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Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat am 25.01.2024 ein Urteil gefällt, welches Plattformbetreiber dazu veranlasst, kern- und sinngleiche Posts zu löschen. Damit wird die Verpflichtung von Plattformbetreibern und deren Verantwortung deutlich erhöht, denn durch die Verpflichtung sinngleiche Posts zu löschen, entsteht eine Prüf- und Verhaltenspflicht, obwohl gerade eigentlich keine aktive Nachforschungspflicht für rechtswidrige Inhalte für Plattformbetreiber besteht. Worum es in der Entscheidung genau ging und wie das Gericht seine Entscheidung begründet, darum geht es in diesem Artikel.
Der Skandal findet seinen Ursprung 2010 in einer Fernsehsendung, in der eine Politikerin der Fraktion Bündnis90/Die auftrat. Nachdem ein Gesprächspartner wiederholt einen türkischen Namen falsch ausspricht sagte sie folgenden Satz:
„Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher sich ihren Namen mal merken“.
Dieser Satz wurde prompt umformuliert und auf einer Medienplattform wie folgt wiedergegeben:
„Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher mal türkisch lernen“.
Mit diesem Falschzitat wird die Politikerin zu einem so genannten Meme. In dieser Form wurde der Satz jedoch unstreitig nie von sich gegeben. Die Veränderung des Satzes zog sehr viel Aufmerksamkeit und Ersetzen mit sich.
Die Politikerin ging daraufhin gegen die Veröffentlichung des Posts vor. Sie sah sich in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt und forderte den Facebook Konzern Meta zur Unterlassung der weiteren Verbreitung und Löschung von bestehenden Posts auf.
Das Landgericht (LG) Frankfurt am Main verurteilte Meta zur Unterlassungsverpflichtung und zur Zahlung einer Geldstrafe von 10.000 € (LG Frankfurt a.M. Urteil vom 08.04.2022 – 2-03 O 188/21).
Meta legte gegen die Entscheidung des LG Berufung ein. Das OLG Frankfurt überprüfte demnach das Urteil. Im Ergebnis nahm das OLG die Geldentschädigung zurück, blieb aber bei der Unterlassungsverpflichtung (OLG Frankfurt a.M. Urteil vom 25.01.2024 – 16 U 65/22). Das Meme mit dem falschen Zitat der Bundestagsabgeordneten verstößt gegen die allgemeinen Persönlichkeitsrechte dieser und verletzt dadurch auch ihr Recht am eigenen Wort. Meta ist mittelbar verantwortlich für die Störung und haftet vorliegend als Plattformbetreiberin auch für identische oder sinngleiche Post, demm Meta hatte durch den Anwalt der Klägerseite, also der Bundestagsabgeordneten, ein Schreiben erhalten, in welchem sich konkrete URLs zu den angegriffenen Posts befanden. Durch die Mitteilung der URLs hat Meta unmittelbar Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Bei Kenntnis einer Rechtsverletzung besteht die Prüf- und Verhaltenspflicht sinngleiche Posts zu löschen.
Die Kenntnis von der Rechtsverletzung ist demnach das entscheidende Kriterium, denn ein Betreiber von einer Plattform kann nicht für alle rechtswidrigen Inhalte haften und hat daher nach der E-Commerce-Richtlinie keine allgemeine Überwachungs- und aktive Nachforschungspflicht. Erlangt die Plattform Kenntnisse über eine konkrete Rechtsverletzung, wie die Plattform Meta durch die URLs, dann besteht die Pflicht, diese zu löschen. Diese Verpflichtung ist nicht neu und besteht schon länger. Allerdings wird diese jetzt durch das vorliegende Urteil um eine Nachforschungspflicht erweitert.
Das OLG kam zum Entschluss, dass es eine zumutbare Nachforschungspflicht gibt. Beim Umfang einer zumutbaren Nachforschungspflicht richtet sich das OLG nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH). Der EuGH fordert einen Rückgriff auf automatisierte Techniken und Mittel zur Nachforschung von Rechtsverletzungen. So sei es zum Beispiel zumutbar, nach möglichen rechtsverletzenden Texten automatisch suchen zu lassen. Bei einem Meme ist das allerdings komplizierter, denn es kommt nicht auf den Text alleine an, sondern auf die Kombination mit dem Bild und wie dieses sinnhaft zusammenwirkt. Das OLG führte auf, dass die Plattformbetreiberin prüfen muss, ob der durchschnittliche Empfänger erkennen kann, dass es sich um ein Falschzitat handelt. Um dies zu erreichen, findet das OLG die menschliche-händische Einzelfallbewertung mit der Kombination von technisch möglichen Verfahren zumutbar. Dies würde dadurch bestärkt werden, dass KI Systeme eine automatische Vorfilterung möglich machen. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
Es besteht für Plattformbetreiber keine allgemeine Überwachungs- und aktive Nachforschungspflicht bezüglich rechtswidriger Inhalte. Bei konkreter Kenntnis der Rechtsverletzung verpflichtet sich der Plattformbetreiber jedoch, künftig derartige Störungen zu verhindern. Diese Verpflichtung betrifft nicht nur wortgleiche Inhalte, sondern auch andere Beiträge, wenn die darin enthaltenen Mitteilungen sinngemäß sind. Das bedeutet für Plattformbetreiber, dass auch zumutbare Handlungen und Nachforschungen verpflichtend sind, um sinngleiche Rechtsverstöße zu beseitigen.
Ganz klar ist die rechtliche Lage allerdings nicht, daher hat das OLG die Revision, also rechtliche Klärung des Bundesgerichtshofes (BGH), zugelassen. Der BGH soll klären, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Prüf- und Verhaltenspflicht in Bezug auf sinngleiche Inhalte für den Plattformbetreiber gelten.
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