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Deutschland, Corona und die Masken – ein ziemliches Hin und Her. Zu Anfang der Pandemie letzten Jahres hieß es noch, Masken seien sinnlos und unnötig. Irgendwann änderte sich die Meinung diesbezüglich und die Maskenpflicht kam mit der AHA-Regel. Mund und (wenn auch zuerst widerstrebend) Nasen sah man in Supermärkten, Geschäften und öffentlichen Verkehrsmitteln fortan vor allem mit den sogenannten Alltagsmasken aus Stoff bedeckt. Ende Januar 2021 dann die nächste Änderung: Ab sofort sind nur noch medizinische Masken erlaubt. OP-Masken und die viel diskutierten FFP2-Masken zählen klar dazu. Aber wie sieht es eigentlich mit den Stoffmasken bzw. „textilen Mund-Nasen-Bedeckungen“ aus? Sind sie Medizinprodukte? Und wenn nicht: Muss der Hersteller dann dazuschreiben, dass es eben keine Medizinprodukte sind?
Dazu hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamm im Eilverfahren beschlossen: „Eine Alltagsmaske („textile Mund-Nasen-Bedeckung“) ist kein Medizinprodukt. Hierauf muss nicht klarstellend hingewiesen werden.“ (Beschluss vom 15.12.2020 – I-4 W 116/20). Der Fall im Detail:
Im vorliegenden Fall verkaufte eine Großhändlerin aus NRW „Stoffmasken“ mit Comic-Motiven (z.B. ein lückenhaftes Gebiss) sowie „Mund- und Nasenmasken“ an den Einzelhandel. Das versuchte eine Unternehmerin aus Niedersachsen mit einem lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruch zu verhindern. Vor dem Landgericht (LG) Münster war ihr Antrag teilweise erfolgreich: Die Richter entschieden, dass die Antragsgegnerin (die Großhändlerin) ihre „Mund- und Nasenmasken“ tatsächlich nicht mehr vertreiben darf. Die „Stoffmasken“ wurden ihr allerdings nicht verboten, weshalb die Antragstellerin sofortige Beschwerde bei der nächsten Instanz, dem OLG Hamm, einlegte.
Ihrer Meinung nach handle es sich bei den „Stoffmasken“ nämlich um Medizinprodukte (§3, Nr.1 (MPG)). Immerhin würden sie ja im Einzelhandel oft neben den eindeutig medizinischen Masken verkauft. Und nicht nur der Otto-Normal-Verbraucher, sondern auch die Wissenschaft und die Politik seien doch der Meinung, dass textile Mund-Nasen-Bedeckungen vor der Verbreitung des Coronavirus schützen würden. Da diese also Medizinprodukte seien, müsse man auch besondere Regeln beachten, wenn man sie verkauft (§3 (HWG)). Das habe die Großhändlerin unrechtmäßigerweise nicht gemacht. Und selbst wenn es sich bei den Masken aus Stoff aber doch nicht um Medizinprodukte handelt, hätte die Großhändlerin genau darauf hinweisen müssen – dass ihre Produkt eben nicht medizinischen Zwecken dient (§5a (UWG)). So oder so sei also wettbewerbswidrig gehandelt worden, meint die Antragstellerin (§§5, 3a (UWG)).
Entscheidend für die Beurteilung, ob es sich bei einem Produkt um ein Medizinprodukt handelt, ist die Zweckbestimmung. Soll heißen: Dient es einem medizinischen Zweck, ist es ein medizinisches Produkt (Dies stand bis vor Kurzem in §3, Nr. 1 (MPG), ist mittlerweile aber wieder hinfällig). So weit, so selbsterklärend. Wichtig wird es allerdings dabei, wer diesen Zweck festlegt. Das macht nämlich der Hersteller selbst mit seinen Angaben über seine Ware. Bewirbt er sie in einem medizinischen Kontext oder geht aus der Kennzeichnung oder Gebrauchsanweisung ein medizinischer Zweck hervor, ist klar: Hier liegt ein Medizinprodukt vor.
Darf die Großhändlerin weiterhin ihre Stoffmasken wie gewohnt verkaufen? Oder hat sie bisher bestimmte Regelungen missachtet, weil die Maske nämlich ein Medizinprodukt ist? Die Richter am OLG Hamm haben letztlich zugunsten der Großhändlerin entschieden. Denn: Sie habe nirgends darauf hingedeutet, dass ihre Maske einem medizinischen Zweck dienen würde – weder bei der Gestaltung des Produkts selbst noch mit der Werbung dafür noch sonst wie. Mangels entsprechender Zweckbestimmung sei die streitgegenständliche Maske also kein Medizinprodukt.
Dabei sei es egal, ob diese Stoffmaske im Einzelhandel eventuell neben wirklich medizinischen Masken verkauft werden könnte. Die Großhändlerin selbst könne ja nichts dafür, wie ihr Produkt im Laden oder auf einer Website positioniert wird. Und auch dass die einige Menschen, inklusive Wissenschaftler und Politiker, meinen, textile Mund-Nasen-Bedeckungen hätten eine Schutzwirkung bzgl. Corona, sei hier irrelevant. Was zählt sei, dass die Großhändlerin eben keinen medizinischen Zweck suggeriere. Übrigens sagt das auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte – dass bloße Stoffmasken keine Medizinprodukte sind. „Auch Wasser und Seife werden nicht deshalb zu „Medizinprodukten“, weil regelmäßiges Händewaschen nach allgemeiner Auffassung und Empfehlung der zuständigen Behörden eine Schutzwirkung vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 hat“, schreibt das OLG Hamm dazu in seinem Beschluss und zeigt damit, wie absurd es wäre, eine Maske als Medizinprodukte zu werten, wenn der Hersteller selbst das doch gar nicht behauptet.
Insofern sei es natürlich auch nicht erforderlich, Stoffmasken eine Gebrauchsanweisung beizulegen, wenn man sie verkauft. Was sollte da auch groß drinstehen? Es gibt ja keine besonderen gesetzlichen Regelungen, was man bei der Benutzung von nicht-medizinischen Produkten beachten müsste. Erst recht unnötig sei es, bei Stoffmasken unbedingt dazuzuschreiben, dass diese „keine medizinischen Produkte“ sind. Der angesprochene Verkehr gehe doch gar nicht davon aus, dass sie medizinisch seien.
Der Beschluss aus Hamm zeigt klar: Solange der Hersteller das nicht angibt, sind textile Mund-Nasen-Bedeckungen auch keine Medizinprodukte. Dabei ist nicht wichtig, wie die Masken im Einzelhandel ausgestellt werden oder inwiefern die Verbraucher meinen, die Masken hätten eine Schutzwirkung. Ausschlaggebend ist nur die Kennzeichnung, Gebrauchsanweisung oder Werbung des Herstellers für sein Produkt. Außerdem muss man auch nicht explizit dazusagen, dass sie „keine Medizinprodukte“ sind. Sonst müsste es so einen Hinweis ja auch bei Hustenbonbons aus dem Supermarkt geben…
Also: Als Hersteller von Stoffmasken können bzw. sollten Sie gar im Normalfall jegliche Formulierungen wie „medizinisch“ und „Medizinprodukt“ oder „nicht medizinisch“ und „kein Medizinprodukt“ einfach weglassen.
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