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Dass Influencer auf Instagram, YouTube und Co. Produkte bestimmter Marken posten, ist gang und gäbe. Wenn sie dafür von dem Hersteller monetäre oder materielle Zuwendungen erhalten, ist so eine Produktempfehlung klar als Werbung zu kennzeichnen. Aber wie verhält es sich eigentlich, wenn ein Influencer sich ein Produkt von seinem eigenen Geld kauft, das Produkt ehrlich gut findet und deswegen seinen Followern ans Herz legen möchte? Ist das dann Werbung – und muss als solche gekennzeichnet werden?
Nein, finden viele Influencer. Immerhin handelt es sich um eine ehrliche Empfehlung ihrerseits. Und sie haben ja auch keinerlei Geld oder sonstige Geschenke dafür bekommen. Außerdem werden in Zeitschriften und im Fernsehen ja auch häufig Produktempfehlungen ausgesprochen – ohne dass dies als Werbung gilt! Ja, fand aber der Verband Sozialer Wettbewerb. Dieser hatte eine Klage auf Unterlassung an drei Influencerinnen gerichtet. Jede Produktempfehlung eines Influencers müsse als Werbung markiert werden, findet der Verein.
Der BGH hat nun ein wichtiges, wegweisendes Urteil dazu gefällt. Es ging um sogenannte Tap Tags auf Instagram, also Verlinkungen auf die Instagram-Seiten des Herstellers/der Marke des gezeigten Produkts. Anders als der Verband Sozialer Wettbewerb fordert, seien Influencer nicht verpflichtet, alle Beiträge, in denen sie ein Produkt vorstellen, als Werbung zu kennzeichnen! Postet ein Influencer ein Produkt, sei das also nicht automatisch Schleichwerbung. Nur wenn sie tatsächlich dafür bezahlt bzw. wie auch immer entlohnt wurden oder etwas auf übertrieben werbliche Art und Weise präsentieren, müssen sie dies mit dem Hinweis „Werbung“ kennzeichnen.
In allen drei Fällen handelt es sich um Influencerinnen, die auf Instagram Fotos posten und einen kurzen Text dazu schreiben. Manchmal markieren sie dabei auch in Form von sogenannten Tap Tags die Marken/Hersteller/Anbieter der Produkte, die auf ihren Fotos zu sehen sind. Über diese Tap Tags wird der Nutzer auf deren Instagram-Seite weitergeleitet.
Eine Influencerin postet vor allem Beiträge zu den Themen Mode, Muttersein, Yoga und Reisen, die zweite (die fast 2 Millionen Follower und einen blauen Haken hat, also verifiziert ist) zu Beauty, Mode, Lifestyle und Reisen und die dritte zu Sport, Fitness und Ernährung. Letztere bietet auch kostenpflichtige Fitnesskurse und Personal Trainings an und betriebt einen Online-Shop, der in ihrer Insta-Bio verlinkt ist. In einem ihrer Posts war eine Himbeermarmelade zu sehen („Raspberry Jam“) und ein Tap Tag darauf gesetzt. Wer das Bild und dann den Tap Tag anklickt, wird auf die Instagram-Seite des Marmeladen-Herstellers weitergeleitet. Die Fitness-Influencerin war dafür bezahlt worden. Allerdings hatte sie diesen bezahlten Beitrag nicht als Werbung gekennzeichnet.
Dagegen hatte der Verband Sozialer Wettbewerb e.V. geklagt – und auch gegen andere Posts der drei Frauen. Er meinte: Wenn sie nicht als Werbung markiert werden, handele es sich bei den Tap Tags immer um unzulässige Schleichwerbung. Deswegen forderte der Verband die Influencerinnen auf, das Setzen von Tap Tags zu unterlassen. Dafür zog er bis vor den BGH.
Haben die drei Influencerinnen wirklich gegen die Pflicht verstoßen, Werbung zu kennzeichnen – so wie der Verband Sozialer Wettbewerb meinte? Oder handelt es sich bei den Posts gar nicht um Werbung, sodass sie also nicht als solche markiert werden muss? Darüber hat der BGH am 09. September 2021 drei Mal geurteilt. Er gab zwei der drei Influencerinnen Recht. Nur eine habe mit einem ihrer Beiträge rechtswidrig gehandelt, indem sie kein Hinweis auf Werbung beifügte (BGH-Urteile vom 09.09.2021, I ZR 90/20; I ZR 125/20; I ZR 126/2).
Grundsätzlich wurde klargestellt: Influencer betreiben ein eigenes Unternehmen, wenn sie auf Instagram und Co. Waren vertreiben, Dienstleistungen anbieten oder ihr eigenes Image vermarkten. Deswegen stellen Posts von ihnen geschäftliche Handlungen zugunsten ihres eigenen Unternehmens dar. Denn durch die Beiträge werden die Influencer ja bekannter und ihr Werbewert steigt – ihr eigenes Unternehmen wird gefördert.
Eine geschäftliche Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens liege bei Posts von Influencern allerdings nur dann vor, wenn sie eine Gegenleistung dafür erhalten haben. Das kann Geld oder zum Beispiel eine geschenkte Reise sein oder dass das Produkt kostenfrei zur Verfügung gestellt wurde. Oder auch wenn der Beitrag „nach seinem Gesamteindruck übertrieben werblich“ ist – also jegliche kritische Distanz fehlt, weil ein Produkt nur als positiv gelobt wird, anstatt dass sachlich darüber informiert wird. Ist lediglich per Tap Tag die Instagram-Seite des Produkt-Herstellers markiert, liege noch nicht unbedingt ein „werblicher Überschuss“ vor. Ein Link auf die Internetseite des Herstellers hingegen stelle regelmäßig einen werblichen Überschuss dar.
Im ersten Fall wurde die Klage des Verbands über alle Instanzen hinweg abgelehnt. Vom LG München über das OLG München bis hin zum BGH hieß es immer: Dem Verband stehe kein Unterlassungsanspruch zu (LG München, Urteil vom 29. April 2019 - 4 HK O 14312/18; OLG München, Urteil vom 25. Juni 2020 - 29 U 2333/19).
Ja, die Instagram-Posts der Beklagten seien geschäftliche Handlungen im Sinne von §2, Absatz 1 Nr. 1 (UWG) zugunsten des eigenen Unternehmens der Influencerin. Aber das allein sei kein Wettbewerbsverstoß (kein Verstoß gegen §5a, Absatz 6 (UWG)). Denn der „kommerzielle Zweck“ ergebe sich ja unmittelbar aus den Umständen. Soll heißen: Den Nutzern ist bewusst, dass die Influencerin mit ihrer Instagram-Seite ein Unternehmen betreibt und jeder Post von ihr Werbung für sich selbst ist und also ihr eigenes Unternehmen fördert.
Und ja, es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass die beklagte Influencerin mit ihren Posts, in denen sie Produkte zeigt und deren Marken verlinkt, auch ein geschäftliches Handeln zugunsten fremder Unternehmen betreibt. Aber: Auch das sei kein Wettbewerbsverstoß. Denn die Influencerin hat ja keine Gegenleistung für ihre Beiträge bekommen. Eine extra Kennzeichnung als Werbung ist deswegen also nicht nötig. So sei weder gegen die Spezialvorschriften des Telemediengesetzes (TMG), des Rundfunkstaatsvertrags (RStV) oder des Medienstaatsvertrags (MStV) noch gegen Nr. 11 der Anlage zu §3, Absatz 3 (UWG) verstoßen worden, wonach Werbung gekennzeichnet werden muss – da es sich bei einer unbezahlten Produktplatzierung eben gar nicht um Werbung als solche handelt.
Keine Kennzeichnungspflicht für Influencer bei offensichtlicher Werbung
Im zweiten Fall hatte das LG Hamburg die Beklagte zwar noch verurteilt, doch in zweiter und dritter Instanz haben sowohl das OLG Hamburg als auch der BGH die Berufung des Verbands abgewiesen. Ihm stehe kein Unterlassungsanspruch zu (LG Hamburg, Urteil vom 28. März 2019 – 403 HKO 127/18; OLG Hamburg, Urteil vom 2. Juli 2020 – 15 U 142/19).
Die Begründung gleicht dabei der aus Fall Nummer 1. Die Instagram-Beiträge als geschäftliche Handlung zugunsten des eigenen Unternehmens der Influencerin seien kein Wettbewerbsverstoß, da sich der kommerzielle Zweck unmittelbar aus den Umständen ergebe. Und auch wenn die Posts einem anderen Unternehmen (dessen Produkte gezeigt und verlinkt wurden) zugutekommen, sei das kein Verstoß gegen §5a, Absatz 6 (UWG). Gegen das TMG, den RStV bzw. den MStV (Spezialvorschriften, die §5a, Absatz 6 (UWG) einschränken) sowie gegen Nr. 11 der Anlage zu §3, Absatz 3 (UWG) sei ebenfalls nicht verstoßen worden. Denn: Die Beiträge gelten nicht als kommerzielle Kommunikation bzw. Werbung – da die Influencerin keine Gegenleistung für das Posten der Produkte und Markieren der zugehörigen Unternehmen erhalten hat.
Bei der dritten beklagten Influencerin fiel die richterliche Einschätzung anders aus. Das LG Göttingen verurteilte die Influencerin antragsgemäß. Das OLG Braunschweig und auch der BGH stimmten dem zu: Dem Verband Sozialer Wettbewerb stehe der geforderte Unterlassungsanspruch zu – nach §8, Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 Nummer 2 sowie §2, Absatz 1 und §5a, Absatz 6 (UWG) (LG Göttingen, Urteil vom 13. November 2019 - 3 O 22/19; OLG Braunschweig, Urteil vom 13. Mai 2020 - 2 U 78/19).
Anders als in den anderen beiden Fällen war die Influencerin hier für ihren Post zum „Raspberry Jam“ nämlich bezahlt worden. Dieser kommerzielle Zweck sei nicht deutlich geworden – da die Influencerin den Beitrag nicht als Werbung gekennzeichnet hatte. So liege ein Verstoß gegen §5a, Absatz 6 (UWG) vor. Verbraucher würden über den Tap Tag dazu gebracht, die dargestellte Marmelade zu kaufen, weil sie nicht wussten, dass die Influencerin dafür bezahlt worden war, das Produkt zu zeigen. Außerdem verstoße der „Raspberry Jam“-Beitrag gegen §3a (UWG), in Verbindung mit §6, Absatz 1 Nr. 1 (TMG) und §58, Absatz 1 Satz 1 (RStV) bzw. §22, Absatz 1 Satz 1 (MStV). Denn die kommerzielle Kommunikation bzw. Werbung des Posts ist darin nicht klar ersichtlich.
Ende Mai 2022 tritt ein neues Gesetz zu Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht in Kraft. Darin wird unter anderem die Rechtslage bei Produkt-Postings von Influencern neu geregelt werden. Mit seinen drei aktuellen Urteilen hat der BGH dies quasi schon vorweggenommen bzw. dem neuen Gesetz entsprochen.
Demnach müssen Influencer Beiträge mit Produktempfehlungen/-verlinkungen künftig nämlich nur dann mit dem Hinweis auf „Werbung“ versehen, wenn sie auch eine Gegenleistung dafür erhalten haben, das Produkt zu empfehlen bzw. den Hersteller zu markieren. Das schafft endlich ein wenig Rechtssicherheit für Influencer. Bislang war unklar, wann ein Post denn als Werbung gilt und entsprechend gekennzeichnet werden muss – ein schmaler Grad zwischen ehrlicher Empfehlung an die treuen Follower und kommerziellem Zweck dahinter.
Wie es im Fernsehen und in Printmagazinen ja auch üblich ist, dürfen Influencer dann Produkte, die sich selbst gekauft haben, mit dem neuen Gesetz aus freier Überzeugung heraus empfehlen – ohne dass das als Werbung gilt. So könnte auch eine Überkennzeichnung demnächst verhindert werden. Wenn nämlich die Angst besteht, wegen einer nicht als Werbung markierter Produktempfehlung abgemahnt zu werden, wird von Influencern derzeit schnell einfach alles als „Anzeige“ markiert. So eine Überkennzeichnung wirkt nicht nur unauthentisch auf deren Follower. Sie stumpft die Nutzer auch gewissermaßen ab, sodass tatsächliche bezahlte Werbung gar nicht mehr als solche heraussticht und nicht deutlich wird.
► Schock für Influencer: Nichtkennzeichnung von Werbung kostet 10.200,-€
Das Internet stellt die Rechtswelt immer wieder vor neue Herausforderungen – so wie das Posten von Produkten und Verlinken der Hersteller. Muss das als Werbung gekennzeichnet werden oder nicht? Und wenn ja: Wie muss so eine Kennzeichnung genau gestaltet werden?
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