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Wir bei SBS Legal haben schon einige Artikel zur wichtigen Verordnung (EU) 2023/1114 über Märkte für Kryptowerte (Markets in Crypto-Assets Regulation – MiCAR) der EU erstellt. Diese wird ab dem 30. Dezember 2024 endgültig gelten. Es gibt jedoch noch Unklarheiten darüber, wann ein Kryptowert unter die MiCAR fällt und wann er ein Finanzinstrument im Sinne der MiFID II-Regulierung ist. Bis zum 30. Dezember sollen daher Leitlinien der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) erscheinen.
Die MiCAR ist eine enorm wichtige Verordnung für den europäischen Binnenmarkt. Das Recht der EU soll im Bereich Finanzdienstleistungen dem digitalen Zeitalter angemessen sein. Hierbei sind Kryptowerte ein maßgeblicher Faktor. In den Erwägungsgründen der MiCAR heißt es, durch eine Straffung der Kapitalbeschaffung und eine Vergrößerung des Wettbewerbs könnten Angebote über Kryptowerte wie Bitcoin auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) eine innovative und inklusive Finanzierungsalternative ermöglichen. Kryptowerte, die als Zahlungsmittel verwendet werden, können insbesondere im grenzüberschreitenden Kontext kostengünstigere, schnellere und effizientere Zahlungen ermöglichen, da die Zahl der Intermediäre begrenzt wird.
Zwar sind in der EU bereits einige Regulierungsvorschriften erschienen – für einige Arten von Kryptowerten fehlt das jedoch. Und die aktuellen Schwierigkeiten zeigen, dass selbst mit der MiCAR noch Einordnungsprobleme entstehen können. Ferner gibt es außer den Bestimmungen über die Bekämpfung der Geldwäsche keine Vorschriften zur Regulierung der Bereitstellung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit solchen unregulierten Kryptowerten wie etwa des Betriebs von Handelsplattformen für Kryptowerte, des Tauschs von Kryptowerten gegen einen Geldbetrag oder gegen andere Kryptowerte und der Verwahrung und Verwaltung von Kryptowerten für Kunden. Ohne eindeutige Vorschriften in diesem Bereich seien die Inhaber von Kryptowerten insbesondere in Bereichen, die nicht unter die Verbraucherschutzvorschriften fallen, Risiken ausgesetzt.
Doch welche Regelungen werfen Fragen hinsichtlich des Kryptowertbegriffs der MiCAR auf? Im Jahr 2017 wurde MiFID II, die zweite europäische Finanzmarktrichtlinie (Markets in Financial Instruments Directive) in Deutschland mit dem Zweiten Finanzmarktnovellierungsgesetz umgesetzt. Dies geschah also schon Jahre vor der MiCAR, was einige Probleme bereitet.
Die Regelungen der MiFID II gelten seit dem 3. Januar 2018. Ziel der Novelle war es, die Funktionsweise und Transparenz der Finanzmärkte zu verbessern und EU-Verbraucher besser zu schützen. So wurden bspw. der Anlegerschutz verbessert, Zielmärkte besser bestimmt und Aufzeichnungspflichten eingeführt.
Die MiCAR hält fest, dass manche Kryptowerte — insbesondere solche, die als Finanzinstrumente im Sinne der Begriffsbestimmung in der MiFID II gelten —bereits in den Anwendungsbereich bestehender Unionsrechtsakte über Finanzdienstleistungen fielen. Daher galt für Emittenten solcher Kryptowerte und für Unternehmen, die Tätigkeiten im Zusammenhang mit solchen Kryptowerten ausüben, bereits ein umfassendes Paket aus Unionsvorschriften.
Dementsprechend sind Kryptowerte, die als Finanzinstrumente im Sinne der MiFID II gelten, ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich der MiCAR ausgenommen worden. Es besteht also ein Exklusivitätsverhältnis zwischen Kryptowerten nach MiCAR und Finanzinstrumenten nach MiFID II. Problematisch ist nun, dass die nationalen Behörden und Gerichte in ihrer Auslegung, wann ein Finanzinstrument nach MiFID2 vorliegt, durchaus unterschiedliche Verwaltungspraxen entwickelt und angewandt haben. Für diese elementare Frage bedarf es darum einer einheitlichen Auslegung, die mit den von der ESMA zu erarbeitenden Leitlinien ermöglicht werden soll.
Schauen wir uns also an, wo sich die Begrifflichkeiten überschneiden. Nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 5 MiCAR ist ein Kryptowert eine digitale Darstellung eines Werts oder eines Rechts, der bzw. das unter Verwendung der Distributed-Ledger-Technologie oder einer ähnlichen Technologie elektronisch übertragen und gespeichert werden kann. Dies ist ein recht weiter Begriff, was auch beabsichtigt war.
MiFID II listet in ihrem Anhang I eine Reihe von Begriffen auf, die als Finanzinstrumente gelten. Demnach sind Finanzinstrumente im Sinne der MiFID II insbesondere übertragbare Wertpapiere. Erfasst sind vor allem Anleihen, Aktien und sonstige Wertpapiere etwa zur Einbettung von Derivaten. Ein übertragbares Wertpapier muss Bestandteil einer Gesamtemission sein, handelbar sein und es darf es sich nicht um ein Zahlungsinstrument handeln. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, sollen Token nach der ESMA als übertragbare Wertpapiere eingeordnet werden und damit der MIFID2 Regulierung unterfallen.
Eben diese Voraussetzungen wurden in den verschiedenen Mitgliedstaaten unterschiedlich ausgelegt und beurteilt. Das darf nicht so bleiben, denn es ist für alle Beteiligten wichtig zu wissen, wann die MiCAR anwendbar ist und wann nicht. Zu diesem Zweck soll die ESMA nun Leitlinien veröffentlichen.
Einen Entwurf für dieser noch zu erarbeitenden Leitlinien hatte die ESMA bereits im Januar 2024 veröffentlicht. Darin hat sie den Marktteilnehmern die Möglichkeit eingeräumt, bis Ende April zu diesem Entwurf Stellung zu nehmen. Die finalen Leitlinien müssen bis zum 30. Dezember 2024 veröffentlicht werden – kein zufälliges Datum, denn genau dann gilt die MiCAR vollständig. Die ESMA stellt erstmal fest, dass sie im Rahmen des MiCAR-Mandats nicht die gesamte Bandbreite dessen klären soll, was ein Finanzinstrument ist. Sondern nur bezüglich solcher Produkte, die sowohl der sowohl der Kryptowerte-Definition der MiCAR als auch der Finanzinstrument-Definition der MiFID II entsprechen.
Also, was ist aus dem Entwurf schon absehbar? Der ESMA ist es wichtig, dass die Frage der Einordnung eines Token als Finanzinstrument in jedem Fall technologieneutral erfolgen soll. Das bedeutet, dass die Art und Weise der Tokenisierung und die genaue technische Ausgestaltung nicht entscheidend sein sollen. Stattdessen sollen die mit den Token verbundenen Eigenschaften, das Design und die Rechte vorwiegend entscheidend sein. Nach dem Motto „Substance over Form“ soll sich die Begriffsbestimmung nicht an der technischen Hülle des Produkts orientieren, sondern an ihren Funktionen.
Demnach soll die Abgrenzung im Einzelfall erfolgen. Ob ein Token also mit Hilfe von DLT funktioniert, sollte die grundlegende Natur dieser Vermögenswerte nicht beeinflussen. Für die rechtliche Praxis muss die technische Ausgestaltung dennoch zunächst geprüft werden, um zu schauen, ob sich die Abgrenzungsfrage zur MiCAR überhaupt stellt.
Anknüpfend an die Blockchain-Technologie entstanden in den letzten Jahren vollkommen neue wirtschaftliche Ansätze wie Kryptowährungen (Bitcoin, Ethereum, Bitcoin Cash, Ripple, Dash oder Litecoin), Initial Coin Offerings (ICO), Mining Unternehmen, Exchanges ebenso wie Bitcoin Handels- und Trading-Unternehmen. Den rechtlichen Rahmen für diesen neuen Wirtschaftsbereich bildet das Kryptorecht. Bei uns finden Sie Experten im Bereich des Kryptorechts, auch hinsichtlich der wirtschaftlichen- und rechtlichen Einordnung von NFTs.
Sie brauchen eine Beratung im Kryptorecht oder einen Kryptorechtsanwalt, etwa für die Frage, wie die Einordnung der Krypto-Token unter MiCAR oder MiFID II funktioniert? Dann sind Sie bei uns richtig.