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Online-Marktplatz Werbung: Keine Haftung für Affiliates


Der Anbieter eines Werbepartner-Programms haftet nicht gem. § 8 Abs. 2 UWG (im Rahmen eines Online-Marktplatzes) für Wettbewerbsverstöße, die ein Dritter als Betreiber einer selbstständigen Internetseite begeht, wenn keine Vorgaben über das „Ob“ und „Wie“ der Werbung gemacht wurden.

Die Entscheidung des OLG Köln vom 11.02.2022 – 6 U 84/21 folgt nicht der Entscheidung des OLG Stuttgart, wonach Marketplace-Verkäufer für den Inhalt von Werbeanzeigen verantwortlich sind, auch wenn sie die inhaltliche Gestaltung nicht vollständig beherrschen, OLG Stuttgart, Urteil vom 4.11.2021, 2 U 49/21. Über diese Haftungsgefahr für Marketplace-Verkäufer haben wir bereits berichtet.

Sachverhalt - Wer ist verantwortlich für´s Partnerprogramm?
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Die Klägerin ist ein Matratzen-Hersteller und vertreibt ihre Produkte, insbesondere die „Bodyguard Anti-Kartell Matratze“ sowohl über ihre eigene Website, als auch über den Online-Shop eines Dritten. Die Beklagten sind die Gesellschaften der B.-Gruppe, welche für den Betrieb des Online-Shops, als auch für das B.-Partnerprogramm verantwortlich sind.   

Das Partnerprogramm sieht vor, dass Dritte (sogenannte Affiliates) auf ihrer eigenen Website Affiliate-Links zu den Angeboten der B.-Plattform einfügen können. Wird hierdurch ein Kauf abgeschlossen, erhält der Affiliate als Provision einen prozentualen Anteil am Kaufpreis (sogenanntes pay-per-sale Modell). Wie der Afiiliate die Produkte verlinkt, steht ihm grundsätzlich frei. Die Affiliates sind also nicht gezwungen, ein bestimmtes Format einzuhalten, insbesondere existieren keine Vorgaben im Affiliate-Vertrag für die Gestaltung der Affiliate-Website, den Umfang der Verlinkungen und auch keine Weisungsgebundenheit.

Der Betreiber der Website „www.schlafbook.de“ war ein Affiliate-Partner im B.-Partnerprogramm und veröffentlichte einen Online-Artikel unter der Überschrift „Die besten Matratzen 2019 im Vergleich“. Als ersten Platz listet der Betreiber der Website die von der Klägerin vertriebene „Bodyguard Anti-Kartell-Matratze“. Problematisch ist hierbei, dass der Website-Betreiber den Text und das Bild eines anderen Produkts (namentlich die „Inofia-Matratze“) angab. Die eingefügten Links führten unmittelbar auf die Verkaufsplattform der B. Es handelt sich hier um Affiliate-Links.

Irreführende Werbung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG

Die Klägerin hielt die Werbung auf der Website „schlafbook.de“ irreführend gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG, weil die Gestaltung der Rankings und der Auflistungen nur vorgespielt werden, um möglichst viele potenzielle Käufer zur Inanspruchnahme der Affiliate-Links zu animieren.

Außerdem würde der Verbraucher laut Klägerin nicht erkennen, dass es der primäre Zweck der Internetseite sei, größtmögliche Provisionsbeträge im Rahmen des B.-Partnerprogramms zu erzielen.

Schließlich kläre die Internetseite die Verbraucher nicht genug über den Affiliate-Status und weitere wichtige Informationen auf, sodass ein Verstoß gegen das Lauterkeitsreicht, insbesondere gegen. § 5a Abs. 2 UWG vorliege. Hierdurch würde sie auch verschleierte Werbung gem. § 5a Abs. 6 UWG betreiben.


Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)

§ 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG besagt, dass derjenige unlauter handelt, der den Verbraucher durch eine irreführende Handlung dazu veranlasst, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die dieser sonst nicht getroffen hätte. Die zur Täuschung geeigneten Angaben können auch die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung sein.

§ 5a Abs. 2 UWG betrifft das Irreführen durch Unterlassen. Hiernach handelt unlauter, wer wesentliche Informationen vorenthält.

§ 5a Abs. 6 UWG besagt, dass jemand auch dann unlauter handelt, wenn er den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern dieser sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte. 


Unterlassungsanspruch gegen den Unternehmer nach § 8 Abs. 2 UWG

Die Klägerin verlangte, dass die Beklagte es unterlässt, mit Testergebnissen oder Produktempfehlungen zu werben bzw. werben zu lassen. Gem. § 8 Abs. 2 UWG kann die Beklagte in Anspruch genommen werden, wenn der Betreiber der Website als Beauftragter der B. gilt. Als Beauftragte kommen grundsätzlich auch selbstständige Unternehmer in Betracht, wenn deren Handlungen dem Unternehmensinhaber zugutekommen und er auf das Verhalten einen bestimmenden und durchsetzbaren Einfluss hat, BGH Urteil vom 25.04.2012 – I ZR 105/10.

Jedoch ist der Betreiber der Internetseite www.schlafbook.de kein Mitarbeiter oder Beauftragter der Beklagten. Die Handlung, deren Unterlassung verlangt wird, muss innerhalb des Betriebsorganismus des Betriebsinhabers begangen worden sein. Zum Betriebsorganismus gehört auch Werbung und Vertriebsorganisation. Der Handelnde (also der Betreiber der Website) muss nach der BGH Entscheidung „Partnerprogramm“ (Urteil vom 07.10.2009 - I ZR 109/06) in die Vertriebsorganisation oder Werbung dergestalt eingegliedert sein, dass der Erfolg seiner Handlung auch dem Betriebsinhaber zugutekommt und der Betriebsinhaber auf die Tätigkeit Einfluss nehmen konnte.

Das bloße Nennen einer Bezugsquelle und das Setzen eines Links genügen nicht für die Eingliederung in die betriebliche Organisation der Beklagten. Zwar kommt der Erfolg der Werbung der Beklagten finanziell zugute, aber die Beklagte habe keinen bestimmenden, durchsetzbaren Einfluss auf den Betreiber der Website. Es reicht, dass die Links den Vereinbarungen entsprechen, aber eine Prüfung der Internetseite sei für die Registrierung zum Partnerprogramm nicht von Nöten. Demnach konnten die Partner selbst über das Setzen der Links entscheiden und eine Vorgabe über das Ob und Wie der Werbung lag mangels vertraglicher Vereinbarung nicht vor.

Alle Links auf die Angebote der B. wurden von der Website entfernt. Ein Schadensersatz bekam die Klägerin nicht zugesprochen. Überdies musste sie die Kosten des Berufungsverfahrens tragen. Die Revision ist jedoch zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren betrug 150.000 Euro.


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