Werk- oder Dienstvertrag bzw. Werk oder Dienstleistung vereinbart?
Vom Exoten zum „Alltags-Vertrag“.
Zunehmend werden Software-Verträge im Privat- und Geschäftsleben abgeschlossen. Sie gewinnen also an Bedeutung und stellen für Verbraucher und Unternehmer eine etablierte Vertragsart dar.
Fraglich ist aber oft, was vereinbart wurde und damit welche Leistungen geschuldet sind?
Diese Leistungen werden in schriftlich oder mündlich geschlossenen Software-Verträgen mit Webdesignern, Entwicklern, Hostprovidern, Grafikdesignern etc. vereinbart. Regelmäßig entbrennt aber ein Streit zwischen den Vertragsparteien darüber, ob ein Werk fertig erschaffen oder „nur“ eine Dienstleistung erbracht werden soll.
Diese Problematik entsteht insbesondere dann, wenn der Software-Vertrag nicht schriftlich oder zu unbestimmt gefasst ist. Es wurde also nicht eindeutig vertraglich festlegt, ob beispielsweise der Webdesigner die Internetseite fertig erstellen oder sie nur überarbeiten soll oder ob der Entwickler eine Software marktreif entwickeln oder nur Software-as-a-service (SAAS) erbringen soll.
Das Ergebnis eines so mangelnden Vertrages ist, dass der Besteller nicht weiß, was er einfordern kann und dass der Bestellte nicht weiß, was er vertraglich schuldet. Außergerichtliche sowie gerichtliche Rechtsstreits sind dann nicht selten die Folge.
Nachfolgend gehen wir auf diese Problematik ein.
I. Was ist im Software-Vertrag vereinbart?
Im Wesentlichen kommen 3 Varianten in Betracht.
Entweder haben die Vertragsparteien vereinbart, dass
ein Werk (Werkvertrag, d.h., gegen eine Vergütung ist die Erstellung eines Werkes, also ein Erfolg, vereinbart),
eine Dienstleistung (Dienstleistungsvertrag, d.h. gegen Vergütung wird die Leistung von bestimmten Diensten vereinbart)
oder
ein Werk- und auch eine Dienstleistung (Mischvertrag, d.h. gegen die Vergütung ist nicht nur ein Erfolg oder eine Leistung vereinbart, sondern die Vereinbarung besteht aus mehreren Maßnahmen und enthält sowohl Elemente aus dem Werkvertrag als auch aus dem Dienstleistungsvertrag)
erbracht werden muss bzw. müssen.
II. Welche Leistungen sind vertraglich geschuldet?
Ist zwischen den Parteien ein Werkvertrag geschlossen worden, dann ist vertraglich ein Erfolg geschuldet, der in der Fertigstellung des vereinbarten Werkes, zum Beispiel der Erstellung einer Internetseite, besteht.
Anders ist es beim Dienstleistungsvertrag, dort ist vertraglich die Erbringung einer Leistung geschuldet, also etwa die Pflege einer Internetseite oder Software.
Bei den Mischformen aus Werk- und Dienstleistungsvertrag, die Elemente beider Vertragstypen enthalten, wie zum Beispiel die Überlassung und gleichzeitige Anpassung einer Software auf die individuellen Bedürfnisse des Bestellers, kommt es für die konkrete Einordnung darauf an, wo der Schwerpunkt der Leistung liegt. Hierfür ist stets eine Einzelfallbeurteilung nötig.
III. Wie wirkt sich das auf die Einordnung des Vertrages aus? Was sind (im Streitfalle) die Folgen für Besteller und Bestellten?
Die Einordnung des zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber Vereinbarten in entweder einen Werk- oder einen Dienstleistungsvertrag hat große Auswirkungen auf die geschuldete Leistung und auf die Beweislast der Parteien, wenn etwas nicht so läuft wie vereinbart.
So ist ein Werkvertrag, anders als ein Dienstvertrag, mit dem Erfordernis der Abnahme verbunden. Dies ist im Ergebnis für den Besteller, jedenfalls vor der Abnahme, ein Vorteil, da die Geltendmachung von Mängelrechten vor der Abnahme für ihn erleichtert ist und er pauschal einen Mangel anzeigen kann, ohne eine spezifische Auflistung der Fehler vorzulegen. Für den Bestellten ist die Vereinbarung eines Dienstleistungsvertrages im Ergebnis oft vorteilhafter, da er hier nur darlegen muss, dass er die vereinbarte Leistung erbracht hat; es kommt hierbei also nicht auf einen bestimmten Erfolg an.
Welche Auswirkungen sich für beide bei den Mischverträgen ergeben, muss im jeweils konkreten Falle betrachtet werden. Ein Beispiel für einen typengemischten Vertag stellen die agilen Software-Erstellungsverträge dar, die sog. ‚SCRUM‘-Verträge. Hier wird die Entwicklung der Software ohne vorherige Festlegung des konkreten Ergebnisses in aufeinander folgenden, immer wieder angepassten Zwischenschritten (sog. ‚Sprints‘) vereinbart. Diese Verträge können daher sowohl als Werk- als auch als Dienstvertrag ausgestaltet sein. Dabei kommt es im jeweiligen Einzelfall darauf an, wie der Vertrag ‚gelebt wird‘. Wichtig ist für beide Vertragsparteien, dass bei solchen Verträgen eine umfangreiche Dokumentationspflicht mitvereinbart wird. Daneben ist die Aufnahme von ergänzenden Vertragsbedingungen für die o.g. Verträge auf dem Gebiet des IT-Rechts, die sog. EVB-IT, vorteilhaft für beide. Die EVB-IT werden in unserem nächsten Blog-Eintrag näher beleuchtet.
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