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| Wettbewerbsrecht

SEPA-Diskriminierung stellt Wettbewerbsverstoß dar


Das Lauterkeitsrecht regelt mit dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) das Marktverhalten der Unternehmen und schützt Verbraucher, Mitbewerber und die Allgemeinheit vor ungerechten Wettbewerbsverletzungen. Eine solche Wettbewerbsverletzung kann unter anderem auch in einer sogenannten SEPA-Diskriminierung liegen. Um das Risiko von Zahlungsausfällen zu minimieren, behalten viele Händler die Zahlungsart Lastschrift den Kunden vor, die über ein deutsches Konto verfügen.

Am 17.02.2022 urteilte das Landgericht Oldenburg, dass eine Ablehnung eines ausländischen Kontos als Zahlungsquelle wettbewerbsrechtlich unzulässig ist, da dies zu einem Verstoß gegen Artikel 9 Absatz 2 SEPA-Verordnung führen würde (Az. 15 O 1977/21).

Versicherungsverein weigerte sich, Lastschrift für ein ausländisches Konto einzurichten

Im vorliegenden Fall war der Beklagte ein Versicherungsverein. Eine Verbraucherin bzw. Kundin wollte bei dem Versicherungsverein zur Zahlung ihrer Verpflichtungen eine Lastschrift für ein litauisches Konto einrichten lassen. Dies verweigerte der Verein und bat die Verbraucherin um Mitteilung einer deutschen IBAN. Die beim Bundesamt der Justiz eingetragene Wettbewerbszentrale sah darin eine wettbewerbswidrige Tätigkeit und verlangte Unterlassung ebendieser.

Wonach bemisst sich ein möglicher Wettbewerbsverstoß?

Wenn ein Unternehmen eine unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann es bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung verklagt werden. Die Kernfrage ist dabei, wann eine „unzulässige geschäftliche Handlung“ vorliegt. Im UWG wird klargestellt, dass unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig sind. Eine unlautere Handlung im Sinne des UWG liegt indes vor, wenn einer gesetzlichen Vorschrift zuwidergehandelt wird, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Es muss also gegen eine bestimmte Marktverhaltensregelung verstoßen werden, damit man das Unternehmen auf Unterlassung in Anspruch nehmen kann.

Eine solche Marktverhaltensregelung findet man in der SEPA-VO. Danach darf ein Zahlungsempfänger (hier: der Versicherungsverein), der eine Überweisung annimmt oder eine Lastschrift verwendet, um Geldbeträge von einem Zahler einzuziehen, der Inhaber eines Zahlungskontos innerhalb der Union ist, nicht vorgeben, in welchem Mitgliedstaat dieses Zahlungskonto zu führen ist, sofern das Zahlungskonto europaweit von jedem beliebigen Mitgliedstaat aus erreichbar ist. Diese Vorschrift regelt das Verhalten des Zahlungsempfängers, also der Person, die über ein Zahlungskonto verfügt und bei einem Zahlungsvorgang als Empfänger des überwiesenen Geldes benannt wird. Unternehmer, die Waren oder Dienstleistungen für Verbraucher anbieten, sind hiervon besonders betroffen. Daher regelt die SEPA-VO vor allem im Interesse der Verbraucher als Marktteilnehmer, wie sich die Unternehmen im Markt zu verhalten haben. Die Vorschrift schützt das Recht des Verbrauchers, Finanztransaktionen über ein Konto in einem anderen Mitgliedstaat als seinem Wohnsitz durchzuführen. Wird gegen die SEPA-VO verstoßen, wird die Handlungsfreiheit der Verbraucher bei der Bestellung von Produkten oder Dienstleistungen und damit ihre Teilnahme am Markt eingeschränkt.

Ablehnung des ausländischen Kontos verstößt gegen die SEPA-VO

In dem hiesigen Fall ist das Gericht der Ansicht: Die Ablehnung des ausländischen Kontos durch den Versicherungsverein stellt eine Verletzung der SEPA-VO dar. Indem der Versicherungsverein die Verbraucherin um eine deutsche IBAN gebeten hat, hat er die Nichtakzeptanz des ausländischen Kontos ausgedrückt. Da der geltend gemachte Unterlassungsanspruch kein Verschulden voraussetzt, ist ferner nicht zu klären, ob dem Versicherungsverein Schadhaftigkeit vorgeworfen werden kann. Das indirekte Vorschreiben eines deutschen Zahlungskontos steht demnach nicht in Einklang mit der SEPA-VO. Die Tatsache, dass der Versicherungsverein die Vorschrift in eine höfliche „Bitte“ einkleidet, vermag nicht zu einem anderen Ergebnis führen.

Dieser festgestellte Verstoß gegen die SEPA-VO muss nach dem UWG auch geeignet sein, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen. Mit Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 06.02.2020 – Az. I ZR 93/18) stellt das LG Oldenburg fest, dass dies im Hinblick auf Verbraucher der Fall ist.

Begründet der Verstoß gegen die SEPA-VO eine Wiederholungsgefahr?

Damit der Unterlassungsanspruch gegen den Versicherungsverein begründet ist, müsste neben dem Wettbewerbsverstoß an sich auch eine Wiederholungsgefahr vorliegen. Das LG Oldenburg bejaht dies und führt zur Begründung aus, dass der vollendete Verstoß gegen die SEPA-VO zu einer widerleglichen Vermutung der Wiederholungsgefahr führt. Für die Widerlegung dieser Vermutungsregel ist grundsätzlich die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung erforderlich. Eine solche wurde durch den Versicherungsverein jedoch nicht abgegeben.

Der Versicherungsverein wurde insofern von dem LG Oldenburg zur Unterlassung verurteilt. Mit Hinweisbeschluss vom 25.05.2022 teilt das Oberlandesgericht Oldenburg die Rechtsauffassung des Landgerichts (Az. 6 U 42/22).


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