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Der Kauf einer Immobilie geht mit einer großen finanziellen Entscheidung einher. Darum ist es ratsam, alles hierfür Notwendige vertraglich festzuhalten. Neben dem Kaufvertrag können im Vorfeld auch ein Maklervertrag und ein Reservierungsvertrag zustande kommen. Letzterer ist jedoch, in seiner üblichen Form, unwirksam. Das hat der BGH am 20.04.2023 (Az. I ZR 113/22) entschieden.
Hierbei handelte es sich zunächst um normale Verhandlungen. Die Kläger interessierten sich für ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück. Dieses wurde ihnen von der Beklagten, einer Immobilienmaklerin, vermittelt, nachdem die Parteien im Vorfeld einen Maklervertrag geschlossen hatten. Dort war vereinbart, dass die Maklerprovision 6,96% des späteren Kaufpreises betragen sollte.
Nun hatte sich die Suche also auf dieses spezielle Grundstück mit einem Kaufpreis von 420.000€ verlagert. Die Kläger hatten allerdings noch keine Finanzierung durch ihre Bank erhalten, weshalb eine Kaufentscheidung noch nicht getroffen werden konnte. Und genau für solche Fälle bieten Immobilienmakler den sog. Reservierungsvertrag an.
Wie der Name vermuten lässt, beinhaltet dieser, dass der Makler das Grundstück für den Kaufinteressenten gegen eine Reservierungsgebühr zurückhält. Der Makler darf in der vereinbarten Zeit also keine anderen Interessenten an das Grundstück führen. Im Gegenzug zahlt der Hauptinteressent eine Reservierungsgebühr. Vorliegend betrug diese 1% des Kaufpreises, die Kläger zahlten also im Einvernehmen 4.200€ an die Beklagte.
Im Reservierungsvertrag war unter anderem geregelt, was mit der Gebühr geschehen sollte. Für den Fall, dass es zu einem Kaufvertrag über das Grundstück käme, würde sie auf die Maklerprovision angerechnet werden. Würde jedoch das Zustandekommen des Kaufvertrages scheitern, aus welchen Gründen auch immer, so wäre die Reservierungsgebühr nicht zurückzuerstatten. Denn mit der Zahlung würde die Leistung des Maklers honoriert werden, die Immobilie exklusiv für den Kaufinteressenten anzubieten und/oder zu verkaufen.
Hier deutet sich bereits an, dass so ein Vertrag eventuell benachteiligend für den Interessenten sein könnte. Er zahlt eine erheblich Summe (hier 4.200€), obwohl für den Kauf noch entscheidende Schritte ausstehen. Die Reservierungszeit beträgt hierbei nur einen Monat. Sollte es in der Zeit zu Problemen kommen, dann wäre eine finanzielle Zwangslage schnell denkbar.
Vorliegend war es so, und die Beklagte bot den Klägern eine Verlängerung der Reservierungsvereinbarung um einen Monat gegen eine Gebühr von 2.500 € an. Sie wären also in Summe bei 6.700€ gewesen, obwohl noch immer alles schiefgehen könnte. Die Kläger nahmen also von dem Grundstückskauf abstand. Sodann forderten sie die Beklagte zur Rückzahlung der 4.200€ auf, was diese endgültig ablehnte.
Mit der Rückzahlungsforderung scheiterten die Interessenten vor den ersten gerichtlichen Instanzen. Zunächst wies sie das Amtsgericht ab, danach auch das Berufungsgericht. Sie gaben jedoch nicht auf und beschritten den Weg der Revision zum BGH. Und das hat sich gelohnt, denn dieser sah die Rechtslage anders als seine Vorinstanzen.
Eine entscheidende Frage war, ob der Reservierungsvertrag einer Kontrolle von sog. Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) unterliegt. Dann müsste der Vertrag nach einer Reihe von Vorschriften aus den Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in den §§ 305 ff. kontrolliert werden.
Wie der BGH in seinem Urteil ausführte, kann man damit aber nicht jede vertragliche Regelung kontrollieren. Nicht kontrolliert werden können für Abreden über den unmittelbaren Leistungsgegenstand, während Regelungen, die die Leistungspflicht der Parteien einschränken, verändern, ausgestalten oder modifizieren, inhaltlich zu kontrollieren sind.
Und genau hier sah der BGH die Sache anders. Der Reservierungsvertrag sei nicht rechtlich selbstständig zu beurteilen, sondern eine Nebenabrede zum Maklervertrag selbst. Denn ohne den Maklervertrag würde die Existenz des Reservierungsvertrags keinen Sinn mehr ergeben.
Dafür sprachen mehrere Umstände. Zunächst, dass die Parteien im Reservierungsvertrag als „Makler“ und „Kaufinteressent“ bezeichnet wurden. Dann wurde als Grund für die Reservierungsgebühr angeführt, dass die Verpflichtung des Maklers zum Zurückhalten der Immobilie honoriert würde. Das würde ohne einen Maklervertrag keinen Sinn ergeben. Schließlich würde die Gebühr im Erfolgsfall auf die Maklerprovision angerechnet werden.
Der BGH fuhr also mit einer Inhaltskontrolle nach den AGB-Vorschriften des BGB fort:
Nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.
Und nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist (Nr. 1) oder wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (Nr. 2).
Entscheidend ist hier also eine unangemessene Benachteiligung. Diese sei gegeben, wenn der Verwender von AGB durch eine einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen.
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen sei mittels einer umfassenden Würdigung der Art des konkreten Vertrags, der typischen Interessen der Vertragschließenden und der die jeweilige Klausel begleitenden Regelung zu beurteilen.
Wie oben bereits angeführt, würde die erhebliche Gebühr nicht erstattet werden, egal aus welchem Grund ein Kaufvertrag nicht zustande kommt. Hierunter fiele also auch die Situation, dass der Verkaufsinteressent (Eigentümer des Grundstücks) seine Meinung ändert und nicht mehr verkaufen will. Er kann davon durch einen Reservierungsvertrag nicht abgehalten werden, denn der gilt nur zwischen dem Makler und dem Kaufinteressenten.
Ferner sei die Höhe einer solchen Gebühr regelmäßig geeignet, die Interessenten in ihrer Kaufentscheidung einzuschränken, weil sie sie nicht verfallen lassen wollen, sondern sie auf die Maklerprovision anrechnen wollen. Die Reservierungsdauer von einem Monat sei hierbei auch zu kurz, um diese Sorgen zu beseitigen.
Stelle man nun Leistung und Gegenleistung gegenüber, wäre letztere nicht ausreichend, um das erhebliche Risiko auszugleichen. Die Maklerin war nur verpflichtet, die Immobilie zurückzuhalten. Sie war nicht etwa zusätzlich verpflichtet, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um die Interessenten zu unterstützen, damit ein Kaufvertrag zustande kommt. Sie würde ihre Gebühr gezahlt bekommen, selbst wenn das Scheitern eines Kaufvertrages überhaupt nicht im Einflussbereich des Interessenten stünde.
Somit sah der BGH den vorliegenden Reservierungsvertrag als unwirksam an. Die Beklagte wurde zur Rückzahlung der Gebühr inklusive Zinsen und Anwaltskosten verurteilt. Dies stellt einen Rückschlag für Makler dar - sie müssen nun bei diesen Verträgen besser aufpassen.
Rechtliche Verhältnisse werden häufig durch Verträge ausgestaltet. Das hat viele Vorteile, wie etwa eine Warnfunktion oder eine Beweisfunktion. Im Einzelnen kann die vertragliche Ausgestaltung jedoch rechtliche Herausforderungen begründen. SBS LEGAL hilft Ihnen dabei, sicher zu navigieren und sich konform zu jeglichen Vorschriften zu verhalten. So riskieren Sie nicht, unangemessen benachteiligt zu werden oder unwirksame Verträge abzuschließen.
Sie brauchen eine Beratung im Vertragsrecht oder einen Vertragsrechtsanwalt, etwa für die sichere Handhabung von Reservierungsverträgen oder Maklerverträgen? Dann sind Sie bei uns richtig.