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Mit Urteil vom 18. Mai 2022 hat das Oberlandesgericht Brandenburg entschieden, dass das Stimmrecht eines geschäftsführenden Gesellschafters nach § 47 Abs. 4 S. 2, GmbH-Gesetz (GmbHG) ausgeschlossen ist, sofern die Gesellschafterversammlung über eine Sonderprüfung seiner Tätigkeit beschließt. Sofern die Beschlussfassung die Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits ihm gegenüber betrifft, hat gemäß § 47 Abs. 4 S. 2, GmbHG ein Gesellschafter kein Stimmrecht.
Der Kläger ist Gesellschafter einer GmbH, die unter anderem Technik und know-how für das Brandschutzwesen hält und verwaltet. In seiner Funktion als Geschäftsführer veräußerte er verschiedene Vermögensgegenstände unter zweifelhaften Bedingungen an einen außenstehenden Dritten. Einer der übrigen Gesellschafter forderte daraufhin eine Sonderprüfung dieser Vorgänge. Die Gesellschafterversammlung hat mittels Beschluss eine von dem Gesellschafter beantragte Beschlussfassung über die Durchführung einer Sonderprüfung der Tätigkeit des Geschäftsführers abgelehnt. Gegen diesen Beschluss erhebt der Gesellschafter Nichtigkeitsklage und stützt seine Klage dabei auf die Tatsache, dass ein Gesellschafter, der zugleich Geschäftsführer ist, nicht an der Abstimmung hätte teilnehmen dürfen, weil er einem Stimmverbot unterlegen habe. Dem wurde seitens des Gesellschafter-Geschäftsführers eine Bestimmung in der Satzung (Gesellschaftsvertrag) der GmbH entgegengehalten, wonach – wie dies häufig geregelt ist– Stimmrechtsausschlüsse nur in den gesetzlich geregelten Fällen eingreifen.
Diese gesetzlich geregelten Fälle sind in § 47 Abs. 4 GmbHG geregelt. Dessen Wortlaut nach betreffen sie folgende Beschlussgegenstände:
Keiner dieser Sachverhalte war im vorliegenden Fall einschlägig.
Den Gesellschaftern steht aus § 46 Nr. 6 GmbHG ein umfassendes Informations- und Prüfungsrecht zu. Diese Befugnis können sie auch auf andere Personen zum Beispiel auf einen Sonderprüfer übertragen. Die Gesellschafter sind dem Geschäftsführer übergeordnet. So können sie beispielsweise den Umfang der Ausübung ihrer Kontroll- und Einsichtsrechte sowie Prüfungen bestimmen.
Das OLG Brandenburg hat dem Gesellschafter Recht gegeben. Zur Begründung führte das Gericht an, dass es bei den in § 47 Abs. 4 GmbHG genannten Fallgruppen immer um „das Richten in eigener Sache“ geht. Von einem solchen Richten in eigener Sache soll ein Gesellschafter, wenn er selbst betroffen ist, gemäß Art. 47 Abs. 4 S. 2, GmbHG ausgeschlossen sein. Danach hat ein Gesellschafter bei einer Beschlussfassung, die die Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits gegenüber einem Gesellschafter betrifft, kein Stimmrecht. Sinn und Zweck der Regelung ist es, zu verhindern, dass ein Gesellschafter Einfluss auf das Abstimmungsergebnis hat, weil davon auszugehen ist, dass ihn bei seiner Stimmenabgabe nicht nur das Gesellschaftsinteresse, sondern auch ein Eigeninteresse beeinflusst. Ein solcher Interessenkonflikt soll vermieden werden. Dieser Gedanke gilt auch bei der Anordnung einer Sonderprüfung von Tätigkeiten des Gesellschafts-Geschäftsführers. Auch dort liegt es nahe, dass der betroffene Gesellschafter sein Interesse, ein Haftungsrisiko zu vermeiden und so auch das eigene Ansehen zu schützen, maßgeblich in sein Abstimmungsverhalten einfließen lässt.
Um diesen Interessenkonflikt zu vermeiden erscheint eine analoge Anwendung des § 47 Abs. 4 S. 2, GmbHG sinnvoll.
Die Vorschrift des § 47 Abs. 4 S. 2 GmbHG soll nach der Entscheidung des Senats analog auf Sonderprüfungsbeschlüsse angewandt werden, also auf solche Beschlussfassungen, durch die maßgeblich mit den Stimmen des betroffenen Gesellschafters eine Sonderprüfung abgelehnt wurde.
Die gesetzlich geregelten Fälle des § 47 Abs. 4 S. 2, GmbHG sind weit auszulegen und auch grundsätzlich analogiefähig. Auch die Anordnung einer Sonderprüfung mit dem Ziel der möglichen Geltendmachung von Ersatzansprüchen soll laut dem Gericht der Analogie zugänglich sein, da die Beschlussfassung der Kontrolle des Gesellschaft-Geschäftsführers dient.
Die Analogiefähigkeit gilt somit auch für Beschlussfassungen, mit denen die Gesellschafterversammlung nach § 46 Nr. 6 GmbHG eine Sonderprüfung anordnet, um möglicherweise im Anschluss Ersatzansprüche gegen den betroffenen geschäftsführenden Gesellschafter geltend zu machen. Begründet wird dies mit der Annahme, dass der betroffene Gesellschafter sein Interesse ein Haftungsrisiko zu vermeiden und so auch das eigene Ansehen zu schützen, bei der Abstimmung mit einfließen lassen würde.
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