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MiCAR-Whitepaper bei Angebot und Handel von Kryptowerten


Die Verordnung (EU) 2023/1114 (MiCAR) schafft seit 30. Dezember 2024 einheitliche Vorschriften für Emittenten von Kryptowerten im Unionsraum. Eine der interessantesten MiCAR-Pflichten betrifft den Bereich der Kryptowerte-Whitepaper. Dieses muss bei einem öffentlichen Angebot über bestimmte Kryptowerte erstellt werden und kann bei Fehlern auch zur Haftung führen.

Diese Kryptowerte sind gemeint

Die MiCAR tritt neben die RL 2014/65/EU (Markets in Financial Instruments Directive – „MiFID II“) und VO (EU) 2017/1129 („ProspektVO“), die einzelne vom Anwendungsbereich der MiCAR ausgeschlossene Aspekte regeln.  Dennoch ist die Definition des Art. 3 Nr. 5 MiCAR denkbar weit, explizite Begriffe wie die Blockchain oder der Bitcoin enthält sie nicht.

Kryptowert nach MiCAR

„Kryptowert“ im Sinne der MiCAR ist eine digitale Darstellung eines Werts oder eines Rechts, der bzw. das unter Verwendung der Distributed-Ledger-Technologie oder einer ähnlichen Technologie elektronisch übertragen und gespeichert werden kann. 


Zu beachten ist, dass Sonderregelungen für zwei bestimmte Arten von Kryptowährungen gelten: „Vermögenswertereferenzierter Token“ (ART) ist ein Kryptowert, der kein E-Geld-Token ist und dessen Wertstabilität durch Bezugnahme auf einen anderen Wert oder ein anderes Recht oder eine Kombination davon, einschließlich einer oder mehrerer amtlicher Währungen, gewahrt werden soll. Und „E-Geld-Token“ (EMT) ist ein Kryptowert, dessen Wertstabilität unter Bezugnahme auf den Wert einer amtlichen Währung gewahrt werden soll. Gemäß Art. 2 Abs. 4 lit. a MiCAR sind solche Token, die wegen der Verkörperung wertpapierähnlicher Rechte bereits MiFID II-Finanzinstrumente sind, nicht erfasst.

Und wie schaut es mit Non-fungible Token, also NFT, aus? Gem. Art. 2 Abs. 3 MiCAR gilt die Verordnung explizit nicht für Kryptowerte, die einmalig und nicht mit anderen Kryptowerten fungibel sind. Sie sind somit vom Anwendungsbereich und den hier besprochenen Pflichten grds. ausgeschlossen.

Was ist ein Whitepaper?

Die Whitepaper-Pflicht gilt vor allem zum Schutz von potenziellen Kryptowerte-Kleinanlegern. Sie sollen über die Merkmale, Funktionen und Risiken der Kryptowerte, die sie zu kaufen beabsichtigen, informiert werden. Das Whitepaper ist dabei ein Informationsdokument, welches wichtige Informationen zu dem jeweiligen Kryptowert enthalten soll.

Dabei handelt es sich um allgemeine Informationen über den Emittenten, den Anbieter oder die Person, die die Zulassung des Kryptowerts zum Handel beantragt, das mit dem aufgebrachten Kapital durchzuführende Projekt, das öffentliche Angebot über Kryptowerte oder ihre Zulassung zum Handel, die mit den Kryptowerten verbundenen Rechte und Pflichten, die für diese Kryptowerte verwendete zugrunde liegende Technologie und die damit verbundenen Risiken. Dies alles soll transparent und klar verständlich sein.

Diese Akteure sind von der Pflicht erfasst

Die Whitepaper-Pficht knüpft an das Öffentliche Angebot von Kryptowerten und die Beantragung der Zulassung zum Handel von Kryptowerten an. Außerdem an die Zulassung zum Handel auf Eigeninitiative eines Handelsplattformbetreibers, falls zu dem Zeitpunkt noch kein MiCAR-Whitepaper veröffentlicht wurde. Im Fall von ART und EMT betrifft das ausschließlich deren Emittenten. Für ART muss man Kreditinstitut sein und für EMT entweder Kreditinstitut oder E-Geld-Institut. Sie können zwar durch Einverständnis auch Dritte handeln lassen, bleiben aber verantwortlich. Ein bereits veröffentlichtes Whitepaper für sonstige Kryptowerte darf nur dann genutzt werden, wenn die für die Erstellung verantwortliche Person der Verwendung schriftlich zustimmt.

Art. 3 Abs. 1 Nr. 12 MiCAR definiert das „öffentliche Angebot“ als eine Mitteilung an Personen in jedweder Form und auf jedwede Art und Weise, die ausreichende Informationen über die Angebotsbedingungen und die anzubietenden Kryptowerte enthält, um potenzielle Inhaber in die Lage zu versetzen, über den Kauf dieser Kryptowerte zu entscheiden. Die reine Zulassung zum Handel oder die Veröffentlichung von Geld- und Briefkursen ist nur ein solches Angebot, wenn damit eine Mitteilung einhergeht, die wiederum ein öffentliches Angebot darstellt. Der Begriff ist nicht auf dem Primärmarkt beschränkt, weshalb auch der Verkauf vieler Token auf dem Sekundärmarkt erfasst sein kann. Ein allgemeines Angebot von Tauschmöglichkeiten für eine Vielzahl von Kryptowerten, wie bei Online-Brokern, wird hingegen noch kein konkretes öffentliches Angebot nach der MiCAR sein.

Mit der Zulassung zum Handel ist der Handel an einer „Handelsplattform für Kryptowerte" gemäß MiCAR gemeint. Davon umfasst sind sog. multilaterale Systeme, welche die Interessen vieler Dritter am Kauf und Verkauf von Kryptowerten im System und nach dessen Regeln zusammenführen oder deren Zusammenführung erleichtern, sodass ein Vertrag über den Tausch von Kryptowerten entweder gegen Geld oder gegen andere Kryptowerte zustande kommt. Bis zum 31. Dezember 2027 müssen diese sicherstellen, dass MiCAR-Whitepaper erstellt, übermittelt, veröffentlicht und aktualisiert werden, wenn diese am 30. Dezember 2024 bereits gelistet sind.

Letzter Whitepaper-Adressat ist der Betreiber einer Handelsplattform für Kryptowerte. Er wird gemäß Art. 5 Abs. 2 MiCAR erfasst, wenn er sonstige Kryptowerte auf eigene Initiative zum Handel zulässt. Für ART und EMT gilt dies nicht, dort bleibt ja der Emittent verantwortlich. bleibt, wie bereits ausgeführt, stets der jeweilige Emittent Whitepaper-Verpflichteter. Die Plattformbetreiber-Pflicht wird nur dann ausgelöst,  wenn zu diesem Zeitpunkt noch kein Whitepaper veröffentlicht worden ist.

Ausnahmefälle

Es gibt auch Fälle, in denen bei öffentlichen Kryptowerte-Angeboten kein Whitepaper erstellt werden muss. Hierfür lohnt sich insbesondere ein Blick in Art. 4 Abs. 2, 3 MiCAR. Die Ausnahme gilt bspw. für ein Angebot an weniger als 150 natürliche oder juristische Personen je Mitgliedstaat, wenn diese Personen für eigene Rechnung handeln oder für ein Angebot eines Kryptowerts, das sich ausschließlich an qualifizierte Anleger richtet, sofern der Kryptowert nur von diesen qualifizierten Anlegern gehalten werden kann. Ganz ausgeschlossen sind folgende Fälle:

-    der Kryptowert wird kostenlos angeboten;

-    der Kryptowert wird als Gegenleistung für die Pflege des Distributed Ledgers oder die Validierung von Transaktionen automatisch geschürft;

-    das Angebot betrifft einen Utility-Token, der Zugang zu einer Ware oder Dienstleistung bietet, die bereits besteht oder bereits erbracht wird;

-    der Inhaber des Kryptowerts ist berechtigt, diesen Kryptowert nur für den Tausch gegen Waren und Dienstleistungen in einem begrenzten Netz von Händlern mit vertraglichen Vereinbarungen mit dem Anbieter zu nutzen.


Gemäß Art. 4 Abs. 4 MiCAR gilt eine Rückausnahme für die eben genannten Fälle, wenn die Kryptowerte zum Handel an einer Handelsplattform für Kryptowerte zugelassen werden oder der Anbieter die Absicht bekundet, eine Handelszulassung zu beantragen. Zu beachten ist auch, dass für ART und EMT Emittenten keine solche Ausnahmen bestehen.

Haftung bei Whitepapern

Die MiCAR sieht schließlich in Art. 15 eigene Haftungsregelungen für Fehler bei der Umsetzung der Whitepaper-Pflichten vor. Demnach sind verpflichtete Akteure für unvollständige, unredliche, unverständliche oder irreführende Informationen gegenüber dem Inhaber des Kryptowerts für aufgrund dieses Verstoßes erlittene Schäden haftbar. Dies lässt sich auch nicht vertraglich ausschließen. Werden das Kryptowerte-Whitepaper und die Marketingmitteilungen vom Betreiber einer Handelsplattform erstellt, so ist die Person, die die Zulassung zum Handel beantragt, auch verantwortlich, wenn sie dem Betreiber der Handelsplattform solche fehlerhaften Informationen zur Verfügung stellt. Unklar ist, ob die Whitepaper-Haftung gemäß MiCAR verschuldensunabhängig ist oder nicht – viele Literaturstimmen halten ein Verschulden für erforderlich.

Die Beweispflicht liegt beim Inhaber des Kryptowerts. Beruht der Schaden auf einer Whitepaper-Zusammenfassung, dann haften die Akteure nur, wenn sie im Zusammenspiel mit den anderen Teilen des Kryptowerte-Whitepapers irreführend, unrichtig oder widersprüchlich ist oder in diesem Zusammenspiel nicht die wesentlichen Informationen, die potenziellen Inhabern des Kryptowerts bei der Entscheidung über den Kauf solcher Kryptowerte helfen sollen.


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