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Bei der Suche nach einem Arzt orientiert man sich durchaus an Begriffen, die eine gewisse Kompetenz oder Größe vermuten lassen. Dabei deute die Verwendung des Wortes Zentrum, nicht unbedingt darauf hin, wie groß bzw. wie qualifiziert eine Arztpraxis wirklich sei. Dies entschied nun das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main in seinem Urteil vom 11.05.2023 (Az. 6 U 4/23): So verhalte sich eine Arztpraxis nicht unlauter und irreführend, wenn sie ihre Praxis für ästhetische plastische Chirurgie bestehend aus 2 Ärzten als „Zentrum“ bezeichne. Vom Gesetzgeber werde nämlich für medizinische Versorgungszentren keine Mindestgröße vorgegeben.
Zu den Antragsgegnern gehören Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie für plastische Chirurgie in Darmstadt. Von ihnen wird eine Gemeinschaftspraxis mit der Bezeichnung „Zentrum für plastische und ästhetische Chirurgie" betrieben. Der Antragssteller, der ebenfalls eine Arztpraxis für plastische Chirurgie unterhält, war der Ansicht, dass die Verwendung der Bezeichnung „Zentrum“ einem Verstoß gegen das Irreführungsgebot gleichkomme. Unlauteres Verhalten sei nach § 5 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) bei einer irreführenden geschäftlichen Handlung anzunehmen. Hierfür müssten unwahre sowie sonstige Angaben, die zur Täuschung geeignet sind und im Wettbewerb für eine Kundenbeziehung von hoher Relevanz sind, bestehen, wie beispielsweise die wesentlichen Eigenschaften des Vertragspartners. Dem Konkurrenten steht es dabei frei, ob er sich gegen eine konkrete Irreführung oder bereits gegen die Gefahr der Irreführung wehren möchte. Dabei ist die Irreführungsgefahr nach dem Risiko der Fehlvorstellung bei dem angesprochenen Adressatenkreis zu beurteilen.
In einem Eilverfahren untersagte das Landgericht Frankfurt am Main (Urteil vom 30.11.2022, Az. 2-06 O 209/22) den Antragsgegnern, ihre Serviceleistungen im Bereich der plastischen Chirurgie mit dem Begriff „Zentrum“ zu betiteln und Werbung hiermit zu schalten, da sich in dem „Zentrum“ nur 2 Ärzte befänden, die Leistungen anbieten. Die beiden Ärzte legten daraufhin Berufung vor dem Oberlandesgericht ein.
Die Berufung vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main war erfolgreich. Das OLG ist der Ansicht, dass die Bezeichnung „Zentrum“ für die Praxis der Antragsgegner keine Irreführung für den Verkehr darstelle. Entscheidend sei nämlich, wie der angesprochene Verkehr die Werbung deute. Dabei könne man davon ausgehen, dass der Verkehr bei dem Begriff „Zentrum“ zwar häufig eine sachliche und personelle Struktur eines Großunternehmens vor Augen habe. Doch gerade im Medizinsektor sei der Begriff „Zentrum“ nicht länger mit einer bestimmten Größe verbunden. Gemäß § 95 Absatz 1 Satz 1 Fünftes Sozialgesetzbuch sei für ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) keine bestimmte Größe vorausgesetzt. Seit 2015 gebe es nicht mehr das Erfordernis einer fachübergreifenden Kooperation. Daher ist es einer Praxis mit bloß zwei behandelnden Ärzten möglich, ihre Arztpraxis als „Medizinisches Versorgungszentrum" zu bewerben. Da man mit der Begrifflichkeit des „MVZ" immer häufiger konfrontiert werde, habe der Verkehr ebenfalls ein Verständnis dafür entwickelt, mit welcher Größe zu rechnen sei. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Die frühere Rechtsprechung war da noch anderer Ansicht: Ärzte, die mit dem Begriff „Zentrum“ warben, wurden noch der Irreführung sowie des berufsrechtswidriges Verhaltens bezichtigt. So hatte der Bundesgerichtshof am 18.01.2012 (Az. I ZR 104/10) entschieden, dass die Verwendung des Begriffs „Zentrum“ eine Irreführung mit einer Spitzenstellung sei, da es auf eine überdurchschnittliche Erfahrung hindeute.
Es wird mit einer Spitzenstellung oder Alleinstellung geworben, wenn der Adressatenkreis aus der Werbung herleitet, dass die Dienstleistungen des werbenden Unternehmens die Dienstleistungen der Konkurrenz erheblich übertreffen. Diese Art der Werbung ist besonders effektiv, da sie es schafft Aufmerksamkeit zu generieren. Stellen sich die Behauptungen als unwahr heraus, liegt eine Irreführung vor. Dabei ist entscheidend, welchen Sinngehalt die Werbung auf die Adressaten ausübt. Um die Irreführung des Publikums zu vermeiden, muss daher darauf geachtet werden, dass die Behauptungen wahr, andauernd und ein erheblicher Vorsprung zu den Konkurrenten existiert. Dann ist die Werbung mit einer Spitzenstellung oder Alleinstellung auch zulässig.
Erst mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 07.03.2012 (Az.: 1 BvR 1209/11) änderte sich die Auffassung hinsichtlich der Irreführung mit der Bezeichnung „Zentrum". Im Beschluss hieß es, dass eine Irreführung nur in Ausnahmefällen nachgewiesen werden könne, da es der Öffentlichkeit bewusst sei, dass Zentren sowohl in großer als auch in kleiner Version existieren, wie beispielsweise Arztzentren oder Einkaufszentren.
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