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MiCAR verbietet Tied Agents und Haftungsdach


Die Verordnung (EU) 2023/1114 (MiCAR) schafft seit dem 30. Dezember 2024 einheitliche Vorschriften für Emittenten von Kryptowerten im Unionsraum. Nach vorheriger deutscher Rechtslage war es möglich, sich als Unternehmen unter ein Haftungsdach zu begeben und die BaFin-Erlaubnis eines anderen Bank-oder Finanzdienstleistungsinstituts zu nutzen. Genau solch ein Modell sieht die MiCAR in ihrer europäischen Regelung jedoch nicht vor. Wir schauen uns an, wie es damit nun weitergehen kann.

Das sind Tied Agents

Das Kreditwesengesetz (KWG) forderte eine sog. BaFin-Erlaubnis, um selbstständig Anlageberatung, Anlagevermittlung sowie Platzierungsgeschäfte durchführen zu können. Diese Anforderungen waren jedoch für viele Unternehmen zu hoch. Tied Agents (oder auch gebundene Vermittler genannt) agieren unselbstständig und haben sich an ein Insitut gebunden, welches eine BaFin-Lizenz hat.

Die Verantwortung für etwaige Fehler liegt dann nicht bei dem unselbstständigen Tied Agent, sondern es bleibt das mit Lizenz ausgestattete Unternehmen verantwortlich. Deshalb wird es umgangssprachlich auch als „Haftungsdach“ bezeichnet. Ein gebundener Vermittler handelt also im Namen und auf Rechnung des Haftungsdach-Unternehmens, ähnlich wie ein Stellvertreter. Dies ermöglicht ihnen einen schnelleren Marktzugang sowie eine höhere Flexibilität.

Um diese Fälle zu kontrollieren, führt die BaFin ein öffentliches Register. Dort gibt es Auskünfte über die Tied Agent Unternehmen. Sie übernehmen vor allem administrative und aufsichtsrechtliche Aufgaben. Im Gegenzug muss das Aufsichtsdach-Unternehmen die notwendige Kapitalausstattung und Organisationsstruktur aufweisen, effektive Kontrollmechanismen etablieren und alle wichtigen regulatorischen Standards erfüllen.

Nun benötigt: MiCAR-Lizenz

Seitdem die MiCAR Geltung hat, müssen Kryptodienstleister sowohl aus der EU als auch aus außereuropäischen Drittstaaten, die EU-Bürgern Kryptodienstleistungen anbieten wollen, eine neue MiCAR-Lizenz beantragen. Zuständige Behörde in Deutschland für dieses Zulassungsverfahren beibt die BaFin.

Wichtig ist: Die MiCAR kennt keine gebundenen Vermittler. Die ESMA hat im September 2024 klargestellt, dass Kryptowerte-Dienstleistungen unter Geltung der MiCAR ausschließlich von Unternehmen erbracht werden dürfen, die entweder als Kryptowerte-Dienstleister zugelassen sind oder als bereits beaufsichtigtes Kreditinstitut oder Wertpapierinstitut erfolgreich ein Notifizierungsverfahren MiCAR-Maßstäben durchlaufen haben.

Dies stellt also wieder die hohe Hürde für einige Unternehmen auf. Genau so ist es aber von der MiCAR gewollt. Kryptowerte-Dienstleister sollen wichtige Aufgaben nicht mehr auf Unternehmen verlagern können, die selbst keine MiCAR-Lizenz bei der BaFin erlangt haben.

Immerhin: Übergangsregelung der MiCAR

Die MiCAR regelt weitreichende Gebiete der Kryptowerte-Dienstleistungen. Deshalb gibt es für Anbieter, welche nach geltendem deutschen Recht erlaubt gehandelt haben, auch Übergangsregelungen. Sie dürfen ihre Dienstleistungen auch nach dem 30. Dezember bis spätestens zum 1. Juli 2026 oder bis zu dem Zeitpunkt erbringen, in dem ihnen eine MiCAR Erlaubnis erteilt oder verweigert wurde, je nachdem, welcher Zeitpunkt zuerst eintritt.  Zwar haben Mitgliedstaaten haben die Möglichkeit, diese Übergangsfrist zu verkürzen. Hiervon wurde in Deutschland aber noch nicht Gebrauch gemacht.

Tied Agents sollten von dieser Übergangsregelung grundsätzlich erfasst sein, denn sie erbringen ja Dienste, welche bisher nach dem KWG erlaubt waren. Ihre Sondersituation, dass sich ihre Position von dem jeweiligen Haftungsdach ableitet, gebietet aber Vorsicht. Das Haftungsdach muss stets aufsichtsrechtlich zulässig sein.

Das kann im Einzelfall schwierig werden, wenn für das Haftungsdach neue MiCAR-Anforderungen gelten. Hier ist dann fraglich, ob die Übergangsregelung für Tied Agents noch greifen kann, wenn das verbundene Unternehmen hier Fehler macht. Die BaFin hat von ihr beaufsichtigte Institute, welche gebunde Vermittler eingeschaltet haben, darauf hingewiesen, dass die Anbindung von Tied Agents unter der MiCAR unzulässig sein wird. Will ein Unternehmen also auf die Übergangsregelung der MiCAR setzen, sollte es dies vorher mit den zuständigen Behörden absprechen und sich so absichern.

Welche Möglichkeiten bleiben?

Die naheliegenste Möglichkeit für gebundene Vermittler ist, selbst eine BaFin-Lizenz zu beantragen. Jedoch sind diese Anforderungen auch unter der MiCAR hoch. Und genau das ist für viele eben gerade der Grund, diese Regelung einzugehen.

Ansonsten könnte der bisherige Tied Agent seinen Tätigkeitsbereich beschränken, um keine Schwierigkeiten mit der MiCAR zu bekommen. Es könnte technische Unterstützungsleistungen wie die Bereitstellung einer technischen Plattform, Support-Dienstleistungen oder den Vertrieb regeln. Werden jedoch solche Auslagerungslösungen auf Unternehmen außerhalb der EU verlagert, darf dies nicht dazu führen, dass das Drittlandunternehmen Kryptowerte-Dienstleistungen in Europa letztlich ohne eigene Zulassung durch eine europäische Zweckgesellschaft erbringt, während die eigentliche Dienstleistung tatsächlich in einem Drittland erbracht wird.

Insgesamt gibt es also für Tied Agents eher keine Möglichkeit, ihr Geschäftsmodell unter der MiCAR fortzusetzen. Der europäische Gesetzgeber wollte Klarheit darüber schaffen, wer Kryptowerte-Dienstleistungen erbringen darf und hat dies an ein Zulassungsverfahren geknüpft.


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