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Staatsanwaltschaft darf beschlagnahmte Kryptowerte verkaufen


Bei der Strafverfolgung kann es durchaus vorkommen, dass die Staatsanwaltschaft im Rahmen der Gewinnabschöpfung auch Kryptowerte beschlagnahmt. Das LG Hanau hat nun mit Beschluss vom 15.04.2025 (Az. 1 Qs 10/25) entschieden, dass solche Kryptowerte aufgrund der zu erwartenden Kursschwankungen zum Zwecke des Werterhaltes notveräußert werden können. Die Staatsanwaltschaft muss dabei nicht laufend den Markt beobachten und bewerten. SBS Legal als Experte im Kryptorecht analysiert die Lage.

Krypto-Einziehung und Gefängnisstrafe

Der Beschluss erging aufgrund der Beschwerde eines Mannes. Dieser war im Vorfeld vom gleichen Gericht wegen verschiedener Drogendelikte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Jahren verurteilt. Dabei ging es um den Handel mit Kokain, Amphetamin und MDMA in erheblichem Umfang.

Die Mutter des Mannes hatte Drogengeld ihres Sohnes im fünfstelligen Bereich kurzzeitig bei sich aufbewahrt, um es wiederum an dessen Geldkuriere. Bei einer Durchsuchung wurden unter anderem drei sog. Ledger Sticks (Hardware, auf denen Kryptowährungen sicher aufbewahrt werden können) im Wert von 13.768,67 Euro sichergestellt. Es handelte sich vorwiegend um "XRP" (Ripple) und "ADA" (Cardano Blockchain).

Daraufhin wurden die Kryptowerte des Sohnes eingezogen, primär aufgrund Verdachts wegen Geldwäsche. Als die Staatsanwaltschaft ihn darüber informierte, dass sie eine Notveräußerung beabsichtigte, entbrannte der Streit.

Anleger war gegen eine Veräußerung

Dem Beschwerdeführer wurde mitgeteilt, dass die Staatsanwaltschaft die beschlagnahmten Kryptowerte notveräußern wollte. Dies wurde auf § 111p StPO gestützt. Er erlaubt der Staatsanwaltschaft eine Notveräußerung beschlagnahmter Vermögenswerte für den Fall, dass sein Verderb oder ein erheblicher Wertverlust droht oder seine Aufbewahrung, Pflege oder Erhaltung mit erheblichen Kosten oder Schwierigkeiten verbunden ist. Der Veräußerungserlös tritt dann an die Stelle des Vermögenswertes.

Wie gesetzlich vorgeschrieben, hörte die Staatsanwaltschaft den Mann hierzu an. Er war jedoch ganz anderer Meinung und widersprach der Maßnahme. Aus seiner Sicht drohe kein Wertverlust, vielmehr sei der Wert seit März 2023 um ein Vielfaches gestiegen. Und auf längere Sicht werde der Wert "weiter enorm steigen", insbesondere aufgrund des Umstandes, dass die neue US-Regierung "kryptofreundlich" sei. Auch behauptete er, die Kryptowerte mit legalen Mitteln erworben zu haben.

Würde das Amtsgericht dem Mann helfen?

Nein. Der Fall ging vor das Amtsgericht Hanau, welches den Antrag des Mannes gegen die Notveräußerung der beschlagnahmten Kryptowerte als unbegründet zurückwies. Es war überzeugt davon, dass die Kryptowerte aus Einnahmen aus dem Betäubungsmittelhandel stammten. 

Der Maßstab für die Frage, ob die Staatsanwaltschaft solche Kryptowerte notveräußern darf, sei ein hypothetischer wirtschaftlich denkender Eigentümer ohne hohe Risikobereitschaft. Und aus dessen Sicht wäre eine sichere Prognose über eine Wertbeständigkeit oder eine Wertsteigerung der Kryptowerte auch im Hinblick auf die Schnelllebigkeit der Weltpolitik nicht möglich. Er würde sich also für den Verkauf entscheiden, weshalb die Staatsanwaltschaft auch dazu berechtigt wäre.

Dazu kam, dass zwischenzeitlich auch wieder ein Wertverlust eingetreten war und Strafverfolgungsbehörden gerade nicht dazu verpflichtet seien, bei einer Notveräußerung auf steigende Kurse zu spekulieren und dadurch einen etwaigen Verkauf zu verzögern.

Der Mann behauptete weiterhin, die Kryptowerte stammten aus legalen Einnahmen seiner Tätigkeit als Personaltrainer. Das Gegenteil sei nicht erwiesen. Würde das Geld aus Betäubungsmitteln stammen, wäre die Summe deutlich höher. Für Kryptowährungen lasse sich aus langer Sicht nur eine Wertsteigerung feststellen. Es sei hierfür ein Sachverständiger zu beteiligen.

Beschluss: Staatsanwaltschaft durfte Kryptowerte verkaufen

Letztlich entschied das LG Hanau, dass die Notveräußerung durchaus rechtmäßig war. Ein erheblicher Wertverlust (i.S.d. § 111p StPO) drohe ab 10 Prozent. Der relevante Maßstab dafür ist, ob ein wirtschaftlich denkender Eigentümer sich zur Veräußerung entscheiden würde.

Was die mögliche Eigenschaft als Drogengeld betrifft, genüge hierfür bereits ein einfacher Tatverdacht. Und dieser bestand hier jedenfalls bezüglich einer Geldwäschetat i.S.d. § 261 Abs. 1 StGB. Dass das Geld also möglicherweise auch aus der legalen Tätigkeit als Fitnesstrainer stammt, reichte also nicht aus.

Droht bei Kryptowährungen immer ein Wertverlust? 

Aus Sicht des Gerichts schon. Kryptowährungen unterliegen teilweise sehr volatilen Wertschwankungen, sodass eine sichere Prognose, dass diese langfristig "handelbar" und damit "verwertbar" bleiben, nicht gestellt werden könne. Durch die Umwandlung der Kryptowährungen in eine konventionelle Währung im Wege der Verwertung könne der gesicherte Betrag nachhaltig und ohne Wertverlustrisiko gesichert werden.

Ähnlich wie bei der Herkunft des Geldes bestand zwar auch die Möglichkeit, dass es in Zukunft zu erheblichen Wertsteigerungen kommen kann (anders als bei beschlagnahmten Kfz). Das ändere aber nichts daran, dass erheblicheWertminderungen ebenfalls möglich waren und i.S.d. § 111p Abs. 1 StPO "drohten".

Staatsanwaltschaft muss kein Krypto-Experte sein

Anders als der Betroffene anbrachte, müsse sich die Staatsanwaltschaft bei dieser Einschätzung nicht einmal eines eines Sachverständigen bedienen. Es sei offenkundig, dass es sich bei Kryptowährungen um eine veränderliche Wertanlage handelt, für die zumindest unvorhergesehene Wertschwankungen von über 10 Prozent nicht unüblich sind. Hierfür sog das Gericht Bitcoin als Vergleich herbei, wo ein deutlicher Abfall des Wertes nach dem sog. Trump-Effekt eingetreten sei. Das Gericht schloss sich also der Staatsanwaltschaft gänzlich an, auch im Hinblick auf die Schnelllebigkeit der Weltpolitik, welche die entsprechenden Kursschwankungen herbeiführen kann.

Außerdem nannte das Gericht einen weiteren Aspekt für die Prognose. Im Unterschied zu gängig erfassbaren Vermögensgütern (Nahrungsmittel, PKws, Grundstücke) lägen bei Kryptowährungen noch keine gefestigten Erfahrungssätze vor. Das widerspreche schon der Natur solcher Krypto-Investments am Aktienmarkt. Das Gericht wollte also die Staatsanwaltschaft nicht dazu verpflichten, einen solchen, der Marktdynamik intensiv unterliegenden Wert als Strafverfolgungsbehörde permanent beobachten zu müssen.

Deutsche Strafverfolgungsbehörden verfügen zur Vermeidung ihrer Aufgabenüberforderung über keine Börsenabteilung und beobachten auch nicht sachkundig mit Bediensteten oder technischen Anwendungen den Markt. Dafür fehlen rechtliche und organisatorische Grundlagen. Deshalb genüge das bei Kryptowährungen inhärente Risiko, um einen Notverkauf zu rechtfertigen.

Folgen der Entscheidung

Bemerkenswert ist hier, dass das Gericht es ausdrücklich vermeidet, konkrete Anforderungen an das zu erwartende Risiko bei Kryptowerten zu stellen. Neben eines(anscheinend immer möglichen) Wertverlustes von über 10% scheint es nichts weiter zu brauchen.

Staatsanwaltschaften dürften somit beschlagnahmte Kryptowerte eigentlich immer notveräußern. Hierzu braucht auch kein Sachverständiger hinzugezogen werden, um die konkrete Situation zu beurteilen. Und das, obwohl nicht mal ein dringender Tatverdacht bezüglich der illegalen Herkunft bestehen muss. Es genügt ein einfacher Tatverdacht, an welchen die Anforderungen (wie in diesem Fall zu sehen) gering sind.

Dieser Beschluss könnte also weitreichende Folgen für Strafverfahren haben, in welchen Kryptowerte beschlagnahmt wurden. Natürlich ist in vielen dieser Fälle der Anleger nicht schützenswert, wenn das Geld aus kriminellen Geschäften stammt. Doch ein Verkauf ist ohne hohe Anforderungen möglich, egal ob sich im Nachhinein etwas anderes herausstellt.


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