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Der Begriff von Mogelpackungen dürfte weitläufig bekannt sein. Er wird verwendet, wenn eine Verpackung den Eindruck erweckt mehr oder qualitativ hochwertigeren Inhalt zu haben, als es tatsächlich der Fall ist. Vor allem wettbewerbsrechtlich haben Mogelpackungen eine hohe Relevanz. Dies ist Wettbewerbs- und Verbraucherschutzverbänden ein Dorn im Auge. So hatte die Verbraucherzentrale Hamburg sogar dazu aufgerufen, die Mogelpackung des Jahres zu wählen. Doch das, was Verbraucher verärgert oder enttäuscht, kann für Unternehmen rechtliche Konsequenzen haben: Neben Unterlassungsklagen und einstweiligen Verfügungen drohen Abmahnungen. Irreführung von Verbrauchern vs Marketingcoup - wir haben für Sie einige wichtige Entscheidungen zu diesem Thema zusammengetragen:
Mogelpackungen müssen sich immer wieder vor Gericht verantworten, wie jüngst ein Fall beim Landgericht Hamburg zeigt. In seinem Urteil vom 13. Februar 2024 (Az.: 406 HKO 121/22) stellte das Gericht fest, dass bei plötzlicher Reduktion der Füllmenge bei ansonsten unverändertem Aussehen der Verpackung eine Mogelpackung vorliegt.
Der Margarinen Hersteller Sanella hat die Füllmenge ihres Produkts von 500g auf 400g reduziert. Die Verpackung wurde lediglich hinsichtlich der Angabe der Füllmenge korrigiert, die nun zutreffend 400g ausweist. Ansonsten blieb das Design unverändert.
Dies sah die Verbraucherzentrale Hamburg als irreführende Mogelpackung an und beanstandete das Vorgehen des Herstellers vor Gericht.
Als Grund wurde in erster Linie angeführt, dass der durchschnittliche Verbraucher aufgrund des unveränderten Designs davon ausgehen würde, wie gewohnt 500g Margarine und nicht die reduzierte Menge von 400g zu erwerben.
Mogelpackungen können, wie das LG in seinem Urteil nun bestätigte, dann gegeben sein, wenn bei Änderung der Füllmenge das Design und die Größe der alten Verpackung gleichbleiben.
Überraschend ist dabei, dass es nicht darauf ankommt, ob die Verpackung den Eindruck vermittelt, mehr Inhalt zu enthalten als tatsächlich der Fall ist. Es kommt darauf an, ob der Verbraucher vorher eine andere Füllmenge gewöhnt war.
Um nun den Verbrauchern ausreichend Möglichkeiten zu geben, um trotz ihrer Verbrauchergewohnheiten auf eine solche Umstellung zu reagieren, hält das LG Hamburg einen Zeitraum von 3 Monaten für angemessen, in dem das Produkt nicht in neuer Füllmenge in altem Design vertrieben werden dürfe, wenn das Produkt weiter bei gleichbleibendem Design vertrieben werden solle:
Die Beklagte wird verurteilt, es (…) zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr das Streichfett „Sanella“ mit 400 g Inhalt (…) in den Verkehr zu bringen, wenn dieses erst vor kurzem, nämlich bis zu 3 Monaten zuvor, in einer gleich großen Umverpackung mit 500 g in den Verkehr gebracht wurde (…)
Oft wird von Herstellern und Vertreibern argumentiert, dass die Mengenangabe korrekt und wahrnehmbar für den Verbraucher auf dem Produkt platziert sind. Doch das stünde der Irreführung des Verbrauchers nicht entgegen, so das Gericht. Denn bei der Beurteilung, ob eine Irreführung durch eine Mogelpackung vorliegt, kommt es nicht zwingend darauf an, dass der Verbraucher die zutreffende Mengenangabe der Verpackung entnehmen konnte. Denn der Verbraucher würde diese Information regelmäßig gar nicht wahrnehmen.
Das LG Hamburg äußerte hierzu:
Die auf der Produktseite angegebene Füllmenge wird dem situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittverbraucher vielfach entgehen.
Dabei versucht das Gericht lebensnah auszulegen und geht davon aus, dass ein Verbraucher regelmäßig auf Grund eines übereinstimmenden Erscheinungsbildes der Verpackungen davon ausgehe die gewohnte Füllmenge zu erhalten und die tatsächliche Füllmenge erst im Nachhinein bemerkt.
Mogelpackungen stellen rechtlich eine große Problematik dar.
An der Margarinen-Entscheidung des LG Hamburgs wird bereits große Kritik laut, denn ihre Entscheidung schränkt die Designfreiheit von Unternehmen stark ein. Diese Entscheidung würde nämlich zwangsläufig bedeuten, dass bei einer Veränderung der Füllmenge ein neues Design entwickelt werden, oder ein Vertreiber ein Vertriebsstopp von mindestens 3 Monaten einlegen müsste.
Das Hauptargument, dass Verbraucher nicht auf die Grammzahl achten, lässt sich unterschiedlich interpretieren: Einerseits greift der Verbraucher aus Gewohnheit zum gleichen Produkt und wird daher in die Irre geführt. Andererseits könnte man auch argumentieren, dass es dem Verbraucher nicht auf die Grammzahl ankommt.
Da die Entscheidung nicht rechtskräftig ist, bleibt die Entwicklung der Rechtsprechung zu Mogelpackungen abzuwarten.
Auch in der Schönheitsindustrie sind Mogelpackungen weit verbreitet. Besonders bei Cremes erleben Verbraucher oft eine Enttäuschung, da die Verpackung häufig größer ist als der tatsächliche Produktinhalt. Der BGH hat in seinem Urteil vom 11.10.2017 (I ZR 78/16, Tz. 28) über einen Fall entschieden, bei dem die Verpackung fast doppelt so groß war wie der Tiegel mit dem Produkt selbst. Die Erhöhung innerhalb der Umverpackung, auf der die Creme stand, hatte zu der Größe des darin enthaltenen Tiegels ein Verhältnis von 3cm zu 4cm. Der Hohlraum machte fast 43 % des Volumens der Gesamtverpackung aus.
Zwar weiß ein verständiger und durchschnittlich informierter Verbraucher, dass die Verpackung größer sein wird als der Tiegel, da auch zu Transportzwecken Hohlräume vorhanden sein müssen. Jedoch darf er dabei ausgehen, dass die Verpackung jedenfalls in einem angemessenen Verhältnis zur Größe des in ihr enthaltenen Creme-Tiegels steht.
Bei einer Verpackung, in der Hohlräume fast die Hälfte der Größe ausmacht, ist der Verbraucher in der Vorstellung, dass die äußere Umverpackung einen Tiegel enthält, der, von technisch bedingten Hohlräumen abgesehen, annähernd auch der Größe der Umverpackung entspricht, enttäuscht und in die Irre geführt.
Auch der Fakt, dass die Angabe der Füllmenge korrekt auf dem Produkt zu verzeichnen ist ändert an der Wettbewerbswidrigkeit nichts. Denn die Angabe der Füllmenge lässt keine Rückschlüsse auf die Größe des Tiegels zu.
Auch die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs ging gegen Mogelpackungen vor. Adressat war der Frischkäsehersteller von Rondelé, und das gleich zwei mal. Der Frischkäse wird in einer durch Einbuchtungen verkleinerten und sich verjüngendem Plastikbecher in einer Umverpackung aus Pappe, die ein fast doppelt so großes Volumen befindet, vertrieben. Hierin läge laut Verbraucherschutz eine wettbewerbswidrige Irreführung von Verbrauchern vor.
Der Hersteller musste sich bereits in der Vergangenheit vor Gericht verantworten.
Damals wurde gerügt, dass der Verbraucher keinerlei Möglichkeiten habe, das wahre Innere des Käses abzuschätzen. Ein situationsadäquat aufmerksamer Verbraucher werde getäuscht.
Als Reaktion fügte der Hersteller ein Fenster in die Umverpackung ein, durch das der Verbraucher den Inhalt erkennen könne. Doch das reichte der Zentrale nicht aus. Daraufhin wurde dem Hersteller eine Umstellungsfrist von 3 Monaten eingeräumt, um seine Verpackung wettbewerbsrechtskonform zu gestalten.
Das Wettbewerbsrecht ist mit seinen vielschichtigen Regelungen und Anforderungen eine komplexe Materie. Oft steckt der Teufel im Detail und entscheidet, ob Hersteller und Händler sich im Bereich des erlaubten Marketings bewegen oder es sich um wettbewerbsrechtliche Verstöße handelt, die zu Unterlassungsklagen und Abmahnungen führen können.
Bei Vorwürfen von Täuschung von Verbrauchern ist Feingeschick gefragt. Hierbei kommt es auf eine gute Vertretung und Argumentation vor Gericht an, denn wann eine Irreführung von Verbrauchern vorliegt, muss im Einzelfall entschieden werden.
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