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Das Verwaltungsgericht (VG) Frankfurt a.M. hat die Klage eines Versicherungsmaklerunternehmens gegen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) abgelehnt.
Die Klägerin betreibt im Internet ein Vergleichsportal für Versicherungstarife. Versicherungsnehmer haben dort die Möglichkeit, über das Vergleichsportal einen neuen Versicherungsvertrag mit einem Versicherungsunternehmen abzuschließen oder bereits geschlossene Versicherungsverträge der Klägerin zur aktiven Betreuung zu übertragen.
Dabei wird zwischen dem Versicherungsnehmer und der Klägerin ein Versicherungsmaklervertrag geschlossen. Durch diesen Vertrag wird der Makler zum Vermittler der Versicherungsleistung für die Kunden. Der Makler führt alle Gespräche bezüglich der Versicherungsbelange für und mit den Kunden, sowie mit der entsprechenden Versicherung.
In dem Versicherungsmaklervertrag der Klägerin ist festgelegt, dass Sie dem Kunden etwaige Provisionen, die sie von den Versicherungsunternehmen erhält, abzüglich einer Pauschale in Höhe von 12 Euro weiterleitet. Dies können Abschlussprovisionen sein, welche die Klägerin für den erfolgreichen Abschluss eines Versicherungsvertrages erhält oder Bestandsprovisionen, welche die Klägerin für die laufende Betreuung eines Versicherungsvertrages erhält.
Die BaFin beaufsichtigt private Versicherungsunternehmen von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung und die öffentlich- rechtlichen Wettbewerbsversicherer, welche in mehreren Bundesländern tätig sind. Das Ziel der BaFin ist es, die Funktionsfähigkeit, die Stabilität und die Integrität des deutschen Finanzsystems zu wahren. Aus diesem Grund kontrolliert sie Banken, Versicherungen und den Handel mit Wert-Papieren. Bei Versicherungsunternehmen achtet die BaFin insbesondere darauf, dass nur zugelassene Unternehmen den Kunden Versicherungen anbieten und, dass sich diese Unternehmen an die geltenden Gesetze und Vorschriften halten.
Weitere Informationen über die Aufgaben der BaFin finden Sie > H I E R <
Die beklagte BaFin teilte den unter ihrer Aufsicht stehenden Versicherungsunternehmen im August und Oktober 2018 mit, dass sie in der Zusammenarbeit mit dem Vergleichsportal der Klägerin auf Grund des Geschäftsmodells einen Verstoß gegen das Provisionsabgabeverbot aus §48b, Absatz 1 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) sieht. Die BaFin wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Versicherungsunternehmen bei einer weiteren Zusammenarbeit mit der Klägerin auf Grundlage des streitigen Geschäftsmodells Untersagungsanordnungen drohen.
Gegen diese Mitteilung der BaFin hat sich die Klägerin im August 2018 zunächst mit einem Eilantrag gewandt, der erfolglos blieb (Beschluss vom 28.09.2018 - AZ: 7 L 3307/18.F).
Auszug aus §48b, Absatz 1 VAG:
Versicherungsunternehmen und Versicherungsvermittlern im Sinne von §59, Absatz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes ist es untersagt, Versicherungsnehmern, versicherten Personen oder Bezugsberechtigten aus einem Versicherungsvertrag Sondervergütungen zu gewähren oder zu versprechen. Dieses Verbot gilt auch für die Angestellten von Versicherungsunternehmen und Versicherungsvermittlern. Eine entgegenstehende vertragliche Vereinbarung ist unwirksam.
Die Betreiberin des Internetportals hat schließlich im August 2019 Klage gegen die BaFin erhoben. Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie mit ihrem Geschäftsmodell nicht gegen das Provisionsabgabeverbot aus §48b, Absatz 1 VAG verstößt und das Musterschreiben der BaFin daher rechtswidrig sei. Ziel ist, dass die BaFin verpflichtet wird neue Mitteilungen an die von ihr beaufsichtigten Versicherungsunternehmen zu verfassen mit dem Inhalt, dass sie nicht beabsichtige Ordnungsmaßnahmen auf Grund einer Zusammenarbeit mit dem Vergleichsportal und der damit verbundenen Provisionsweitergabe zu verhängen.
Das VG hat die Klage der Versicherungsmaklerin abgewiesen. Die Richter erachteten das Schreiben der BaFin für rechtmäßig und verneinten daher einen Anspruch der Klägerin auf Erlass von neuen Schreiben mit dem begehrten Inhalt.
Nach dem Urteil des VG handelt es sich bei dem Rundschreiben an die Versicherungsunternehmen um eine zulässige Aufsichtsmaßnahme der BaFin. Sie sei dazu berechtigt ihre rechtliche Auffassung zu äußern und mit Hilfe eines Rundschreibens auf gesetzliche Verstöße hinzuweisen. Daran ändert es auch nichts, dass die unternehmerische Tätigkeit der Klägerin infolge des Schreibens maßgeblich eingeschränkt wurde. Die Androhung einer möglichen Untersagungsanordnung erzielt faktisch dieselbe Wirkung, als hätte die BaFin bereits eine Untersagungsverfügungen gegen die mit der Klägerin kooperierenden Versicherungsunternehmen erlassen. Allerdings handelt die Behörde innerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs.
Versicherern und Versicherungsvermittlern ist es nach §48b, Absatz 1 VAG untersagt, Versicherungsnehmern aus einem Versicherungsvertrag Sondervergütungen zu gewähren oder zu versprechen. Dies erfasse nach Ansicht der Richter jede vollständige oder teilweise Provisionsabgabe. Das Geschäftsmodell der Betreiberin des Vergleichsportals beruht gerade auf der teilweisen Provisionsweitergabe an die Versicherungsnehmer und stellt daher einen Verstoß gegen §48b, Absatz 1 VAG dar.
Ziele des Provisionsabgabeverbots sind die Verhinderung von Fehlanreizen und der Schutz des Verbrauchers. Das Provisionsabgabeverbot soll verhindern, dass sich Verbraucher wegen der Aussicht auf weitergeleitete Provisionen für einen unpassenden oder unzureichenden Versicherungsschutz entscheiden.
Das Gericht ist der Auffassung, dass das Geschäftsmodell der Klägerin auch keine Ausnahme im Sinne des §48b, Absatz 4 Satz 1 VAG darstellt. Der Ausnahmetatbestand fordert, dass die Sondervergütung zur dauerhaften Leistungserhöhung oder Prämienreduzierung des vermittelnden Vertrags verwendet wird. Das Geschäftsmodell der Klägerin führe nicht zu einer dauerhaften Prämienreduzierung des vermittelnden Vertrags, da diese dauerhafte Prämienreduzierung nur vom Versicherer im Versicherungsvertrag selbst gewährt werden kann.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Beiden Parteien steht es frei, gegen diese Entscheidung Rechtsmittel am Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel einzulegen.
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Stephan R. Schulenberg, LL.M. Eur. (Rechtsanwalt & Spezialist für MLM- und Vertriebsrecht)