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| Internetrecht

Recht der Verbraucher auf Eingangsbestätigung per Mail


Das Landgericht München hat am 15.02.2022 über die Zulässigkeit mehrerer Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie über verbraucherrechtliche Informationspflichten entschieden (Az.: 33 O 4638/21). Die Klägerin ist ein gemeinnütziger Verein zur Wahrung von Verbraucherinteressen und ist in der vom Bundesamt für Justiz in Bonn geführten Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragen. Das bedeutet, dass sie es sich zur Aufgabe gemacht haben, die Interessen von Verbrauchern durch Beratung und Aufklärung zu wahren, weil der Normal-Verbraucher in der Regel nicht über ein fundiertes juristisches Wissen verfügt.

Nichtversendung einer elektronischen Eingangsbestaetigung verstößt gegen Verbraucherschutz
schreibmaschine-AGB-Verbraucher

Die Beklagte betreibt einen Online-Shop und verkauft Waren der Unterhaltungselektronik, Darunter auch Spiele-Konsolen. Die Beklagte hat in ihrem Online-Shop unter anderem folgende Klauseln, die den Vertragsschluss und die Durchführung einer Bestellung betreffen, angegeben:

  • „Der Beklagte wird die Annahme entweder durch Versenden einer Versandbestätigung oder durch Versand der Ware innerhalb von fünf Werktagen ab Eingang der Bestellung des Kunden erklären. Gibt er innerhalb dieser Frist keine Annahmeerklärung ab, wurde die Bestellung des Kunden nicht angenommen.“
  • „Ein Vertrag kommt erst durch die Annahmeerklärung von zustande, die mit einer gesonderten E-Mail (Auftragsbestätigung oder Versandbestätigung) versendet wird, spätestens jedoch durch den Versand der Bestellung".
  • „Ist zum Zeitpunkt der Bestellung die bestellte Ware nicht verfügbar, behält sich der Beklagte vor, die Bestellung der Ware nicht anzunehmen, so dass kein Vertrag zustande kommt. Hierüber wird der Kunde informiert. Bereits geleistete Zahlungen werden dem Kunden unverzüglich rückerstattet.“

Der Verbraucher bestellte über den Online-Shop der Beklagten einen Gegenstand zum Preis von 499,99 Euro, erhielt aber keine Bestellbestätigung. Auf diesen Umstand wies der Kunde den Shop-Betreiber per E-Mail hin, bekam aber trotz Aufforderung keine Bestätigungs-Mail und wurde dann am 30.09.2020 zur Zahlung des Betrags aufgefordert.

Im Nachgang zu dieser E-Mail forderte der Verbraucher die Beklagte erneut zum Versand einer Bestellbestätigung auf. Am 01.10.2020 versandte der Online-Shop sodann die geforderte Bestellbestätigung gemeinsam mit einer weiteren Zahlungsaufforderung und unter Nennung des 19.11.2020 als Lieferdatum für den bestellten Artikel.

Mit E-Mail vom 06.11.2020 informierte die Beklagte den Verbraucher schließlich darüber, dass sie nicht zusichern könne, dass der Artikel Erscheinungsdatum geliefert werden könne.

Mit Schreiben vom 05.01.2021 mahnte die Klägerin den Online-Shop Betreiber wegen der Verwendung der streitgegenständlichen AGB, der fehlenden Versendung einer Eingangsbestätigung nach erfolgter Bestellung sowie des Verlangens einer Zahlung ohne vorherige Bestellbestätigung ab und forderte diese zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Nach Ansicht der Klägerin stünden ihr nach Maßgabe der Vorschriften des UKlaG und UWG hinsichtlich der AGB Unterlassungsansprüche zu.

Gründe für die Abmahnung des Online-Shop Betreibers

Die AGB benachteilige den Verbraucher unangemessen, weshalb sie nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam sei. Hierfür bringt die Klägerin vor, dass die Regelung bei Lichte betrachtet eine Vorleistungspflicht des Verbrauchers begründet und dies bereits vor Zustandekommen eines entsprechenden Schuldvertrags. Damit weicht die Vorschrift vom Prinzip der Zug-um-Zug-Leistung ab, also einem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung. Durch die Vorleistungspflicht werde dem Kunden die Möglichkeit der Einrede des nichterfüllten Vertrags gem. § 320 BGB genommen. Unangemessen ist eine Benachteiligung dann, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von Vornherein dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (BGH NJW 2010, 57). Ob im Einzelfall eine Benachteiligung als unangemessen einzustufen ist, muss anhand einer umfassenden Würdigung sämtlicher Umstände ermittelt werden. Wie das Gericht im vorliegenden Fall entschieden hat, erfahren Sie weiter unten im Artikel.

Die AGB seien auch intransparent und benachteiligen den Verbraucher unangemessen. Das folge auch aus § 307 Abs.1 S.1, Abs. 2 BGB. Die Vorschriften sehen auch den Fall vor, dass die Ware zwar nicht verfügbar sei, die Beklagte das Angebot des Kunden aber dennoch annehme, obwohl die Annahme aber weder durch eine Versandbestätigung, noch durch den tatsächlichen Versand der Ware erklärt werden, wie dies die Klauseln vorsehen.

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Die Klausel verstoße zudem gegen § 309 Nr. 2a BGB und gegen das Transparenzgebot, weil die faktische Vorleistungspflicht unter der Überschrift „Warenverfügbarkeit“ geregelt sei. Nach dieser Norm darf die Klausel das Leistungsverweigerungsrecht, das dem Vertragspartner nach § 320 BGB zusteht, nicht ausschließen oder einschränken.

Die Regelungen seien auch nach § 308 Nr. 6 BGB unwirksam, weil sie eine unzulässige Zugangsfiktion enthalten. Insoweit fordere § 130 Abs. 1 BGB, dass eine Willenserklärung, die gegenüber Abwesenden abgegeben wird, erst in dem Zeitpunkt wirksam wird, in dem sie dem Empfänger zugeht. Dieser Grundsatz gelte uneingeschränkt auch für die Annahme eines Vertragsangebots nach § 147 BGB. Die angegriffene AGB regele hingegen, dass die Beklagte die Annahme des Vertragsangebots des Verbrauchers durch den bloßen Versand der bestellten Ware erklären könne. Der Versand der Ware fingiere somit einen Zugang i.S.v. § 130 Abs. 1 BGB. Nach § 308 Nr. 6 BGB muss der Verwender der AGB also den Verbraucher über die Nichtverfügbarkeit informieren oder das Geld unverzüglich rückerstatten und kann sich anderenfalls nicht einfach vom Vertrag lösen, nur weil die Leistung nicht verfügbar ist.

Die Klägerin meint weiter, durch den streitgegenständlichen Bestellprozess verstoße die Beklagte gegen ihre Pflicht zum unverzüglichen Versand einer elektronischen Zugangsbestätigung der Bestellung aus § 312i Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BGB. Der Versand einer Zahlungsaufforderung ohne vorherige Zugangsbestätigung stehe auch nicht in Einklang mit geltendem Recht.


Entgegnung des Online-Shop BetreibersSchreibmaschine Abmahnung

Die Beklagte trägt vor, sie unterhalte ein System, das automatisierte Bestellbestätigungen verschicke. Dieses System sei im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Bestellungen des Verbrauchers aufgrund der Vielzahl von Bestellungen des Produkts überfordert gewesen. Die Website der Beklagten sei gleichfalls überlastet gewesen. Es habe sich um eine absolute Ausnahmesituation gehandelt. Überdies meint die Beklagte, dass alle vorgebrachten Gründe nicht einschlägig wären. Hierfür bringt sie teilweise  sehr schwache Argumente vor, die einfach den gegenteiligen Wortlaut der Beklagten wiedergeben.

Gerichtsentscheidung für den Verbraucherschutz

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist vorliegend das spezielle Klauselverbot des § 308 Nr. 6 BGB nicht einschlägig, denn die beanstandete Klausel enthält bei genauer Betrachtung keine Fiktion eines Zugangs, sondern erklärt jedenfalls implizit einen Zugang der Annahmeerklärung für den Fall der Versendung der Ware für gänzlich entbehrlich. Es handelt sich somit um die Konstellation eines formularmäßigen Zugangsverzichts.

Die beanstandete Klausel benachteiligt den Vertragspartner aber unangemessen, § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Unangemessen ist eine Benachteiligung dann, wenn der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von Vornherein dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen. Das wird immer nach dem Einzelfall geprüft. Ein formularmäßiger Zugangsverzicht stellt einen Nachteil für den Vertragspartner dar, weil er aufgrund dessen keine genaue Kenntnis vom genauen Zeitpunkt des Zustandekommens des Vertrags hat. Diese Kenntnis ist für den Verbraucher aber gerade in Fällen des Erwerbs über das Internet wichtig, weil er - auch vor dem Hintergrund eines gesetzlichen Widerrufsrechts (§ 312g Abs. 1 BGB) - bis zur Kenntnis unter Umständen alternative Angebote prüft und in diesem Zusammenhang entsprechende Dispositionen vornimmt.

Durch die Nichtversendung einer elektronischen Eingangsbestätigung hat die Beklagte gegen die verbraucherschützende Pflicht aus § 312i Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BGB verstoßen, vgl. § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 lit b) UKlaG.

Die Beklagte ist für den Verstoß auch verantwortlich, denn vorliegend war die Beklagte gehalten, dafür Sorge zu tragen, dass trotz objektiv erwartbar hohen Bestellvolumens im Zusammenhang mit Bestellungen des infrage stehenden Produkts die gesetzlich geforderten Bestellbestätigungen verschickt werden können.

Ergebnis des Streits

Weil die Klage der Klägerin teilweise begründet war, steht ihr der geltend gemachte Anspruch auf anteiligen Sach- und Personenaufwand wegen der ausgesprochenen Abmahnung aus § 13 Abs. 3 UWG zu.

Die Verbandspauschale ist auch dann in voller Höhe zu zahlen, wenn die Abmahnung nur teilweise begründet war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit, welche die Klägerin gefordert hatte, findet ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 11, 709 S. 1 und S. 2, 711 S. 1 und 2 ZPO.


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