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Nahrungsergänzungsmittel: Abmahnung bei Health Claims


Irreführende Werbung im Lebensmittelbereich führt zur Abmahnung

Bei der Werbung von Lebensmitteln ist Vorsicht geboten! Verstößt man gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften, zieht das schnell eine Abmahnung und einen Unterlassungsanspruch nach sich. Die Wettbewerbszentrale, Abmahnverbände und Wettbewerber nehmen genau unter die Lupe, welche Angaben in der Werbung nach geltendem Recht zulässig sind und welche als wettbewerbswidrig gelten könnten. Wir klären auf, wann von einem Wettbewerbsverstoß die Rede ist und wie Sie am besten darauf reagieren sollten.


Gesundheitswerbung in Form von Heilaussagen und gesundheitsbezogenen Angaben  

Um nicht in die Irre geführt zu werden, sind Gesundheitsversprechen in der Werbung nur im strengen Maße zugelassen. So müssen Anbieter  nach der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) Informationspflichten hinsichtlich Nähwertangaben, Zutaten etc. erfüllen. Gesundheitsbezogene Angaben hingegen unterliegen der Health-Claims-Verordnung (HCVO), welche von Online-Händlern sowie Herstellern, die Lebens- und Nahrungsergänzungsmittel in den Verkehr bringen, kennzeichnen oder bewerben, eingehalten werden muss. Gesundheitsbezogene Angaben nach Artikel 2 Absatz 2 Nummer 5 der HCVO sind Angaben, die dem Verbraucher erklären, suggerieren oder auch nur mittelbar zum Ausdruck bringen, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile auf der einen Seite und der Gesundheit auf der anderen Seite existiert. Mit den „Health Claims“ wird die gesundheitsfördernde Wirkung des Lebensmittels beworben.
Nährwertbezogene Angaben fallen ebenso unter die HCVO. Dies sind Aussagen, die in der Werbung und auf Lebensmittelverpackungen zu finden sind und darauf abzielen, die Wertigkeit eines Lebensmittels in der Ernährung zu erhöhen. Nach Artikel 10 Absatz 1 HCVO sind Gesundheitsbezogene Angaben grundsätzlich untersagt, außer sie sind ausdrücklich nach der HCVO zugelassen. Wirbt man mit gesundheits- und nährwertbezogenen Angaben für Lebensmittel, so ist dies nur möglich, wenn diese Angaben zuvor in einem wissenschaftliche Verfahren durch die Europäische Behörde für Lebensmittelrecht (EFSA) nachgewiesen und in eine Zulassungsliste aufgenommen wurden. Man spricht von einem sogenannten Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt. Im Anhang der HCVO kann man eine Liste für die zulässigen nährwertbezogenen Angaben einsehen. 
Neben den gesundheitsbezogenen Angaben finden sich aber auch verstärkt Heilaussagen in Form von krankheitsbezogenen Aussagen in der Werbung. Diese suggerieren dem Verbraucher direkt oder indirekt, dass das beworbene Lebensmittel die Fähigkeit besäße, eine bestimmte Krankheit zu lindern, zu beseitigen oder gar zu verhüten. Das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) untersagt gemäß § 12 LFGB ausdrücklich mit krankheitsbezogenen Aussagen zu werben. Im LFGB finden sich Regelungen, die es zudem verbieten, mit Aussagen zu werben, welche nach § 11 LFGB nicht dem derzeitigen Stand der Wissenschaft entsprechen und daher wissenschaftlich nicht hinreichend fundiert sind. 

Wann ist von einem Wettbewerbsverstoß die Rede?

Werden Angaben zu einer bestimmten gesundheitsfördernden Wirkung getätigt, die wissenschaftlich nicht ausreichend fundiert ist, stellt dies einen Verstoß gegen Artikel 10 Absatz 1 Health-Claims-Verordnung dar. Solch ein Verstoß gegen die oben genannten Voraussetzungen, führt nicht nur zur Unzulässigkeit der Angabe, sondern wird auch als Wettbewerbsverstoß gewertet. Die Regelungen der Verordnung sollen nämlich Marktverhalten steuern (Marktverhaltensregelung) und den Schutz von Verbrauchern garantieren. Daher kann nach § 3 Absatz I, Buchstabe  a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) abgemahnt werden.
Ein Verstoß gegen das Werbungsverbot aus 12 LFGB stellt ebenfalls ein Wettbewerbsverstoß dar, da es sich um eine Marktverhaltensregel nach § 4 Nummer 11 UWG handelt.

Welche Abmahngründe gibt es?

Nicht immer wird eine Aussage als wettbewerbswidrig eingestuft. So wie im „Schutzengel-Schokolade“ Urteil des Landgericht Wuppertal vom 18.03.2008 (Az. 14 O 10/08), wo entschieden wurde, dass es sich bei dem Text des Verpackungsaufdrucks um eine witzige Verpackungspräsentation handle und vom Verbraucher nicht als krankheitsbezogene Aussage ernstgenommen werde. Diese Einstufung ist jedoch eine Seltenheit. So werden immer wieder überspitzte und nicht ernstgemeinte Aussagen als irreführend und Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften verstanden. Man sollte daher sicherheitshalber bei der Werbung auf die geprüften Aussagen des Herstellers zurückgreifen und davon ablassen, Aussagen Dritter zu verwenden, da auch hierfür eine wettbewerbsrechtliche Haftung möglich ist. Es existieren eine Vielzahl von Abmahngründen, jedoch werden einige besonders häufig ins Auge gefasst. Diese zählen wir im folgenden auf:

„bekömmlich“

Häufig werden Lebensmittel mit der gesundheitsbezogenen Angabe „bekömmlich“ beworben. Damit soll ausgedrückt werden, dass ein Lebensmittel besonders wohltuend sei und im Verdauungssystem gut aufgenommen werde. Diesen Anforderungen werden die Lebensmittel aber oft nicht gerecht. Gerade im Bereich Alkohol, wo der Begriff „bekömmlich“ oftmals fällt, ist das Verwenden von gesundheitsbezogenen Angaben nach Artikel 4 Absatz 3 HCVO grundsätzlich untersagt und als wettbewerbswidrig einzustufen. So wurde die Bezeichnung „bekömmlich“ beispielsweise für Likör (LG Essen, Beschluss vom 15.03.2019, Az.: 43 O 16/19), Wein  (EuGH, Urteil vom 6. 9. 2012 – C-544/10 – Deutsches Weintor eG/Land Rheinland-Pfalz) und Bier (BGH, Urteil vom 17.05.2018, Az.: I ZR 252/16) als wettbewerbswidrig bezeichnet. Die gerichtlichen Entscheidungen behandelten aber nicht nur Alkohol. So wurde auch Bio Kaffe als „bekömmlich“ beworben (OLG München, Beschluss vom 11.02. 2020, Az.: 29 W 1562/19), was ebenfalls als wettbewerbswidrig eingestuft wurde.

„Cholesterinfrei“

„Cholesterinfrei“ ist ein Begriff, der gerne in der Werbung verwendet wird und in der Sache eine zutreffende Eigenschaft eines Lebensmittels ist. Der Begriff ist nach Artikel 8 Absatz 1 HCVO allerdings nur zulässig, wenn die nährwertbezogene Angabe ausdrücklich im Anhang zur HVCO genannt wird. Dies ist nicht der Fall, weshalb der Abmahnende einen Ungerlassungsanspruch geltend machen kann. Besonders der Abmahner Verband sozialer Wettbewerb e.V. aus Berlin konzentriert sich derzeit auf den Begriff „cholesterinfrei“.

„Botanicals“

Die Anpreisung eines Gesundheitsversprechens mithilfe von „Botanicals“ ist fragwürdig.  Bisher stehen die Entscheidungen der Europäischen Kommission über einige beantragte gesundheitsbezogene Angaben zu „Botanicals“ noch aus, weshalb Übergangsrecht angewendet wird, wenn die Richtigkeit wissenschaftlich nachgewiesen werden kann. Da die wissenschaftlichen Nachweise bezüglich der „Botanicals“ oftmals nicht ausreichen, sind sie immer häufiger Gegenstand von Abmahnungen, wie es beispielsweise bei einem Kinderwunschtee der Fall war (OLG Köln, Urteil vom 21.06.2019, Az. 6 U 181/18) . 

„Beauty Claims“

„Beauty Claims“ versprechen positive Auswirkungen auf das Erscheinungsbild. Um bei Nahrungsergänzungsmitteln mit „Beauty Claims“ werben zu können, ist zunächst zu fragen, ob es sich um gesundheitsbezogene Angaben nach der HCVO handelt. Dann müssen diese in der HCVO aufgelistet sein, da die Health Claims ansonsten wettbewerbswidrig sind. Sind sie nicht als gesundheitsbezogene Angaben zu titulieren, müssen sie wissenschaftlich fundiert sein, was sich häufig als schwierig gestaltet. Dabei lässt sich festhalten, dass »Beauty Claims", die die Hautfunktionen betreffen gesundheitsbezogene Angaben (OLG Bamberg, Hinweisbeschluss vom 05.09.2018, Az.: 3 U 99/18) sind und „Beauty Claims“, die nur aus das äußere Erscheinungsbild abzielen nicht unter die Health-Claims-Verordnung gefasst werden.

„Low Carb“

Immer häufiger wird der Begriff „Low Carb“ abgemahnt. Diese Angabe weist nämlich auf eine geringe Menge an Kohlenhydraten hin, weshalb es sich nach überwiegender Ansicht; um eine nähwertbezogene Angabe handle. Diese dürfen jedoch nur getroffen werden, wenn sie im Anhang der Health-Claim-Verordnung aufgelistet sind. Einer anderen Ansicht folgend, handle es sich bei „Low Carb“ hingegen nicht um eine nähwertbezogene Angabe nach der HCVO, da ein Lebensmittel bloß im Wege eines allgemeinen Ernährungstrends beworben werde. Nach überwiegender Auffassung wird der Begriff „Low Carb“ allerdings als wettbewerbswidrig eingestuft (OLG Stuttgart, Urteil vom 12.12.2019, Az.: 2 U 23/19 oder Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Beschluss vom 24.04.2014, Az.: 3 W 27/14). Auch Angaben zur Gewichtsreduzierung dürfen nur getroffen werden, wenn sie zugelassen und in der Liste der HCVO zu finden sind.

Wie geht man bei einer Abmahnung vor und wann sollte man einen Anwalt hinzuziehen?

Wird man abgemahnt, kommt schnell die Frage auf, wie man sich am besten zu verhalten hat? Dabei gilt grundsätzlich, dass man trotz der kurzen Frist den Abmahnenden vorerst nicht kontaktieren sollte. Alles was man von sich gibt, kann in einen Prozess gegen einen verwendet werden. Das heißt jedoch nicht, dass die Abmahnung vollkommen ignoriert werden sollte. Dies könnte wohlmöglich zu einem einstweiligen Verfügungsverfahren führen und würde hohe Gerichts- und Anwaltskosten nach sich ziehen. Man sollte auch davon absehen, die beigefügte Unterlassungserklärung in der vorgegebenen Form zu unterschreiben, weil diese häufig zu umfangreich formuliert ist. Unterzeichnet man sie dennoch, können bereits kleinste Fehler in der Formulierung eine Verletzung gegen die unterschriebene Unterlassungserklärung und folglich hohe Vertragsstrafen bedeuten, was sich existenzbedrohend für die Unternehmer auswirken kann. Bevor Sie versucht sind die Zahlungsansprüche zu erfüllen, sollten Sie diese unbedingt von einem Rechtsanwalt für Wettbewerbsrecht evaluieren lassen. Die Streitwerte sind meistens dann sehr hoch, wenn die Abmahnenden anwaltlich vertreten sind. Durch einen Vergleich können grundsätzlich die verlangten Kosten reduziert werden.


SBS LEGAL - Kanzlei für Wettbewerbsrecht

Befürchten Sie gegen rechtliche Vorschriften verstoßen zu haben, was eine baldige Abmahnung zur Folge haben könnte? Wollen Sie gegen eine Abmahnung vorgehen oder selbst erheben? Gedenken Sie eine einstweilige Verfügung zu erwirken oder eine wettbewerbsrechtliche Prüfung Ihrer Website durchführen zu lassen? Dann Sie bei SBS LEGAL genau richtig! Unser Rechtsanwälte im Wettbewerbsrecht besitzen jahrelange Erfahrung im Umgang mit Abmahnungen. Unser Team berät Sie fachlich kompetent in allen Belangen des Wettbewerbsrechts und auch darüber hinaus. Dies umfasst die Prüfung, ob die wettbewerbsrechtliche Mahnung fundiert und tatsächlich ein Verstoß gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften vorliegt. Zusätzlich beraten wir Sie bei der Durchsetzung und Abwehr von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen und vertreten Sie im einstweiligen Verfügungsverfahren oder anderen wettbewerbsrechtlichen Gerichtsverfahren.

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