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| Compliance, Gesellschaftsrecht

Neues Urteil zur Haftung des Geschäftsführers einer GmbH!


Das Gesellschaftsrecht wirft viele Fragen in Bezug zur Gesellschaftsform, Art der Geschäftsleitung und deren Zusammenhänge auf.

Vor allem bei den haftungsrechtlichen Konsequenzen können große Probleme auftreten. Hier gibt es ein neues Urteil. Nun entschied das OLG Nürnberg zur Haftung der Geschäftsführer gemäß § 43 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG):

„Der Geschäftsführer einer GmbH, deren wesentliche Aufgabe in der Führung der Geschäfte einer Kommanditgesellschaft besteht, haftet (auch) dieser KG gegenüber gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG.“

(OLG Nürnberg, Endurteil v. 30.03.2022 – 12 U 1520/19)

Was ist eigentlich passiert?

Die Klägerin fordert vom Beklagten, dem Geschäftsführer ihrer Komplementärin, Schadensersatz.

Die Klägerin ist ein mittelständisches Unternehmen, welches Mineralölprodukte vertreibt. Hierzu betreibt diese Tankpunkte.

Die Klägerin gibt Tankkarten an Unternehmen mit größerem Fuhrpark aus, mit denen diese an den von der Klägerin betriebenen Tankstellen bargeldlos tanken können.

In der Vergangenheit fasste der Beirat der Klägerin in Folge von unbezahlten Rechnungen ausgegebener Tankkarten am 07.04.2006 einen Beschluss über „beiratspflichtige Vorgänge“ mit folgendem Inhalt:

  • Begrenzung von ungesicherten Tankkredite auf 25.000 €
  • Darüber hinaus sind Kredite dem Beirat zur Genehmigung vorzulegen

Einige Unternehmen, die von den Tankkarten Gebrauch machten, gerieten in wirtschaftliche Schwierigkeiten und konnten als Folge die Rechnungen nicht begleichen. Die Kreditlimits waren vollständig ausgeschöpft. Dies fiel dem Mitarbeiter H. der Klägerin auf.

Anstatt die Tankkarten zu sperren duldete dieser die weitere Überziehung und verschleierte dies, indem er die Rechnungen auf andere Kunden umlegte.

Der Beklagte führte ein Gespräch mit dem Mitarbeiter H, in dem es um den weitgehend ausgeschöpften Kreditrahmen der Kunden geht und erwog die Sperrung der Tankkarten. Herr H überzeugte diesen jedoch anstatt der Sperrung den Herrn H als Prokurist im Unternehmen einzusetzen, um sich besser um die Angelegenheit kümmern zu können. Dem stimmte dieser zu.

Für den neuen Tätigkeitsbereich des Herrn H, der Akquise, Betreuung und Verwaltung von Kartenkunden, wurde das in den Geschäftsschulungen der B. nahe gelegte vier-Augen-Prinzip nicht eingehalten.

Vier-Augen-Prinzip

Das Vier-Augen-Prinzip ist als Teil der Organisationslehre eine präventive Kontrolle.Wcihtige Ablaufabschnitte, Arbeitsabläufe, Arbeitsprozesse, Arbeitsvorgänge, Aufgaben, Entscheidungen, Handlungen oder Prozesse dürfen nur durch gleichlautende Entscheidungen von mindestens zwei Personen durchgeführt werden.

Hierdurch soll das Risiko von Fehlern und Missbrauch reduziert werden.


Geschäftsführer-Dienstvertrag

Gemäß § 43 Abs. 2 haften Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, solidarisch für den entstandenen Schaden.

Zwischen dem Beklagten und der Klägerin liegt jedoch kein Geschäftsführer-Dienstvertrag vor. Der Beklagte ist nämlich der Geschäftsführer der B. GmbH, der Komplementärin der Klägerin.

Erstreckung des Schutzbereiches

Gemäß des OLG liegt hier eine Erstreckung des Schutzbereiches auf das zwischen der Komplementär-GmbH und ihrem Geschäftsführer bestehenden Organ- und Anstellungsverhältnisses im Hinblick auf seine Haftung aus § 43 Abs. 2 GmbHG im Falle einer sorgfaltswidrigen Geschäftsführung auf die Kommanditgesellschaft vor.Nämlich dann, wenn die alleinige oder wesentliche Aufgabe einer Komplementär-GmbH in der Führung der Geschäfte einer Kommanditgesellschaft besteht.

Dann kann der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH für Schäden der Kommanditgesellschaft dieser gegenübernach § 43 Abs. 2 GmbHG allein aufgrund der organschaftlichen Sonderrechtsbeziehung zur GmbH haften.

Pflichten eines Geschäftsführers

Doch was sind die Pflichten eines Geschäftsführers, aus denen sich eine Pflichtverletzung ergeben kann?

Gemessen wird der Umfang der Geschäftsführerpflichten des Beklagten an der Sorgfaltspflicht eines ordentlichen Geschäftsführers.

1. Handeln innerhalb des Beurteilungsspielraums

Der Geschäftsführer einer GmbH muss sich gemäß § 43 Abs. 1 GmbHG an der „Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns“ messen lassen.

Aufgrund der oben genannten Erweiterung des Schutzbereiches gilt dies für den Beklagten auch insoweit, als diesen auch in den Angelegenheiten der von ihm über die Komplementärin B. GmbH geleiteten Kommanditgesellschaft - der Klägerin - Sorgfaltspflichten treffen.

Er muss den Geschäftszweck möglichst effektiv verfolgen. Der Maßstab ist dabei objektiv.

Die Geschäftsführung eines Unternehmens impliziert von sich aus riskante und mögliche nachteilige Entscheidungen. Daher reicht ein eingetretener Verlust allein nicht aus, um einen Verstoß gegen § 43 Abs. 1 GmbHG zu begründen. Einem Geschäftsführer wirkt deshalb ein weitreichender Beurteilungsspielraum eingeräumt.

Doch wann ist der eingeräumte Handlungsspielraum überschritten?

Nach der Rechtsprechung von der business judgement rule ist der eingeräumte Handlungsspielraum dann überschritten, wenn aus der Sicht eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsmannes das hohe Risiko eines Schadens unabweisbar ist und keine vernünftigen geschäftlichen Gründe dafür sprechen es dennoch einzugehen.

Ein Handeln gegen die in der jeweiligen Branche anerkannten Erkenntnisse und Erfahrungsgrundsätze stellt demnach eine Pflichtverletzung dar.

Kredite dürfen nicht ohne übliche Sicherheit gewährt werden und es ist insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass Richtlinien über Beleihungsobergrenzen beachtet werden.

2. Handeln zum Wohle der Gesellschaft

Der Geschäftsführer ist dazu verpflichtet, zum Wohle der Gesellschaft zu handeln. Ein großer Pflichtbereich ist hierbei, Verluste tunlichst zu vermeiden und für eine nachhaltige Rentabilität der Gesellschaft zu sorgen.

Das Unternehmen ist vom Geschäftsführer so zu organisieren, dass er jederzeit einen Überblick über die wirtschaftliche und finanzielle Lage der Gesellschaft hat.

Daraus folgt die Pflicht zur Einrichtung eines Compliance Management Systems, um die Begehung von Rechtsverstößen durch die Gesellschaft oder deren Mitarbeitern zu verhindern.

3. Fremdes Verschulden?

Zwar haftet der Geschäftsführer selbst nicht für fremdes Verschulden, jedoch liegt eine Pflichtverletzung schon dann vor, wenn durch unzureichende Organisation, Anleitung oder Kontrolle Mitarbeitern Straftaten oder Fehlverhalten ermöglicht oder erleichtert werden.

Vor allem wenn in einem Unternehmen in der Vergangenheit bereits Unregelmäßigkeiten vorgekommen sind, müssen gesteigerte Aufsichtsmaßnahmen eingeleitet werden.


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