Rechtsanwalt & Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz
T (+49) 040 / 7344 086-0
Blog News
Ein sogenanntes Präsentationsarzneimittel liegt vor, wenn die Präsentation bzw. Werbung eines Produktes den Eindruck erweckt, dass jenes Produkt heilende Wirkungen im Sinne eines Arzneimittels oder Medizinproduktes hat.
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main entschied, dass der Hersteller den Vertrieb eines Produktes als bloßes Medizinprodukt zu unterlassen hat, wenn er nicht durch Vorlage eines vollständigen Bescheids des Bundesinstituts für Arzneimittel (BfArM) nachweist, dass das Produkt von Seiten der Behörde als Arzneimittel eingestuft wird.
Die Frage nach der Einordnung als Arzneimittel oder Medizinprodukt führte zu Uneinigkeiten bei der Bewerbung eines Hustensaftes. Die Beklagte vertreibt den Hustensaft „Mucosolvan Complete Phyto“ als sogenanntes Medizinprodukt und verfügt über keine Arzneimittelzulassung für dieses Produkt. Bei dem Kläger handelt es sich um einen Verein, der den unlauteren Wettbewerb bekämpft und dessen Ansicht zufolge es sich bei dem Hustensaft um ein Präsentationsarzneimittel handelt.
Die Parteien streiten um die Einordnung des von der Beklagten vertriebenen Hustensaft als Arzneimittel oder Medizinprodukt, da das Produkt die zwei anerkannten und monographierten Arzneipflanzen Spitzwegerich und Thymian als Wirkstoffe enthalte, welche seit jeher bei der Behandlung von Husten eingesetzt werden und deren pharmakologische Wirkung unbestritten ist. Zudem vertreibe die Beklagte unter der identischen Dachmarke auch diverse als Arzneimittel zugelassene Hustensäfte.
Der Begriff „Arzneimittel“ ist in § 2 des Arzneimittelgesetzes definiert. Arzneimittel, welche als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bestimmt sind, werden auch als Präsentationsarzneimittel (Arzneimittel nach der Bezeichnung) bezeichnet. Hierunter sind solche Produkte zu verstehen, welche durch ihre Bezeichnung oder Präsentation/Werbung beim durchschnittlich informierten Verbraucher den Eindruck erwecken, dass sie zur Heilung oder Verhütung menschlicher Krankheiten bestimmt sind. Auf die Wirksamkeit des Produktes kommt es für diese Einstufung nicht an.
Im Sinne eines vorbeugenden Verbraucherschutzes fallen auch diese Mittel unter die Regelungen des Arzneimittelgesetzes.
In der Regel dürfen Arzneimittel nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch das BfArM oder das Paul-Ehrlich-Institut zugelassen sind. Im Rahmen des Zulassungsverfahrens ist auch der Wirksamkeitsnachweis zu erbringen.
Im Eilverfahren hat das Landgericht der Beklagten aufgegeben, es zu unterlassen, den Hustensaft als Medizinprodukt zu vertreiben, was vom OLG bestätigt wurde.
Da die Beklagte ein Präsentationsarzneimittel ohne entsprechende Zulassung vertreibe und sie nicht nachgewiesen hat, dass der Vertrieb des Hustensaftes als Medizinprodukt von einer behördlichen Erlaubnis gedeckt ist, stehe dem Kläger ein Unterlassungsanspruch zu. Die relevanten Passagen in dem vorgelegten Bescheid der Beklagten seien nicht lesbar gewesen, da sie teilweise geschwärzt wurden.
Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass aufgrund der Aufmachung des Hustensafts davon auszugehen sei, dass es sich um ein Präsentationsarzneimittel handele. Wichtig hierbei ist, dass ein Mittel nicht nur dann als Arzneimittel anzusehen ist, wenn es die ihm zugeschriebene Wirkungen tatsächlich hat. Etwas kann dagegen auch als Arzneimittel gelten, wenn es für einen durchschnittlich informierten und verständigen Durchschnittsabnehmer so dargestellt wird, als ob es diese Wirkungen habe.
Die Vorstellung des Verbrauchers von den zugeschriebenen Wirkungen kann zum einen von den Auffassungen der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaft sowie durch Indikationshinweise oder Gebrauchsanweisungen beeinflusst sein. Zum anderen kann dieser Eindruck auch durch die Dosierung, Darreichungsform, die Primärverpackung, äußere Umhüllung sowie den Vertriebsweg erweckt werden. Auch sei die ausdrückliche Bezeichnung als Arzneimittel für die Einstufung als Präsentationsarzneimittel nicht erforderlich.
Zweck ist, den Verbraucher vor Produkten zu schützen, die für die Erfüllung der gewünschten therapeutischen oder prophylaktischen Zwecke nicht oder nicht hinreichend geeignet sind.
Bei der Art und Weise der Vermarktung des Hustensaftes der Beklagten werde jedoch der Eindruck erweckt, dass der Hustensaft Krankheiten heilen und lindern könne. Das OLG begründet seine Entscheidung damit, dass der Verbraucher durch die Formulierung „bei trockenem Husten und Husten mit Schleim, beruhigt den Hustenreiz und löst zusätzlich den Schleim“ erwarte, dass „die Krankheit Husten gelindert wird“. Dies werde dadurch verstärkt, dass andere Produkte der Beklagten als zugelassene, nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel bekannt seien.
Mit unserem spezialisierten Team von Rechtsanwälten für Wettbewerbsrecht und Fachanwälten für gewerblichen Rechtsschutz bieten wir Ihnen unter anderem die Abwehr und Durchsetzung von Abmahnungen sowie einstweiligen Verfügungen, die Erstellung modifizierter Unterlassungserklärungen nach Erhalt einer Abmahnung sowie die Überprüfung und Durchsetzung von strafbewehrten Unterlassungserklärungen im Bereich des Wettbewerbsrechts an.
Unser Team von SBS LEGAL rund um unsere Fachanwälte für gewerblichen Rechtsschutz André Schenk und Moritz Braun stehen Ihrem Unternehmen zu allen Fragestellungen im Wettbewerbsrecht, Werberecht und Lauterkeitsrecht zur Verfügung, um Sie kompetent und erfolgreich bei ihrer Unternehmensentwicklung und -absicherung anwaltlich zu begleiten.
Sie brauchen Hilfe im Wettbewerbsrecht? Wir sind für Sie telefonisch, per Mail oder über unser Direktkontaktformular da.