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Das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg hat am 25.09.2020 in seinem Urteil (U 3878/19) der erstinstanzlichen Entscheidung vom Landgericht (LG) Regensburg vom 01.10.2019 (Az. 1HK 0 358/19) widersprochen. Laut der Entscheidung des OLG Nürnberg stehen dem Kläger Unterlassungsansprüche zu.
Bei der Klägerin handelt es sich um eine qualifizierte Einrichtung gem. §8 Absatz 3 Nr. 3 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb).
Bei der Beklagten handelt es sich um einen Onlinevertrieb von Lebensmitteln, Kosmetika und Haushaltsmitteln. Der Erwerb dieser Produkte ist mit einer nach Ablauf der Testphase von 28 Tagen kostenpflichtigen Mitgliedschaft verbunden. Bei Erwerb eines Artikels befindet sich in der Bestellmaske der Beklagten ein Bestellbutton mit der Bezeichnung „Jetzt kaufen“. Zum Zeitpunkt der Bestellung gab es keinen gesonderten Bestellbutton für die Mitgliedschaft. Die Klägerin hatte lediglich folgenden Hinweis unter dem Bestellbutton für die Artikel verankert:
„Mit dem Kauf startet eine 28-tägige Testphase, die jederzeit kündbar ist. Nach der Testphase werden 59€ für deine 12-monatige Mitgliedschaft abgebucht (4,90 €/Monat). Die Mitgliedschaft verlängert sich automatisch. Mit deiner Bestellung erklärst Du Dich mit unseren AGB Datenschutzerklärungen und Widerrufsbelehrungen einverstanden“
Zu einem späteren Zeitpunkt implementierte die Beklagte bei diesem Absatz eine anzuklickende Check-Box.
Vor dem Vertragsabschluss erhält der Kunde der Beklagten die Möglichkeit noch einmal alle zum Kauf geplanten Artikel in einer Liste einzusehen. Mit Klick auf die einzelnen Produkte erscheint jeweils ein Pop-Up-Fenster mit allen Produktinformationen zu dem angeklickten Produkt.
Die Klägerin vertrat die Meinung, dass die Beklagte durch dieses Vorgehen gegen zwingende Verbraucherinformationsvorgaben verstoßen hätte.
So weist die Klägerin darauf hin, dass durch den alleinigen Button „Jetzt kaufen“, der sowohl für die Vertragserklärung bezüglich des Warenkaufs, als auch zum Abschluss des Mitgliedschaftsvertrags gegen §§ 3, 3a UWG in Verbindung mit § 312j Absatz 2 BGB, verstoßen würde.
Zudem liegt ein Verstoß durch die Beklagte gegen §§ 3, 3a UWG in Verbindung mit „ § 312j Absatz 2 BGB in Verbindung mit Art. 246a, Art. 1 Absatz 1 Satz 1 EGBGB vor. Dies kann darauf begründet werden, dass die wesentlichen Eigenschaften der ausgewählten Waren nicht klar und verständlich am Ende des Buchungsvorgangs zur Verfügung gestellt werden.
Außerdem habe zudem keine Nennung der Telefonnummer in der Widerrufsbelehrung stattgefunden und auf eine gesonderte Widerrufsbelehrung bezüglich des Abschlusses eines kostenpflichtigen Mitgliedschaftsvertrags wurde gänzlich verzichtet.
Die Beklagte entgegnete erstinstanzlich, dass ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher ausreichend durch die Beklagte informiert würde. Die Information über die zum Kauf beabsichtigten Waren in Form des Pop-Up-Fensters würden allen rechtlichen Bedingungen genügen.
Das Landgericht hatte der Klage zum Teil stattgegeben. So Untersagte es der Beklagten weiterhin beide Vertragsabschlüsse, sowohl den Kaufvertrag bzgl. der Waren, als auch den Mitgliedervertrag über den einen Button „Jetzt kaufen“ abzuwickeln. Begründet wurde dies damit, dass es nicht darauf ankommen würde in welchem Umfang oder in welcher Form die Beklagte den Verbraucher auf die Testphase hinwies. Es ginge vielmehr darum, dass es sich bei beiden Vertragserklärungen um typverschiedene Verträge handelt, die eine gesonderte „ausdrückliche“ Bestätigung des Verbrauchers erfordern.
Sowohl die Klägerin, als auch die Beklagte sind über die Entscheidung des LG Regensburg in Berufung gegangen. Das OLG Nürnberg sieht die Berufung als begründet an.
Gemäß § 312j Absatz 2 BGB ist der Unternehmer bei einem Verbrauchervertrag im elektronischen Geschäftsverkehr verpflichtet, dem Verbraucher die Informationen gem. Art 246a § 1 Absatz 1 Satz 1 EGBGB, somit die wesentlichen Eigenschaften der Waren, in dem das für das Kommunikationsmittel und für die Ware angemessenen Umfang, unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt, klar und verständlich in hervorgehobener Weise zu Verfügung zu stellen. Dies ist dann gewährleistet, wenn die Informationen und die Schaltfläche bei üblicher Bildschirmauflösung gleichzeitig zu sehen sind, ohne dass der Verbraucher scrollen muss. Unmittelbar ist dies, wenn die Informationen direkt im zeitlichen Zusammenhang mit der Abgabe der Bestellung durch den Verbraucher gegeben werden.
In der obergerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass es nicht ausreicht, wenn dem Kunden die Informationen nur über eine vorgeschaltete Internetseite erreichbar sind.
Im vorliegenden Fall befindet sich ein Produktbild mit dem jeweiligen Namen des Artikels unterhalb des Bestellbuttons. Die Produktinformationen werden für den Verbraucher erst dann sichtbar, wenn er nach unten scrollt. Dem Verbraucher ist es nicht möglich bei Abgabe der Vertragserklärung durch Bestätigung der Schaltfläche gleichzeitig die Produktinformationen einzusehen. Die gesetzlichen Anforderungen nach § 312j Absatz 2 BGB in Verbindung mit Art. 246a §1 Absatz 1 Satz 1 EGBGB sind nicht erfüllt.
Das OLG Nürnberg bestätigt die erstgerichtliche Entscheidung des LG Regensburg. Entsprechend hat das Erstgericht der Beklagten zu Recht nach §§ 3,3a UWG in Verbindung mit § 312 j Absatz 3 BGB untersagt, Verbrauchern im Internet den Kauf von Waren und den Abschluss einer kostenpflichtigen Mitgliedschaft anzubieten und am Ende des Bestellvorgangs lediglich einen einzigen Bestellbutton mit der Bezeichnung „Jetzt kaufen“ vorzuhalten.
Diese Form des Bestellvorgangs der Beklagten und das daraus resultierende Vertragsangebot widerspricht der gesetzlichen Vorgabe des § 312j Absatz 3 Satz 1 BGB. Der Unternehmer hat nach § 312j Absatz 3 Satz 1 BGB die Bestellsituation so zu gestalten, dass der Verbraucher erstens seinen Rechtsbindungswillen und zweitens seine Kenntnis vom Vorliegen eines entgeltlichen Geschäfts ausdrücklich bestätigen muss.
Die Entscheidung des OLG Nürnberg hilft uns die geltenden Regelungen bezüglich des Onlinevertriebs in ihrer Anwendung besser zu verstehen. Im vorliegenden Fall hat sich das OLG Nürnberg recht eindeutig zum Umgang mit den Verbraucherrichtlinien im Onlinehandeln geäußert. Es gibt allerdings auch zahlreiche Fälle, in denen eine Antwort nicht so klar zu finden ist. Sollten Sie sich fragen, wie mit den Verbraucherschutzrechten umzugehen ist, ob Ihre Unternehmen rechtskonform arbeiten, oder ob Sie als Verbraucher etwaige Ansprüche und Rechte in einem konkreten Fall haben, freuen wir uns Sie bei unseren Spezialisten der Kanzlei SBS Legal beraten zu dürfen.
Wir von der Kanzlei SBS LEGAL verfügen über langjährige Erfahrung bei der Betreuung von Mandanten im Wettbewerbsrecht. Es ist uns eine Herzensangelegenheit Sie in schwierigen Zeiten mit allen notwendigen Maßnahmen zu unterstützen und Ihnen zur Seite zu stehen. Falls sie gegen Wettbewerber vorgehen wollen, oder aber eine solche Abmahnung erhalten haben, melden Sich gerne bei unseren Anwälten.
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