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Melatonin: Arznei- oder Nahrungsergänzungsmittel?


Melatonin ist vielen inzwischen durch Werbungen für Schlafmittel bekannt, doch was ist Melatonin eigentlich? Wie ist Melatonin einzuordnen? Und wieso Nahrungsergänzungsmittel (NEM) mit Melatonin immer wieder zu Problemen führen. Alles dazu im folgenden Artikel. 

Was ist Melatonin?

Melatonin besitzt jeder von uns, denn es ist ein natürliches Hormon, welches unseren Schlafzyklus beeinflusst. Das im Gehirn hergestellte Melatonin wird bei Dunkelheit produziert und erinnert uns an unsere Schlafenszeit, indem es uns müde macht. Bei älteren Menschen wird Melatonin weniger produziert, was zu Schlafstörungen und Problemen beim Einschlafen führen kann, aber auch andere Faktoren, wie Stress, können das Hormon hemmen. Tatsächlich wurde Melatonin in einer Studie bei über 55-Jährigen zusätzlich eingenommen und es wurde beobachtet, dass das Melatonin dazu führte, dass die Probanden schneller einschlafen konnten und auch die Schlafqualität verbessert wurde. In Deutschland ist es daher möglich ab 55 Jahren verschreibungspflichtige Melatonin-Tabletten zu erhalten, welche über einen kurzfristigen Zeitraum eingenommen werden. Immer häufiger kommt es allerdings dazu, dass frei erwerbliche Präparate auf dem Markt auftauchen, welche Melatonin enthalten und mit der schlaf verbessernden Wirkung werben.

Die Einstufung von Melatonin

Immer wieder ist unklar, als was die Präparate mit Melatonin eingestuft werden sollen. Denn bei der Einstufung stellt sich die Frage: Arznei- oder Nahrungsergänzungsmittel?
Arzneimittel sind nach der Richtlinie 2001/83/EG des europäischen Parlaments und des Rates gem. Artikel 1 Nr. 2 Stoffe und Stoffzusammensetzungen, welche zur Heilung oder Verhütung von Krankheiten dienen. Das Arzneimittelgesetz stimmt hauptsächlich mit dieser Definition überein, aber unterscheidet zusätzlich zu Funktionsarzneimitteln. Funktionsarzneimittel sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die dem menschlichen oder tierischen Körper verabreicht werden, um „die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen.“ Das bedeutet, dass der menschliche Organismus durch die verabreichten Funktionsarzneimittel wieder funktionieren soll. 

Melatonin ist ein Stoff aus dem menschlichen Körper und soll die Wirkung des körpereigenen Melatonins beeinflussen, indem es dieses verstärkt. Viele sehen daher Melatonin als Arzneimittel, und zwar genauer als Funktionsarzneimittel.

Andere sehen hingegen Präparate mit Melatonin als Nahrungsergänzungsmittel (NEM). Nahrungsergänzungsmittel sind Lebensmittel und damit für den Verzehr gedacht, sie sollen, wie der Name sagt, die Nahrung ergänzen und bestehen oft aus Vitaminen, Mineralstoffen oder sonstige Nährstoffen. Die meist in Tabletten oder Kapseln eingenommen NEM dürfen dabei KEINE arzneiliche Wirkung haben und unterliegen den lebensmittelrechtlichen Vorschriften.

Das Problem bei Nahrungsergänzungsmitteln

Bei Nahrungsergänzungsmitteln gibt es allerdings ein großes Problem, es gibt keine allgemeine Regelung, sondern es handelt sich um Einzelfallentscheidungen und jedes Bundesland ist eigenständig für die Überwachung zuständig. Die Arzneimittelbehörde eines Bundeslandes muss sich daher, wenn ein Präparat auf dem Markt ist, dessen Hersteller in ihrem Bundesland sitzt, erstmal das Präparat prüfen und dieses als je nach Einschätzung als Arzneimittel einstufen. Bis zur Überprüfung und Einstufung darf das Präparat auf dem Markt verfügbar bleiben und wenn es schließlich als NEM eingestuft wird, ist es weiterhin zulässig.

Melatonin als Nahrungsergänzungsmittel

Wie zuvor bereits aufgeführt ist oft unklar, als was Melatonin einzustufen ist. Nach der Wettbewerbszentrale und der Health Claims der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sind Aussagen wie: „Melatonin trägt zur Linderung der subjektiven Jetlag-Empfindung bei“ und „Melatonin trägt dazu bei, die Einschlafzeit zu verkürzen“, als gesundheitsbezogenen Angaben für Melatonin als Lebensmittel erlaubt.

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat in seinem Urteil (Urt. v. 11.03.2021 – 6 U 2/15) die Entscheidung gefällt, dass es sich bei dem vorliegenden streitständigen Melatonin Kapseln um ein Nahrungsergänzungsmittel handelt. Nachdem OLG habe die in den Kapseln enthaltene Dosis von 0,5 mg Melatonin pro Kapsel und die empfohlene Einnahme von zwei Kapseln pro Tag keinen nennenswerten Einfluss auf den Stoffwechsel im Körper, als dass von einem Funktionsarzneimittel gesprochen werden kann. 

Das Verwaltungsgericht Köln kam in seinem Urteil (7 K 3110/14) zu einem anderen Ergebnis. Auch das hier streitgegenständliche Präparat enthielt 0,5 mg Melatonin und sollte zweimal täglich eingenommen werden. Das OVG sah eine Beeinflussung der physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische Wirkung, denn es gäbe Studien, welche schon bei 0,1-0,3 mg eine Wirkung zeigen würden. Die Berufung (Urt. v. 28.10.2021 – 13 A 1376/17) führte allerdings dazu das das Oberverwaltungsgericht NRW dieses Urteil zurücknahm und auch keine Grundlage für die Annahme eines Funktionsarzneimittels sah.

Es bleibt demnach weiterhin unklar und eine Einzelentscheidung, wann ein Funktionsarzneimittel anzunehmen ist, allerdings stellt sich heraus, dass bei 1 mg Melatonin täglich vermutlich von einem Lebensmittel ausgegangen werden kann. Die verschreibungspflichtigen Melatonin Tabletten besitzen 2 mg Melatonin, weshalb bei einer höheren Dosis vermutlich eher ein Funktionsarzneimittel anzunehmen ist.


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