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| Arbeitsrecht

Geheimhaltungsmaßnahmen gemäß Geschäftsgeheimnisgesetz


Geheimhaltungsklausel auf dem Prüfstand

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hat sich als Berufungsinstanz mit dem Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG) befasst und erläutert, welche Informationen Geschäftsgeheimnisse sein können und wie diese durch angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen zu schützen sind. Dabei legt das Gericht unter anderem dar, welche Anforderungen an vertragliche Vereinbarungen zum Schutz von Informationen zu stellen sind.

Gegenstand des Rechtsstreits war die Problematik, ob und in welchem Umfang der Beklagte als ehemaliger Arbeitnehmer bei dem Kläger persönliche Aufzeichnungen und Listen über Kunden, erworbene Produktmengen und bezahlte Preise im Rahmen seines neuen Arbeitsverhältnisses weiter nutzen durfte.

Da das GeschGehG erst im April 2019 in Kraft getreten ist, hatte sich das LAG Düsseldorf als eines der ersten Gerichte mit der neuen Rechtslage auseinandersetzen.

LAG Düsseldorf, Urteil vom 03.06.2020, Az. 12 SaGa 4/20

Vorinstanz: ArbG Düsseldorf, Urteil vom 23.01.2020, Az. 12 Ga 5/20

Zum Sachverhalt

Bei dem Kläger handelt es sich um einen Kaufmann, welcher unter anderem sog. Polyurethan-Schaum (PU-Schaum) vertrieb. Der Beklagte war bei dem Kläger als Außendienstmitarbeiter beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthielt u.a. eine Vereinbarung, welche den Beklagten dazu verpflichtete, alle Angelegenheiten und Vorgänge, die im Rahmen der Tätigkeit bekannt geworden sind und bekannt werden, aber auch sonstige sachliche und persönliche Umstände im Unternehmen, die nicht zu den formellen Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen gehören, geheim zu halten. Überdies traf den Beklagten nach der Vereinbarung die Pflicht, auf Verlangen des Arbeitgebers ihm alle dienstlichen Unterlagen (z.B. Aufzeichnungen, Gesprächsunterlagen) jederzeit und spätestens am letzten Arbeitstag auszuhändigen.

Im Laufe des Beschäftigungsverhältnisses fertigte der Beklagte Aufzeichnungen über Kundendaten und Umsätze in seinem Kalender an. Zudem erhielt er eine Kundenumsatzliste über die von ihm betreuten Kunden.

Der Beklagte beendete das Arbeitsverhältnis bei dem Kläger und ließ sich kurz darauf bei einem Mitbewerber des Klägers als Außendienstmitarbeiter beschäftigen. In dieser Funktion wandte er sich an einen Kunden des Klägers, welchen er im vorherigen Arbeitsverhältnis als Außendienstmitarbeiter betreut hat und bot diesem PU-Schaum zu günstigen Konditionen an.

Zum Prozessverlauf

Zunächst wies das Arbeitsgericht Düsseldorf den Eilantrag des Klägers ab. Auf die Berufung des Klägers gab das LAG Düsseldorf dem Kläger teilweise Recht und bestätigte die Unterlassungsansprüche. So verbot das Gericht dem Beklagten, im geschäftlichen Verkehr privat angefertigte Notizen über Kunden, Ansprechpartner sowie deren Kontaktinformationen und/oder Umsätze zum Zwecke des Wettbewerbs zu verwerten und/oder verwerten zu lassen und/oder zu nutzen und/oder nutzen zu lassen.

Sind persönliche Aufzeichnungen und Kundenlisten Geschäftsgeheimnisse?

Das LAG Düsseldorf hatte sich damit auseinanderzusetzen, ob es sich bei den persönlichen Aufzeichnungen des Beklagten und der Kundenliste um Geschäftsgeheimnisse handelt.

Nach § 2 Nr. 1 GeschGehG ist ein Geschäftsgeheimnis eine Information,

  1. die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist und
  2. die Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist und
  3. bei der ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht.


Zunächst stellte das LAG Düsseldorf fest, dass sowohl die Kundenliste als auch die privaten Aufzeichnungen ein Geschäftsgeheimnis im Sinne des § 2 Nr. 1 a) und c) GeschGehG darstellen können.


Geheimhaltungsmaßnahmen für Kundenliste

In einem zweiten Schritt hat sich das LAG Düsseldorf der Frage gewidmet, ob für den Schutz der Kundenliste die getroffene Vereinbarung im Arbeitsvertrag als Geheimhaltungsmaßnahme ausreiche. Nach Auffassung des Gerichts stellte die Geheimhaltungsklausel im Arbeitsvertrag jedoch keine Geheimhaltungsmaßnahme im Sinne des § 2 Nr. 2 b) GeschGehG dar. Die Regelung sei nach Ansicht der Kammer deutlich zu weitgehend und inhaltsleer. 

Erhebliche Bedenken hatte die Kammer auch daran, dass der Kläger die Kundenlisten aktiv geschützt hat. Geheimhaltungsmaßnahmen seien jedenfalls dann nicht getroffen, wenn jemand keine Bestrebungen zum Schutz einer Information unternimmt oder lediglich darauf vertraut, die geheime Information werde nicht entdeckt und bleibe verborgen.

Der Kläger habe gewusst, dass der Beklagte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch in Besitz der Kundenliste war. Dass er trotzdem nicht danach fragte und sie außergerichtlich nicht zurückforderte, spreche nach Ansicht der Kammer gegen einen aktiven Geheimnisschutz im Sinne des § 2 Nr. 1 b) GeschGehG.

Geheimhaltungsmaßnahmen für persönliche Aufzeichnungen

Anders beurteilte das LAG Düsseldorf die vom Kläger getroffenen Maßnahmen bezüglich der persönlichen Aufzeichnungen des Beklagten. Die Geheimhaltungsklausel sei dahingehend hinreichend bestimmt und verpflichte den Beklagten zur Rückgabe der vollständigen Geschäftsunterlagen. Die konkrete Bezeichnung und beispielhafte Aufzählung genügt den Anforderungen einer Geheimhaltungsmaßnahme gem.  § 2 Nr. 2 b) GeschGehG. Darüber hinaus hatte der Kläger – im Unterschied zu den Kundenlisten – bis zum Verfahren auch keine Kenntnis von den persönlichen Aufzeichnungen. Daher konnten von ihm auch keine weiteren Geheimhaltungsmaßnahmen, die über die vertragliche Rückgabepflicht hinausgehen, verlangt werden.

Was sind angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen?

Nach dem Urteil des LAG Düsseldorf ist festzustellen, dass Geheimhaltungsmaßnahmen jedenfalls auch durch vertragliche Regelungen getroffen werden können. Allerdings müssen die betreffenden Geschäftsgeheimnisse und die von der vertraglichen Regelung umfassten Unterlagen konkret bezeichnet werden.

Neben einer vertraglichen Regelung sei nach Auffassung der Kammer eine aktive Durchsetzung des Geheimhaltungsinteresses erforderlich. Bleibt der Unternehmer untätig oder vertraut darauf, dass geheime Informationen nicht entdeckt oder verborgen bleiben, spreche dies gegen eine Geheimhaltungsmaßnahme nach § 2 Nr. 2 b) GeschGehG.

Schließlich komme es auf die Angemessenheit der Geheimhaltungsmaßnahmen an. Diese ist stark einzelfallabhängig, denn es können verschiedene Aspekte, wie z.B. der Wert des Geschäftsgeheimnisses und dessen Entwicklungskosten, die Natur der Information, die Bedeutung für das Unternehmen oder die Größe des Unternehmens berücksichtigt werden.

Das Urteil des LAG Düsseldorf verdeutlicht schließlich auch, wie groß die Spielräume bei der Beurteilung nach einer Schutzmaßnahme im Sinne des GeschGehG weiterhin sind. Detaillierte Regelungen zu Geheimhaltungspflichten im Arbeitsvertrag sind zwar empfehlenswert, aber nicht zwangsläufig ausreichend. Daneben bedarf es eines Konzeptes, welches auch aktive Geheimhaltungsmaßnahmen beinhaltet, um einem Unternehmen umfassenden Schutz für seine Geschäftsgeheimnisse zu garantieren.


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