Kampagne und der Vorwurf „betrügerischen Geschäftsgebarens“ gegen die Agentur verboten werden.

Doch sowohl das Landgericht (LG) Leipzig als auch das Oberlandesgericht (OLG) Dresden, bei dem die Agentur sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des LG eingelegt hatte, lehnten die beantragte einstweilige Verfügung ab. Die Agentur habe keinen vorbeugenden Unterlassungsanspruch (LG Leipzig, Beschluss vom 10.03.2021, 5 O 494/21 und OLG Dresden, Beschluss vom 07.06.2021, 4 W 235/21).


Der vorbeugende Unterlassungsanspruch: ein Verbot, bevor überhaupt etwas passiert ist

Für einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch gebe es hohe Hürden. Denn es wird eine Handlung gerichtlich verboten, bevor es überhaupt begangen wurde. Damit werde aufs Härteste in die Äußerungsfreiheit eingegriffen – und derjenige, der den Anspruch auf Unterlassung fordert, weil er eine mögliche Verletzungshandlung verhindern möchte, zugleich sehr stark geschützt.

Deswegen müsse der Antragsteller genau darlegen, dass eine die Erstbegehungsgefahr besteht – also die Gefahr, das etwas passieren könnte, das verboten ist (z.B. eine rechtswidrige Äußerung). Es müsse konkrete Tatsachen geben, durch die ganz sicher klar wird, dass in naher Zukunft eine Rechtsverletzung stattfinden wird – und was das genau für eine Rechtsverletzung ist. In der Praxis heiße das: Die rechtswidrige Handlung muss unmittelbar bevorstehen. Und der Betroffene muss den konkreten Inhalt der beabsichtigen Mitteilung kennen. Den muss er dem Gericht entsprechend darlegen und beweisen. Nur dann könnten die Richter davon ausgehen, dass wirklich eine Erstbegehungsgefahr besteht – sodass der Unterlassungsanspruch begründet wäre.


Beschluss von LG und OLG: Kritik muss als Meinungsäußerung hingenommen werden

Der Ex-Kunde der Agentur hatte gedroht, „demnächst eine rufschädigende Kampagne […] zu starten“ und meinte, er werde dafür belegbares Fehlverhalten der Agentur öffentlich machen. Laut der Dresdener Richter bestehe demnach nur die Gefahr wahrer Tatsachenbehauptungen – und nicht etwa die Gefahr einer Rechtswidrigkeit. Für eine vorbeugenden Unterlassungsanspruch reiche die Äußerung des Ex-Kunden also keineswegs aus. Und auch wenn der Ex-Kunde seine Ankündigung wahr machen sollte, der Agentur „betrügerisches Geschäftsgebaren“ vorzuwerfen, sei das keine Tatsachenaussage – sondern schlicht eine Meinungsäußerung.

Als juristische Person des Privatrechts könne die Agentur zudem wenn überhaupt in ihrer Sozialsphäre, aber jedenfalls nicht in ihrer Intimsphäre verletzt sein. So müsse sie selbst scharfe, unsachliche Kritik als Meinungsäußerung aushalten. Einzig Schmähkritik könnte verboten werden. Aber diese liege hier nicht vor. Denn für eine Schmähkritik müsse eine Äußerung nicht einfach polemisch zugespitzt, überzogen oder ausfällig sein. Es müsse eine persönliche Kränkung vorliegen, durch die die Sachlichkeit völlig aus dem Blick gerät. Doch im vorliegenden Fall möchte der Ex-Kunde die Missstände in der Geschäftstätigkeit der Agentur anprangern. Somit stünde das sachliche Anliegen im Vordergrund. Das Recht des Ex-Kunden auf freie Meinungsäußerung überwiege das Recht der Agentur auf ungehinderte Ausübung ihres eingerichteten Gewerbebetriebs.


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