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| Wettbewerbsrecht

Neue UWG-Reform führt zu praxisrelevanten Änderungen


Neue Struktur der Irreführungstatbestände und eigener Schadensersatzanspruch für Verbraucher

Nachdem 2021 eine Änderung des Gestzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) beschlossen wurde, trat die Reform zum 28.06.2022 in Kraft. Dadurch wurden der sogenannte Irreführungsbereich neu strukturiert und Rechtsunsicherheiten der Unternehmen in Bezug auf das Influencer Marketing beseitigt. Zudem wurden neue besonders praxisrelevante Hinweis- und Informationspflichten für den Online-Handel, "schwarze Klauseln" (Black List), Bußgeldtatbestände für "weitverbreitete" Verstöße und ein eigener Schadensersatzanspruch für Verbraucher eingeführt. Die Struktur des UWG wurde dabei grundsätzlich beibehalten und im Wesentlichen nur der Irreführungsbereich der §§ 5, 5a und 5b der neuen Fassung des UWG strukturell verändert. 


Reform führt zu neuem Verbot der Irreführung durch Dual Quality

Unter "Dual Quality" versteht man eine medial viel diskutierte Vermarktungsstrategie mancher Unternehmen. Dabei werden äußerlich identische Waren, die allerdings eine unterschiedliche Qualität, Zusammensetzung oder Inhalt aufweisen, in verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten vertrieben. Von diesem unionsrechtlichen Problem sind vor allem Lebensmittel und sonstige Konsumgüter wie Unterhaltungselektronik betroffen. Der neue eigenständige Irreführungstatbestand des § 5 Abs. 3 Nr. 2 UWG betrifft in erster Linie die Hersteller, obwohl eine Anwendung auf Händler zumindest nach dem Wortlaut nicht direkt ausgeschlossen ist. Die irreführende Werbung besteht in der Vermarktung einer Ware als "identisch" mit einer in einem anderen Mitgliedsstaat bereitgestellten Ware trotz wesentlicher Unterschiede. Das Anbieten ungleicher Produkte unter einer identischen Marke ist allerdings grundsätzlich weiterhin erlaubt. Wann Produkte als "identisch" vermarktet werden, ist in der neuen Fassung des UWG nicht ausdrücklich geregelt. Maßgeblich wird verrmutlich in erster Linie die Aufmachung beziehungsweise Etikettierung der Ware sein, wobei die Grenze der Beurteilung nur schwer vorhersehbar ist. Es handelt sich nicht um eine unlautere Irreführung, wenn die jeweiligen Abweichungen durch objektive und legitime Faktoren wie gesetzliche Vorgaben oder sogar unterschiedliche Verbraucherpräferenzen gerechtfertigt sind. 


UWG-Änderung erfüllt gesetzlichen Klärungsbedarf beim Influencer Marketing

Reform regelt Kennzeichnungspflicht bei fremdnütziger Influencer-Werbung

Nachdem die Werbung mit Influencern stetig an Bedeutung gewinnt und es im Zusammenhang damit zu divergierenden Entscheidungen durch deutsche Gerichte kam, entstand die Forderung einer gesetzlichen Klärung. Durch die Reform des § 5a Abs. 4 UWG wurde nun eine neue Kennzeichnungspflicht für fremdnützige Werbung eingeführt, die einen sicheren Rechtsrahmen für Unternehmen und Influencer bietet. Es bleibt allerdings weiterhin ungeklärt, wann es zu einer Kennzeichnungspflicht für eigennützige geschäftliche Handlungen kommt. Nach Satz 2 ist nur dann von einem kommerziellen Zweck auszugehen, wenn der Influencer für die Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens ein Entgelt oder eine sonstige Gegenleistung erhält. Der Begriff der Gegenleistung ist dabei weit auszulegen, sodass auch das Zurverfügungstellen von Testprodukten, Kostenübernahmen oder der Bezahlung einer Pressereise als Gegenleistung gelten. Das Vorliegen der Gegenleistung wird gemäß Satz 3 grundsätzlich vermutet, sodass sich der Influencer im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung selbst entlasten muss. Für den Beweis sind allerdings bereits Quittungen über den Kauf des erwähnten Produkts oder eine eidesstattliche Versicherung ausreichend. Der Umgang mit Produktempfehlungen ohne Gegenleistungen bleibt zunächst ungeklärt. 

Kennzeichnungspflicht bei eigennütziger Werbung?

Zwar sind Fälle, in denen Influencer eigennützig und dementsprechend ohne Gegenleistung handeln, nicht von Satz 2 erfasst, diese Werbung ist aber dennoch kennzeichnungspflichtig. Diese Kennzeichnungspflicht folgt nicht aus § 5a Abs. 4 S. 2 UWG, sondern beurteilt sich stattdessen nach der Definition des geschäftlichen Handelns aus § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG und nach § 5 Abs. 4 S. 1 UWG. Demnach ist maßgeblich, ob der kommerzielle Zweck unmittelbar erkennbar ist. Sollte dies nicht der Fall sein, muss der Beitrag gesondert gekennzeichnet werden. 


UWG-Reform begründet neue Informationspflichten für Unternehmen

Um den Verbraucherschutz an die veränderten Anforderungen der neuen Medien anzupassen und Online-Marktplätze transparenter zu gestalten, begründete der Gesetzgeber mit dem neuen § 5b UWG verschiedene praxisrelevante Informationspflichten für Unternehmen. Werden diese nicht erfüllt, verstoßen die Verantwortlichen gegen das Lauterkeitsrecht. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG ist ein Online-Marktplatz ein Dienst, der es Verbrauchern ermöglicht, durch die Verwendung einer Software des Unternehmens - wie einer Website - Fernabsatzverträge mit anderen Unternehmen oder Verbrauchern zu schließen.

Änderung des UWG führt zur Offenlegungspflicht der Unternehmereigenschaft

Eine dieser Informationspflichten befindet sich in Absatz 1 Nummer 6 des reformierten UWG. Demnach sind Anbieter auf Online-Marktplätzen dazu verpflichtet, ihre Unternehmereigenschaft offenzulegen, indem sie Informationen darüber bereitstellen, ob der Verkauf als Unternehmer im Rechtssinn erfolgt. 

Auch Suchfunktionen unterliegen neuen Informationspflichten

Der reformierte § 5 Abs. 2 UWG begründet neue Informationspflichten für Suchfunktionen, zu denen insbesondere Vergleichsportale zählen. Betroffen sind folglich Online-Anbieter, die Verbrauchern die Suche nach Waren oder Dienstleistungen verschiedener Anbieter ermöglichen. Nicht erfasst sind hingegen Online-Shops, die ausschließlich ihr eigenes Sortiment anbieten, und Online-Suchmaschinen. Durch die neue Informationspflicht werden Anbieter dazu verpflichtet, die Hauptparameter zur Festlegung des Rankings der präsentierten Waren und Dienstleistungen und der relativen Gewichtung offenzulegen. Das UWG fordert somit die Offenlegung des abstrahierten Algorithmus in einer knappen, leicht verständlichen Form an einer gut sichtbaren Stelle. Dennoch müssen die auf die konkrete Suche des Verbrauchers zugeschnittenen Parameter und die genaue Funktionsweise des Suchsystems auch weiterhin nicht veröffentlicht werden. Zudem ist nach dem neuen Black-List-Tatbestand aus Nr. 11 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG die verdeckte Werbung in Suchergebnissen unzulässig. Kommt es zu einer bezahlten Werbung oder Zahlungen für das Erreichen eines höheren Rankings in der Suchmaschine, muss dieser Vorgang ebenfalls offengelegt werden. Werden die Tatbestände der Black List erfüllt, führt dies per se zur Unlauterkeit, die zu Abmahnungen von Wettbewerbs- und Verbraucherschutzverbänden führen kann. 

Zweistufige Transparenzpflicht bei Kundenbewertungen 

Empfehlungen und Kundenbewertungen spielen eine zunehmend große Rolle bei Kaufentscheidungen, weshalb eine neue Regelung für mehr Transparenz gefordert wurde. Nach dem neuen § 5a Abs. 3 UWG müssen Unternehmen, die eigene Kundenbewertungen veröffentlichen, darüber informieren und sicherstellen, dass öffentliche Bewertungen von Verbrauchern stammen, die die Ware tatsächlich gekauft und genutzt haben. Reine Verweise oder Verlinkungen von Verbraucherbewertungen Dritter wie beispielsweise auf Trusted Shops sind hingegen weiterhin zulässig. Durch die zweistufige Transparenzpflicht müssen Unternehmen Informationen darüber, ob und wie Kundenbewertungen überprüft werden, bereitstellen. Das "wie" bezieht sich dabei auf die Fragen, welche Prozesse und Verfahren der Überprüfung zu Grunde gelegt und nach welchem System Bewertungen aussortiert oder veröffentlicht werden. Auch wenn es zu keiner Überprüfung kommt, müssen die Unternehmen dies offenlegen. Ergänzend wurden die Black List Tatbestände der Nummern 23b und 23c des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG eingeführt, nach denen die Veröffentlichung gefälschter Bewertungen abgemahnt werden kann. 


Empfindliche Geldbußen für Unternehmen bei Verletzung von Verbraucherinteressen aus dem UWG

Die UWG-Reform beinhaltet zudem mit § 19 Abs. 1 UWG eine Neuregelung, die empfindliche Geldbußen bei der vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung von Verbraucherinteressen nach § 5c Abs. 1 UWG nach sich ziehen kann. Kommt es zu solchen Ordnungswidrigkeit, muss mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 € oder bis zu 4 % des Jahresumsatzes gerechnet werden, § 19 Abs. 2 UWG. Der § 5c UWG und durch auch die neue Geldbuße sind nur einschlägig, wenn es sich um einen "weitverbreiteten Verstoß" beziehungsweise einen "weitverbreiteten Verrstoß mit Unions-Dimension" handelt. Das bedeutet, dass es sich bei der Verletzung um eine erhebliche Einschränkung mit Auswirkungen auf Verbraucher und Verbraucherinteressen in mehreren EU-Mitgliedsstaaten und somit um einen umfangreichen Wettbewerbsverstoß großen Ausmaßes handeln muss. Eine weitere Einschränkung der Geldbuße ist in § 19 Abs. 3 UWG zu finden. Demnach muss es sich um eine "unionsweit koordinierte Durchsetzungsmaßnahme" mit einer Kooperation der nationalen Behörden von mindestens zwei Mitgliedsstaaten handeln. Auch dieses Szenario ist nur bei besonders schwerwiegenden Ausnahmekonstellationen vorliegend. 

Wann handelt es sich um eine "Verletzung von Verbraucherinteressen"?

Eine Legaldefinition der "Verletzung von Verbraucherinteressen" wurde mit § 5c II in die neue Fassung des UWG aufgenommen. Demnach liegt eine Verletzung vor, wenn gegen einen Black-List-Tatbestand aus den Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG verstoßen wird oder es zu einer aggressiven geschäftlichen Handlung nach § 4a UWG, einer Irreführung nach §§ 5, 5a UWG oder einer unlauteren geschäftlichen Handlung nach § 3 UWG kommt. Die unlautere geschäftliche Handlung muss dabei trotz einer vollziehbaren behördlichen Anordnung oder eines vollziehbaren gerichtlichen Verbots fortgesetzt werden.


Neuer Schadensersatzanspruch für Verbraucher durch die UWG-Reform

Mit der Einführung eines Schadensersatzanspruchs für Verbraucher in § 9 Abs. 2 UWG führt die Änderung des Gesetzes zu einer absoluten Neuerung in dessen Systematik, die teilweise sogar als "Sensation" gilt. Zuvor hat das UWG zwar auch schon ausdrücklich den Schutz von Verbrauchern gemäß § 1 UWG verfolgt, aber lauterkeitsrechtliche Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz waren bisher grundsätzlich den Mitbewerbern vorbehalten. Der Schadensersatzanspruch erfordert einen Verstoß gegen § 3 oder § 7 UWG und die Geltendmachung, dass der Verbraucher durch die unzulässige Handlung zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst wurde, die er ansonsten nicht getroffen hätte. Ausgenommen sind nach Satz 2 allerdings unlautere geschäftliche Handlungen nach §§ 3a, 4 und 6 UWG und nach Nummer 32 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG. Zumindest der Vorwurf eines fahrlässigen Verstoßes muss regelmäßig von Unternehmen toleriert werden, wobei der Nachweis eines Schadenseintritts und der -höhe für den Verbraucher, der die Beweislast trägt, schwierig werden könnte.


SBS LEGAL - Ihre Anwälte für Wettbewerbsrecht

Für handel- und werbetreibende Unternehmen wird die aktuelle Rechtslage immer unübersichtlicher. Schuld daran sind die verschiedenen praxisrelevanten Reformen des UWG in den letzten Jahren. Die hier behandelte Änderung war die zweite UWG-Reform in einem Zeitraum von weniger als zwei Jahren, nachdem bereits Anfang Dezember 2020 das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs in Kraft getreten ist. Unsere Anwälte von SBS LEGAL können Sie dabei unterstützen, bei all den neuen Regelungen den Überblick zu behalten. 

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