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Gerade in der jetzigen Zeit der Niedrigzinsen gibt es vielerlei Verlockungen und Möglichkeiten sein Geld auf dem Kapitalmarkt anzulegen. Prospekte dienen dabei der möglichst genauen und zuverlässigen Information der Anlageinteressenten und sollen diese bei der Anlageentscheidung unterstützen. Ob der Anleger das Prospekt gelesen hat oder nicht spielt für die Verjährung von bestehenden Schadensersatzansprüchen eine entscheidende Rolle.
Der Kläger trat 1992 einem Beteiligungsfonds bei. In den ersten drei Jahren erhielt er regelmäßig Ausschüttungen. In der Folgezeit unterblieben diese und die Anleger wurden stattdessen 1999 aufgefordert zur Vermeidung einer Insolvenz des Fonds Nachschüsse zu leisten.
Beteiligungsfonds (geschlossene Fonds) sind Personengesellschaften und unterliegen den Regelungen von HGB und BGB. Anleger erwerben unternehmerische Beteiligungen an nicht börsennotierten Unternehmen. Die Beteiligungsfonds bündeln das Kapital mehrerer Investoren, um ein Wirtschaftsgut zu finanzieren, das ein einzelner Investor allein nicht finanzieren könnte. Fondsobjekte sind z.B. Schiffe, Immobilien, Flugzeuge oder erneuerbare Energien. Mit dem Erwerb einer Beteiligung wird der Anleger steuerlich und haftungsrechtlich zum Mitunternehmer.
Der Kläger verlangte Schadensersatz, da seine Anlageentscheidung auf einer fehlerhaften Beratung des Vermittlers beruhe. Dieser habe die Beteiligung als sicher bezeichnet und unterlassen auf ein unternehmerisches Risiko, vor allem auf die Möglichkeit des Totalverlusts und auf die mangelnde Eignung des Fonds zur Altersvorsorge hinzuweisen. Auch über das Fehlen eines Zweitmarkts und das Risiko des Wiederauflebens der Kommandithaftung nach § 172 Abs. 4 HGB sei er nicht informiert worden.
Das OLG München hatte bereits entschieden, dass bestehende Schadensersatzansprüche gem. §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjährt seien. Der Kläger ging in Revision- mit Erfolg. Der Bundesgerichtshof kippte die Entscheidung des OLG. Die Ansprüche seien noch nicht verjährt, da die Verjährungsfrist für einzelne Pflichtverletzungen erst später zu laufen angefangen hat.
Die Schadensersatzansprüche sind mit dem Erwerb der Beteiligungen im Jahre 1992 entstanden und unterliegen nach § 195 BGB der 3- jährigen Verjährungsfrist.
Für den Beginn der Frist ist es entscheidend, dass der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder seine diesbezügliche Unkenntnis nicht auf grober Fahrlässigkeit beruht (§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Grundsätzlich geht man von Kenntnis des Anlegers aus, wenn ihm das Prospekt zur Verfügung gestellt wird und ihm damit alle relevanten Informationen zugänglich sind. Der BGH hat sich in einer Einzelfallentscheidung gegen diese Annahme ausgesprochen.
Schadensersatz bei ungelesenem Anlageprospekt? Grob fahrlässige Unkenntnis im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB liegt nur vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis deshalb fehlt, weil er ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt und nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Der BGH hat entscheiden, dass der Anleger nicht schon deshalb grob fahrlässig handelt, wenn er das Anlageprospekt nicht liest.
Diese Auffassung begründete das Gericht damit, dass der Anleger bei seiner Anlageentscheidung die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse eines Anlageberaters oder -vermittlers in Anspruch nimmt und diesen Beratungen und Auskünften vertraut. Die Prospektangaben treten demgegenüber regelmäßig in den Hintergrund. Vertraut der Anleger auf den Rat und die Angaben des Beraters oder Vermittlers und unterlässt eine Kontrolle durch Lesen des Anlageprospekts, handelt er nicht grob fahrlässig.
Spätestens ab dem Zeitpunkt der Nachschussforderungen im Jahr 1999 hatte der Kläger allerdings Kenntnis von einigen -nicht aber allen- anspruchsbegründenden Umständen. Ihm war bewusst, dass die gewählte Kapitalanlage nicht sicher und deswegen auch zur Altersversorgung ungeeignet war bzw. das ernsthafte Risiko eines Totalverlusts bestand. Keine Kenntnis hatte der Kläger allerdings davon, dass es keinen Zweitmarkt gibt und die Kommandithaftung nach § 172 Abs. 4 HGB wiederaufleben kann. Diese Unkenntnis beruht auch nicht auf grober Fahrlässigkeit, da die Nachschussforderungen kein Anlass bieten das Prospekt nachträglich zu lesen.
Das Prospekt diene vorrangig der Information des Anlageinteressenten im Zusammenhang mit der Anlageentscheidung. Dieser Zweck ist mit dem unwiderruflich gewordenen Erwerb der Anlage erfüllt. Stellen sich im Nachhinein weitere Pflichtverletzungen heraus, muss sich der Anleger seine Unkenntnis aufgrund des Nichtlesens des Prospekts nicht gegen sich gelten lassen.
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