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Diese Frage stellte in einem spannenden Gerichtsverfahren bei dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main, dem sogenannten beautysmile-Streit, einen zentralen Diskussionspunkt dar. Nun ist eine Entscheidung beim OLG Frankfurt gefallen (Urteil v. 11.08.2022, Az. 6 U 199/21). Um folgenden Sachverhalt ging es in dem Prozess:
Auf der Klägerseite befand sich ein Kieferorthopäde mit zwei eigenen kieferorthopädischen Praxen. Ihm stehen die Rechte an der deutschen Wortmarke beautysmile zu, welche in die Klassen 3, 5, 10 und 44 eingetragen ist. Die Marke beautysmile ist damit nach der Klassifikation der Markenanmeldung unter anderem für Zahnersatz, medizinische Dienstleistungen sowie Dienstleistungen der Gesundheits- und Schönheitspflege eingetragen. Gegenüber stand auf der Beklagtenseite ein Vermittler für zahnmedizinische Dienstleistungen, die durch Dritte in der Türkei erbracht werden. Die entsprechenden Dienstleistungen bewarb der Beklagte mit Hilfe von sozialen Medien und einer eigenen Website. Dabei bediente er sich der Marke beautysmile des Klägers ohne dessen Zustimmung. Daraufhin verlangte der Kläger vor Gericht Unterlassung und Abmahnkostenersatz.
Dem Inhaber einer Marke wird durch das Markenrecht ein sogenanntes Ausschließlichkeitsrecht eingeräumt. Das Ausschließlichkeitsrecht verleiht dem Markeninhaber gemäß § 4 MarkenG ein Quasi-Monopolrecht in Form eines positiven Benutzungsrechts und eines negativen Verbietungsrechts. Dieses Recht ist ausdrücklich gesetzlich geregelt, zum Beispiel in § 14 Absatz 1 des Markengesetzes. So kann nur der Markeninhaber bestimmen, wer, wann und wo seine Marke benutzt wird und kann jedem verbieten, sie gegen seinen Willen zu benutzen. Das geschützte Zeichen eines Markeninhabers darf von anderen im geschäftlichen Verkehr nicht ohne dessen Zustimmung, also ohne ein Nutzungsrecht, verwendet werden. Die Verbotswirkung gilt primär für mit der geschützten Marke identische oder ähnliche Zeichen, sofern die durch die geschützte Marke und das gegnerische Zeichen erfassten Leistungsangebote identisch oder ähnlich sind und hierdurch die Gefahr von Verwechslungen der beiden gegensätzlichen Zeichen entsteht. Wird dagegen verstoßen, stehen dem Markeninhaber folgende Rechtsbehelfe zu:
In erster Instanz hat das Landgericht Frankfurt am Main die Klage des Rechteinhabers abgewiesen (Urteil v. 04.08.2021, Az. 2-06 O 48/21). Zur Begründung führte das Gericht zwei wesentliche Punkte an: Zunächst fehle es an einer Ähnlichkeit der beiderseitigen Dienstleistungen, weswegen eine Verwechslungsgefahr zwischen den Angeboten des Kieferorthopädens und des Vermittlers nicht bestehe. Ärzte würden sich in aller Regel weder im Bereich der Vermittlung medizinischer Dienstleistungen betätigen noch mit Vermittlungsagenturen konkurrieren. Dies ergebe sich schon aus § 27 Absatz 3 der Berufsordnung für Ärzte, da es danach einem Arzt untersagt ist, für seine berufliche Tätigkeit oder die berufliche Tätigkeit anderer Ärzte zu werben. Als zweiten Punkt stützte sich das LG Frankfurt auf die Tatsache, dass die angebotenen Dienstleistungen ihrem Zweck nach keine wirtschaftlichen Berührungspunkte zueinander aufweisen würden. Der Kläger als regionaler Kieferorthopäde hätte kein erkennbares Interesse, potenzielle Patienten an Kollegen in die Türkei zu vermitteln, anstatt die Behandlung selbst durchzuführen und abzurechnen.
Im Berufungsverfahren hat das OLG Frankfurt für Recht erkannt, das dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 14 Absatz 2 und 4 Markengesetz sowie der geltend gemachte Abmahnungskostenersatzanspruch zusteht, denn zwischen der eingetragenen Marke beautysmile des Klägers und dem vom Beklagten verwendeten Zeichen bestehe eine Verwechslungsgefahr. Nach Ansicht des OLG Frankfurt fehle es nämlich nicht an einer Dienstleistungsähnlichkeit zwischen der im Markenregister eingetragenen medizinischen Dienstleistung des Klägers und der vom Beklagten angebotenen Vermittlung von medizinischen Dienstleistungen. Die Ähnlichkeit müsse nämlich anhand von objektiven Kriterien im Zusammenspiel mit der Verkehrssicht bestimmt werden. Mit anderen Worten: Um die Ähnlichkeit zu bejahen, müssen die angesprochenen Verbraucher nach Art, Erbringung, Einsatzzweck, Inanspruchnahme und wirtschaftlicher Bedeutung der Dienstleistungen der Auffassung sein können, dass diese Dienstleistungen üblicherweise von denselben Unternehmen bzw. derselben betrieblichen Verantwortung erbracht werden.
Im konkreten Fall hat das OLG Frankfurt geurteilt, dass es für den Verbraucher durchaus so scheinen kann, dass die Erbringung kieferorthopädischer Dienstleistungen und die Vermittlung solcher Leistungen einen gemeinsamen betrieblichen Ursprung hätten. Der Argumentation des LG Frankfurt in erster Instanz tritt es wie folgt entgegen: Es sei durchaus üblich, das verschiedene Produktlinien für verschiedene Kaufkraftgruppen angeboten werden. Insofern sei es auch nicht unwahrscheinlich, dass ein Kieferorthopäde, der selbst medizinische Dienstleistungen anbietet, auch „Low Budget“-Varianten im Ausland vermittelt. Ferner habe das LG Frankfurt zu Unrecht auf das Werbeverbot aus der Berufsordnung für Ärzte abgestellt, es hätte vielmehr auf die Berufsordnung für Zahnärzte abstellen müssen. Da dies aber von keiner Partei vorgetragen wurde, hat sie das OLG Frankfurt mit dieser Frage nicht tiefergehend beschäftigt.
Das OLG Frankfurt hat also eine Dienstleistungsähnlichkeit zwischen den medizinischen Dienstleistungen des klagenden Kieferorthopädens sowie der Vermittlung solcher Dienstleistungen durch den Beklagten angenommen. Genauso wird unstreitig davon ausgegangen, dass die eingetragene Marke des Klägers und das genutzte Zeichen des Beklagten identisch sind. Streitig ist also nur noch die Frage, ob die eingetragene Marke beautysmile überhaupt Kennzeichnungskraft besitzt.
Im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union bejaht das OLG Frankfurt die Kennzeichnungskraft einer Marke, wenn diese geeignet ist, die Waren und Dienstleistungen, für die sie eingetragen worden ist, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und damit diese Waren oder Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Beurteilung dessen müsse stehts für jeden Einzelfall anhand individueller Merkmale geschehen. So müssen die ursprünglichen Markeneigenschaften, beschreibende Elemente der Marke, der Marktanteil, die Intensität, die geografische Verbreitung, die Dauer der Benutzung der Marke sowie der Werbeaufwand des Unternehmens berücksichtigt werden. Relevant sei auch der Anteil der Verbraucher, der die Waren oder Dienstleistungen aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt.
Weiter führt das OLG Frankfurt aus, dass man grundsätzlich eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft einer eingetragenen Marke vermuten müsse, sofern keine konkreten Anhaltspunkte für eine geringere oder höher Kennzeichnungskraft vorliegen. Für eine unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft würde etwa ein beschreibender Begriff sprechen. Im hiesigen Fall lehnte das Gericht allerdings eine Kennzeichnungsschwäche der Marke beautysmile ab. Bei der Verknüpfung der Worte „Beauty“ und „Smile“ handele es sich nämlich um eine grammatikalisch nicht korrekte Wortneuschöpfung, die über eine gewisse Originalität verfüge.
Auch eine nachträgliche Schwächung der Kennzeichnungskraft durch die Benutzung von Drittzeichen sei hier nicht ersichtlich. Die vom Beklagten angeführten Drittzeichen „Beautiful Smile“, „Beauty and Smile“ sowie „Smile and Beauty“ seien der Marke des Klägers nicht so ähnlich wie das vom Beklagten genutzte Zeichen. Ferner gebe es zwar zwei andere Unternehmen, die Dienstleistungen unter dem Begriff „Beautysmile“ anbieten, diese seien jedoch so kleine Wettbewerber, dass sie für eine Schwächung der eingetragenen Marke des Klägers nicht ausreichen sind.
Im Ergebnis urteilte das OLG Frankfurt, dass in der notwendigen Gesamtschau bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft, Zeichenidentität und Dienstleistungsähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr zwischen der Klägermarke beautysmile und dem verwendeten Zeichen des Beklagten zu bejahen sei.
Das Markenrecht ist Teil des Kennzeichnungsrechts, welches den Schutz von Marken, geschäftlichen Bezeichnungen, Werktiteln und geografischen Herkunftsangaben sicherstellt. Die häufigste Markenart in Deutschland ist die Registermarke, bei der der Markenschutz durch die Markenanmeldung und Eintragung der Marke in das Register beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) entsteht. Der Vorteil dieser Markenart liegt darin, dass der Rechteinhaber das Bestehen des Markenschutzes in der Praxis leicht nachweisen kann. Daneben gibt es auch noch die Benutzungsmarke. Der Markenschutz entsteht durch die Benutzung eines Zeichens im geschäftlichen Verkehr, soweit das Zeichen als Marke Verkehrsgeltung erworben hat. Dies ist der Fall, wenn ein jedenfalls nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise (25-30 %) in dem Zeichen einen Hinweis auf die Herkunft der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen sehen.
Der Nachteil der Benutzungsmarke gegenüber der Registermarke liegt darin, dass der Schutz erst durch die Verwendung des Zeichens im Geschäftsverkehr entsteht, das heißt erst wesentlich später. Schließlich gibt es noch die in Deutschland kaum relevante Bekanntheitsmarke, die eine notorische Bekanntheit der Marke voraussetzten. Hier müssen mindestens 60-70 % der angesprochenen Verkehrskreise in dem Zeichen eine Marke eines bestimmten Unternehmens sehen. Neben den verschiedenen Markenarten gibt es auch noch verschiedene Markenformen, so etwa Wortmarken oder Bildmarken.
Damit Sie gegen ein unbefugtes Benutzen Ihrer Marke gerichtlich vorgehen können, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst muss zwischen Ihrer Marke und dem abgemahnten Zeichen eine Zeichenidentität oder -ähnlichkeit bestehen. Zweitens muss Ihre Marke über Kennzeichnungskraft verfügen. Schließlich müssen die angebotenen Waren und Dienstleistungen ähnlich oder identisch sein. Besonders in Grenzfällen ist die Beurteilung nicht eindeutig und es bedarf erhöhten Begründungsaufwand, um das Gericht von seiner Ansicht zu überzeugen. Hier lohnt es sich, einen erfahrenen Rechtsbeistand mit ins Spiel zu bringen. Sprechen Sie also gerne mit unseren sachkundigen Rechts- und Fachanwälten für Markenrecht unter den unten genannten Kontaktmöglichkeiten. Wir freuen uns auf Ihr Mandat.