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| Lebensmittelrecht, Wettbewerbsrecht

Neue EU-Öko-Verordnung statt 2021 erst ab 2022


Coronabedingt ein Jahr später: Veränderte Regeln für Herkunftsangaben, Tierhaltung & Co. bei Bio-Produkten.

„Bio“ bzw. „Öko“ ist jedem Verbraucher ein Begriff. Lebensmittel und Produkte, die diese Bezeichnung tragen, erfüllen höchste Standards. Die erste Öko-Verordnung in Europa gab es bereits 1993. 2007 bis 2008 wurde sie einmal groß überarbeitet, seitdem gilt  die EU-Öko-Verordnung 834/2007 (ergänzt durch zwei Durchführungsverordnungen – zu Produktion, Kennzeichnung und Kontrolle und zu Regelung der Einfuhren aus Drittländern). 2014 wurde wieder eine neue Verordnung angestoßen, die eigentlich ab 2021 gelten sollte.

Dann aber kam Corona. Die Prozesse verlangsamten sich, noch immer sind viele Detailfragen der geplanten Neuregelungen ungeklärt. Deswegen forderten viele Politiker, Branchenexperten und Ökoverbände eine Verschiebung. Denn die Betriebe müssen sich auch rechtzeitig auf die Veränderungen einstellen können.  So wurde die neue Öko-Verordnung auf Vorschlag des EU-Agrarkommissars Janusz Wojciechowski tatsächlich verschoben – und ist nun nicht wie geplant schon ab dem 01. Januar 2021 anzuwenden, sondern erst exakt ein Jahr darauf.

Was ändert sich – also jetzt ab 2022 – für ökologisch wirtschaftende Betriebe, Verarbeitungs- und Handelsunternehmen? Die wichtigsten Passagen der neuen „EU-Verordnung Nr. 2018/848 über die ökologische/biologische Produktion und die Kennzeichnung von ökol./biol. Erzeugnissen sowie zur Aufhebung der VO Nr. 834/2007“ im Überblick:


Geltungsbereich: Welche Produkte können „Bio“ sein?

Bisher konnten nur lebende und unverarbeitete Erzeugnisse, Saatgut, Pflanzenvermehrungsmaterial, verarbeitete Lebens- und Futtermittel sowie Produkte aus Aquakultur und Imkerei die Bezeichnung „Bio“ tragen. Mit der neuen Verordnung kommen nun auch landwirtschaftsnahe Produkte dazu: Bienenwachs, Baumwolle, Wolle, Mate, Salz und Häute (u.a.) können demnächst offiziell Bio-Qualität haben.

Wilde Tiere, die gejagt oder gefischt worden sind, gelten hingegen weiterhin nicht als ökologische Erzeugnisse. Ist Wildfleisch oder Wildfisch als Hauptzutat zu einem Produkt verarbeitet, kann dieses Produkt nur dann „Bio“ sein, wenn es eine andere Zutat enthält, die aus ökologischer Produktion stammt.


Zusatzstoffe: Bio oder nicht Bio?

Bezüglich Babynahrung hat es bislang Rechtsunsicherheiten gegeben. Kann sie auch dann als biologisch deklariert werden, wenn sie mit Zusätzen wie Mineralstoffen, Vitaminen, Mikronährstoffen und Aminosäuren angereichert ist? Ja, besagt die neue Verordnung.

Absichtlich hergestelltes Nanomaterial hingegen darf in keinen Zutaten und Stoffen enthalten sein, die als biologisch deklariert werden – weder bei Babynahrung noch bei anderen Produkten.


Herkunftsangaben: Wann ist ein Produkt biologisch und regional?

Dass ein Produkt zu mindestens 95% aus Bio-Produkten bestehen muss, um biologisch zu sein, bleibt.

Was gelockert wird, sind die Vorgaben zu regionalen Herkunftsangaben: Statt wie bisher 98%, reichen künftig auch nur noch 95% regionale Zutaten, damit ein Produkt als regional gilt.


Bio-Tiere: Futter, Auslauf, Zukauf

Bio-Tiere sollen mehr regionales Futter erhalten – und zwar solches aus dem eigenen Betrieb oder alternativ aus einer regionalen Kooperation: Pflanzenfresser ab 2023 mind. 70%, Schweine und Geflügel ab 2021 30%. Für Jungtiere soll diese Regelung erst ab 2025 gelten. Bis dahin können Bio-Bauern ihre Ferkel und Küken noch mit konventionellem Eiweiß füttern.

Und nicht nur regional soll das Futter sein, sondern auch zu 100% Bio. Bei den meisten Wiederkäuern ist das schon der Fall, nun soll es auch bei Schweinen und Geflügel verpflichtend sein. Umstellungsware (pflanzliche Produkte, die sich noch in der Umstellung auf ökologischen Landbau befinden) darf dabei maximal 25% betragen. Einzige Ausnahme, bei der bis zu 5% konventionelle Zufütterung erlaubt bleibt: Jungtiere.

Weitere Änderungen gibt es zu Ställen und Ausläufen. Volieren von Bio-Legehennen dürfen (anstatt drei) nur noch zwei Etagen über dem Boden liegen. Zudem werden ihre Wintergärten/Veranden nicht mehr als Stallfläche angerechnet oder als Ersatz zu einem Auslauf anerkannt.

Für den Zukauf von Tieren soll es eine Datenbank geben, in der man sehen kann, ob Tiere aus Bio-Aufzucht verfügbar sind. Ab 2035 darf ein Bio-Bauer nämlich nur Tiere zukaufen, die biologisch aufgezogen worden sind.


Bio-Pflanzen: Saatgut und Boden

Das Gleiche, was für den Zukauf von Tieren gilt, soll auch bei Bio-Pflanzen angewendet werden: Bis voraussichtlich Ende 2035 können Bio-Landwirte und -Gärtner noch konventionelles Saatgut verwenden. Danach dürfen sie nur noch biologisches Saatgut kaufen – auffindbar über die Datenbank organicxseeds.com, die noch ausgebaut wird.

Zudem müssen Bio-Pflanzen sowohl im Freiland als auch im Gewächshaus auf sogenanntem gewachsenem Boden gedeihen. D.h. auf unberührtem, „echten“ Boden, der durch natürliche Vorgänge wie Verwitterung und Ablagerungen entstanden ist. Davon ausgenommen sind Jungpflanzen, Kräuter und Zierpflanzen in Töpfen.


Importe aus Drittländern

Lange ungeklärt war, wie mit Importen aus Drittländern umgegangen werden soll, also mit Produkten, die ein Land außerhalb Europas als „Bio“ kennzeichnet. Nun scheint es dazu folgende Regelung zu geben: Drittländerimports sollen nur dann zulässig sein, wenn ein entsprechendes Handelsabkommen mit der EU besteht oder wenn in dem Drittland die gleichen Vorgaben eingehalten werden, die auch in der EU für Bio-/Öko-Produkte gelten. Dabei seien allerdings besondere klimatische Bedingungen und die Tradition des Herkunftslandes zu berücksichtigen.

Bis 2026 gibt es auch noch eine Liste mit „gleichwertigen“ Drittländern. Ware aus solchen gelisteten Ländern benötigt bei ihrem Import aber weiterhin eine Kontrollbescheinigung.


Kontrollen und Vorsorgen

Um Kontaminationsrisiken zu verringern, gibt es Pflichten dazu, wie bspw. mit Verdachtsfällen umzugehen ist. Um für einen fairen Wettbewerb, Vertrauen der Verbraucher und Produktsicherheit zu sorgen, gelten diese Pflichten nun für alle Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Bisher waren verarbeitenden Unternehmen nämlich davon ausgenommen. In diesem Rahmen müssen sie sich künftig auch an die Pflichten zur Verwendung und Zulassung von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln halten. Diesbezüglich wird zudem die bisherige Negativliste von verbotenen Produkten 2021 mit einer Positivliste ersetzt: Dann darf bei der Herstellung ökologischer Lebenstmittel nur noch mit Produkten von dieser Liste gereinigt und desinifiziert werden.

Bei der Kontrolle von Unternehmen, die Bio-Produkte herstellen, importieren oder handeln, galt bislang ein Kontrollrhythmus von 12 Monaten. Dieser wird auf 24 Monate verdoppelt – zumindest solange der jeweilige Betrieb nicht als risikoreich gilt und bei den letzten drei Kontrollen keine Verstöße festgestellt worden sind.

Kleinere Einzelhandelsgeschäfte sollen dahingehend ein wenig befreit werden können. Damit das Kontrollverfahren für sie einfacher und günstiger ist, müssen sie keine Mitteilungs- und Zertifizierungspflichten erfüllen. Es gelten bestimmte jährliche Umsatz- und Mengengrenzen: Von der Kontrollpflicht ausgenommen ist, wer nur bis zu 5.000kg im Jahr verkauft, nur bis zu 20.000€ Umsatz mit unverpackten Bio-Lebensmitteln hat oder bei wem mögliche Zertifizierungskosten mehr als 2% des Gesamtumsatzes mit unverpackten Bio-Lebensmitteln betragen würden.


SBS Legal – Kanzlei für Lebensmittelrecht und Wettbewerbsrecht in Hamburg

Wie die neue EU-Öko-Verordnung zeigt, muss man sich stetig an veränderte Regelungen anpassen, um die jeweiligen gesetzlichen Standards für Lebensmittel einzuhalten – wie die hier vorgestellten Maßgaben der EU-Verordnung, damit man sein Produkt als „Bio“-Produkt bezeichnen kann. Die rechtskonforme Umsetzung eines Produkts bedarf dabei einer umfassenden juristischen Betreuung. 

Als Kanzlei für Lebensmittelrecht begleiten wir Sie anwaltlich von der Idee, über die Entwicklung bis hin zur Kennzeichnung und Bewerbung Ihres Produkts. Seit vielen Jahren schon beraten wir Unternehmen innerhalb und außerhalb der EU – beim Anmelden einer Marke, der Einführung eines Produkts auf den Markt. Dabei greift unser Team aus kompetenten Rechtsanwälten auf ausgewiesene Expertise in diesem Rechtsgebiet zurück.

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