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Die Produkte von Robert Franz haben in de Vergangenheit bereits des Öfteren mit fantasievollen Aufmachungen für Aufmerksamkeit gesorgt: Es handelt sich dabei meist um Nahrungsergänzungsmittel für Fabelwesen. Nun stand solch ein Produkt namens „Nahrungsergänzungsmittel für Tyrannosaurus“ im Mittelpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg. Das Gericht bezog sich dabei auf das Landratsamt Würzburg, das einen Verstoß gegen lebenmittelrechtliche Vorschriften angemerkt und zudem auch aus dem Gutachten des Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) zitiert hatte. In dem Bericht des LGL hieß es über das Produkt von Robert Franz, dass in der Bezeichnung "Nahrungsergänzungsmittel für Tyrannosaurus" der Teil „für Tyrannosaurus“ deutlich hervorstehe. Diese Schutzbehauptung, dass das Nahrungsergänzungsmittel für einen Tyrannosaurus bestimmt sei, sei nicht nur unmöglich, sondern sorge dafür, lebensmittelrechtliche Vorschriften zu umgehen. Das Gericht stimmt dieser Einschätzung gemäß Art. 14 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 Buchst. a VO (EG) 178/2002 zu: Es wurde untersagt, das Produkt weiter in den Verkehr zu bringen.
Von Antragsteller Seite wurde zunächst zurückgewiesen, dass es sich bei dem Produkt um ein Lebensmittel handle. Durch den Zusatz „für Tyrannosaurus Rex“ lasse sich deutlich darauf schließen, dass das Produkt als Scherzartikel zu verstehen sei.
Das Gericht ist jedoch der Ansicht, dass es durch die Bezeichnung „Nahrungsergänzungsmittel“ als Lebensmittel anzusehen sei (gemäß § 1 Absatz Nahrungsergänzungsmittelverodnung (NemV)) und lebensmittelrechtliche Vorschriften greifen. Dafür, dass der Verzehr durch Menschen gedacht sei, sprechen auch die Angaben über die Verzehrempfehlung von einem Messlöffel pro Tag, das Zeolith und die Entgiftung, die nur bei menschlichen Konsumenten Sinn ergeben. Ein durchschnittlicher Verbraucher werde diese Ansicht ebenfalls teilen. Vor allem weil das Produkt lebensmitteltypische Kennzeichnungselemente aufliste. Dafür fehlen hingegen typische Kennzeichnungsmerkmale, die auf ein Scherzartikel hindeuten.
Der durchschnittliche Verbraucher werde auch den Zusatz "für den Tyrannosaurus" ausblenden, da eine Verwendung für diesen unmöglich sei, und nur das „Nahrungsergänzungsmittel“ sehen.
Die Werbung, Aufmachung und Kennzeichnung machen die Intention deutlich, dass es zur Aufnahme von Menschen gedacht sei.
Die Bezeichnung werde verwendet, um lebensmittelrechtliche Vorschriften zu umgehen und den Absatz mit dem unrealistischen Zweck zu erhöhen. Zwar könne man ein Produkt in einen Scherzartikel umwidmen, aber erst, wenn deutlich erkennbar sei, dass das Produkt nicht zum Verzehr von Menschen geeignet sei, z.B. durch das Weglassen der lebensmitteltypischen Kennzeichnungselemente. Ebenso ändere die Formulierung „Scherzartikel“ und „für Tyrannosaurus“ nichts an seiner Lebensmitteleigenschaft.
Als Arzeinmittel ist es ebensowenig anzusehen, da es an einer pharmakologischen Wirkung fehle.
Zudem sei bereits in der Rechtsprechung (EuGH Urt. 9.11.2016 ;C-448/14 - ZLR 2017, 328) anerkannt, dass der Zeolith - ein kristallines Aluminiumsilikat - ein neuartiges Lebensmittel sei, das unter die Novel-Food-Verordnung falle. Daher sei eine Zulassung der EU notwendig. Ein zulässiges in Verkehr bringen eines neuartigen Lebensmittel, sei nur möglich, wenn es zudem auf der Unionsliste aufgeführt sei.
Ein Lebensmittel gelte als gesundheitsschädlich, wenn es aus feststellbaren Eigenschaften heraus eine Möglichkeit zur nicht bloß theoretischen Gesundheitsschädigung besitze, die von der Wissenschaft gewichtet werden. Dabei sei nach Art. 14 Abs. 4 Buchst. a und b VO (EG) 178/2002 ebenso entscheidend, dass kurzfristige oder langfristige Wirkungen bei den Verbrauchern, aber auch bei nachfolgenden Generationen und toxikologische Auswirkungen auf eine bestimmte Verbrauchergruppe festzustellen seien.
Dabei ist der Antragssteller Seite zuzustimmen, dass man bei der Frage nach der Gesundheitschädlichkeit nur auf die übliche Verwendung des Produkts abstellen müsse. Das Gericht geht jedoch, von einer oralen Aufnahme durch den Menschen aus. Richte sich ein Lebensmittel nicht an eine gewisse Verbrauchergruppe, müsse dies aus der Etikettierung erkennbar sein, was hier nicht der Fall sei. Die Aufmachung mit dem Tyrannosaurus erwecke den Anschein, dass es nicht nur für Erwachsene, sondern auch für Kinder gedacht sei.
Zusätzlich wurde im Produkt ein erhöhter Aluminiumgehalt festgestellt. Die toxikologische Risikobewertung von Aluminium in Lebensmitteln beruhe auf Studien von international anerkannten Organisation, wie der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Dabei stellt das LGL fest, dass das Produkt aufgrund seiner Überschreitung der tolerierbaren wöchentlichen Aufnahmewerte als gesundheitsschädlich betrachtet werden könne. Die Einnahme über einen längeren Zeitraum, die für Nahrungsergänzungsmittel typisch sei, könne negative Wirkungen auf die Knochen, Nieren, das Nervensystem und die Entwicklung der Motorik von Nachkommen auslösen. Aluminium wird im Körper angereichert und nur sehr langsam wieder ausgeschieden.
Zudem wurde von der LGL auch noch eine Überschreitung des zulässigen Bleigehalts im Produkt angemerkt.
Ermessensfehler und Unverhältnismäßigkeit liegen in der streitgegenständlichen Anordnung nicht vor. Von einem milderen Mittel sei nicht auszugehen. Es reiche beispielsweise nicht aus, ein Nahrungsergänzungsmittel explizit als Scherzartikel zu bezeichnen. Damit verschwinde die Lebensmitteleigenschaft nicht. Stattdessen würde dem Produkt eine doppelte Funktion zukommen; und zwar als Lebensmittel und Scherzartikel zugleich.
Ebenso stelle es kein milderes Mittel dar, wenn man das Produkt für Schwangere und Kinder als nicht verzehrtauglich deklarieren würde, da zu viele Chargen ohne solch einen Aufdruck im Umlauf seien und Robert Franz ohnehin nicht von der Lebensmitteleigenschaft seines Produkts ausgehe. Der Hinweis würde auch nicht dazu führen alle lebensmittelrechtlichen Bedenken aus dem Weg zu räumen. Dafür liegen zu viele lebensmittelrechtliche Verstöße vor.
Das geforderte mildere Mittel - die Informierung der Öffentlichkeit gemäß § 40 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) von der zuständigen Behörde - sei zu verneinen, so das Gericht. Hierfür fehlen die notwendigen Voraussetzungen für solch eine Veröffentlichung, wie eine Risikoeinschätzung oder eine Bußgelderwartung von 350 €. Zumal sei nicht zu erkennen, wie die Informierung der Öffentlichkeit ein milderes Mittel sei, da nicht nur die Abnehmer in Kenntnis gesetzt werden, sondern auch die gesamte Öffentlichkeit über die lebensmittelrechtlichen Verstöße von Robert Franz informiert werden würde.
Der Sofortvollzug bleibe auch bei einer Interessenabwägung der widerstreitenden Interessen bestehen. Der grundrechtsrelevante Nachteil des Artikel 12 Grundgesetz (GG) sei nicht so schützenswert wie das öffentliche Interesse die Verbraucher vor einer Gesundheitsgefahr zu schützen. Gesundheitsschädliche Produkte müssten so schnell wie möglich aus dem Verkehr gezogen werden und zwar noch bevor eine Entscheidung in der Hauptsache ergangen sei. Würde man auf den Sofortvollzug verzichten, würde dieses Produkt ohne die Einhaltung von lebensmittelrechtlichen Vorschriften weiter verkauft werden, was gegenläufig zum Gesundheitsschutz wäre. Wohlmöglich würden sogar absatzfördernde Vorteile erhascht werden.
Die Fantasiebezeichnungen und Anscheindeklarierungen werfen ohnehin die Frage auf, inwiefern Robert Franz sein Lebenmittelunternehmen noch in einem ordnungsgemäßen Rahmen führen könnte.
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