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Das LG Heilbronn hat geurteilt, dass eine Auskunftei (wie z.B. Schufa, creditreform, Arvato, usw.) Informationen über eine Person auch entgegen dem Willen dieser Person speichern darf – und zwar über mindestens drei Jahre (Urteil vom 11.04.2019 - Az.: 13 O 140/18).
Geklagt hatte ein Betroffener, in dessen Eintrag bei der Auskunftei auch seine Restschuldbefreiung von einem Vermögensinsolvenzverfahren zu finden war. Der Kläger forderte von der Beklagten (der Auskunftei), diese Information über ihn zu löschen und seinen Score-Wert neu zu berechnen – und in diese Neuberechnung die Restschulbefreiung nicht einzubeziehen.
Das Landgericht (LG) Heilbronn wies die Klage ab. Die Begründung der Heilbronner Richter dafür, dass die Auskunftei die betreffenden Informationen zur Restschuldbefreiung des Klägers nicht löschen müsse: Die Speicherung der Informationen würden sowohl das öffentliche Recht als auch das berechtigte Interesse betreffen. Demnach dürften die Informationen auch über mehrere Jahre hinweg gespeichert werden bzw. müssten sogar mindestens drei Jahre lang gespeichert werden.
Die neu in Kraft getretene Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sehe keine Sperrfrist oder Löschfrist für Informationen vor. Die Informationen müssten rein nach der DSGVO also nie gelöscht werden.
Aber: Der Code of Conduct des Verbandes der Wirtschaftsauskunfteien, der Verhaltensregeln für Auskunfteien vorgibt, besage, dass für einige Informationen eine Löschfrist von drei Jahren besteht – darunter auch für die Restschuldbefreiung, um die es in der vorliegenden Klage konkret ging. Also müsste diese Information nach dem Code of Conduct gelöscht werden – allerdings erst nach einer Frist von drei Jahren.
In der Vergangenheit hatte es ein Verbraucherinsolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers gegeben. Im Mai 2017 wurde das Verfahren mit einer Restschuldbefreiung beendet.
Eben diese Information zur Restschulbefreiung hatte die beklagte Auskunftei bei sich über den Kläger gespeichert. Aus den Unterlagen der Auskunftei zum Kläger ging hervor: "Aus den Veröffentlichungen der Insolvenzgerichte stammt die Information, dass zudem unter der Nummer (...) geführten Insolvenzverfahren die Erteilung der Restschuldbefreiung am 18.05.2017 mitgeteilt wurde."
Jedem, der sich Informationen über den Kläger bei der Auskunftei einholte, wurde also ersichtlich, dass es ein Insolvenzverfahren gegen diese Person
gegeben hatte und dass ihm die Restschulden schließlich erlassen worden waren.
Diese über ihn gespeicherte Information beeinträchtige wohl den Bonitäts-Score des Klägers bei der Auskunftei – und somit seine Chance, von Kreditgebern als liquide eingestuft zu werden und entsprechend einen Kredit zu erhalten.
Deswegen klagte er. Die Auskunftei solle diese Information zu seiner Restschuldbefreiung löschen. Denn bevor die DSGVO in Kraft getreten war, galt noch: Informationen müssen am Ende des dritten Kalenderjahres, nachdem der Sachverhalt erledigt worden ist, in der Auskunft über die betreffende Person gelöscht werden. Da das Insolvenzverfahren Mitte 2017 mit der Restschuldbefreiung beendet worden war, hätten gemäß dieser Regelung also am Ende des Jahres 2019 die Informationen darüber gelöscht werden müssen – so die Begründung bzw. Forderung des Klägers.
Das LG Heilbronn wies die Klage gegen die Auskunftei, Informationen löschen zu müssen, ab. Entgegen der Begründung des Klägers bezogen sich die Heilbronner Richter in ihrer Urteilsverkündung auf die DSGVO. Demnach bestünde öffentliches wie berechtigtes Interesse daran, dass die Informationen gespeichert werden.
Außerdem sehe die DSGVO keine verpflichtende Löschung bestimmter Informationen vor.
Die DSGVO besagt bezüglich der Rechtmäßigkeit der Verarbeitung von Daten:
„Die Verarbeitung ist nur rechtmäßig, wenn […] die Verarbeitung für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich [ist], die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde“ (Artikel 6, Absatz 1 lit.e (DSGVO))
Das heißt, dass Daten verarbeitet werden dürfen, wenn das im öffentlichen Interesse liegt. Dass auch gespeicherte Informationen bei Auskunfteien dazu zählen, beweise die ständige Rechtsprechung: In jeglichen Prozessen wird immer wieder beschlossen, dass an Auskunfteien bzw. an den von ihnen gespeicherten Informationen öffentliches Interesse bestehe.
Nach Auffassung des LG Heilbronn bestünden nicht nur ein öffentliches Interesse an Auskunfteien, sondern auch berechtigte Interessen Dritter daran, dass gewisse Daten bei einer Auskunftei gespeichert werden.
Diese Dritten, deren Interesse die Datenspeicherung betreffen, seien die Vertragspartner der Auskunftei – also die Kreditgeber. Sie holen sich nämlich bei der Auskunftei Informationen darüber ein, inwieweit jemand, der einen Kredit bei ihnen beantragt hat, in der Vergangenheit seine Schulden beglichen hat. Es besteht also ein sachlicher Informationsbedarf der Kreditgeber zur Liquidität ihrer Kreditnehmer. Und diese Informationen, die sie benötigen, holen sich die Kreditgeber bei den Auskunfteien ein.
Gäbe es keine Auskunfteien bzw. keine hinreichenden Informationen bei den Auskunfteien, müssten sich die Kreditgeber einzig und allein darauf verlassen, dass ihre Kreditnehmer ihnen die Wahrheit in Bezug auf die Begleichung ihrer vergangenen Schulden sagen. Das wiederum sei ebenfalls nicht hinreichend, wenn sich ein Kreditgeber über die Liquidität eines möglichen Kreditnehmers informiert, um dessen Kreditwürdigkeit zu beurteilen bzw. einzusehen.
Kreditgeber haben also ein berechtigtes Interesse daran, dass Informationen zu Kreditnehmern bei Auskunfteien gespeichert werden – insbesondere solche Informationen zu Insolvenzverfahren mit Restschuldbefreiung.
Da dieses berechtigte Interesse Dritter (der Kreditgeber) besteht, dürfen gemäß Artikel 6, Absatz 1 lit.f (DSGVO) die betreffenden Daten bei Auskunfteien gespeichert werden. Die vom Kläger geforderte Löschung ist somit haltlos.
In der DSGVO finden sich keine Prüf- oder Löschfristen wieder. Dementsprechend könnten Informationen wie zur Restschuldbefreiung einer Person ewig gespeichert werden.
Allerdings greift an der Stelle der sogenannte Code of Conducts des Verbandes der Wirtschaftsauskunfteien. Dass dieser Code of Conducts eine Löschfrist vorsieht, wo die DSGVO keine erkennen lässt, ist rechtmäßig: Artikel 40 (DSGVO) erlaubt es Verbänden, Verhaltensregeln auszuarbeiten oder zu ändern oder erweitern, nach denen die DSGVO angewandt wird. Das umfasst also auch eine Löschfrist zu gespeicherten Daten.
Der Code of Conducts des Verbandes der Wirtschaftsauskunfteien ist eine verbindliche Sammlung von "Verhaltensregeln für die Prüf- und Löschfristen von personenbezogenen Daten durch die deutschen Wirtschaftsauskunfteien vom 25.05.2018". Diese Verhaltensregeln sind von der Datenschutzbehörde Nordrhein-Westfalens genehmigt worden – und sind somit entsprechend Artikel 40, Absatz 5 (DSGVO) als allgemeinverbindliche Verhaltensregeln innerhalb einer Branche gültig.
Darin steht unter anderem auch eine Frist für die Löschung von Daten zu Verbraucherinsolvenzen oder Restschulbefreiung – also genau die Informationen, um die es in der vorliegenden Klage geht. Demnach müssen diese Daten zur Insolvenz oder der (in dem hiesigen Fall relevanten) Restschuldbefreiung nach drei Jahren gelöscht werden. Diese Dreijahresfrist beginnt allerdings erst dann, wenn das Insolvenzverfahren beendet worden ist – oder eben beschlossen wurde, dass die restlichen noch bestehenden Schulden erlassen werden, d.h. nicht mehr zurückgezahlt werden müssen.
In dem hier behandelten Fall war die Restschuldbefreiung am 18. Mai 2017 erteilt worden. Daraus folgt: Die Information zu dem Kläger bei der Auskunftei, dass er eine Restschulbefreiung erhalten hatte, muss erst am 18. Mai 2020 gelöscht werden. Das Urteil des LG Heilbronn stammt vom 11. April 2019. Zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung (und erst recht zu dem Zeitpunkt, als der Kläger seine Klage eingereicht hat) hat die beklagte Auskunftei die Daten also noch nicht löschen müssen – weder nach der geltenden DSGVO noch nach dem Code of Conducts des Verbandes für Wirtschaftsauskunfteien.
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