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Die Bundesregierung sagt im Rahmen eines Gesetzentwurfs vom 17.3.2021 sogenannten Feindeslisten den Kampf an. Insbesondere soll der neue §126a im Strafgesetzbuch so Personen aus Politik, Zivilgesellschaft und Journalismus schützen.
Ziel des Gesetzesentwurfs ist der strafrechtliche Schutz von Personen, die auf Hass- oder Feindeslisten stehen. Darunter versteht man Listen von Daten einzelner Personen. Insbesondere Adressdaten, Informationen über persönliche Umstände oder Fotos. Erstellt und genutzt werden solche Listen bereits seit längerer Zeit von politisch extremen Gruppen, wie zum Beispiel dem NSU mit etwa 10.000 Namen. Auch die Hassliste der rechtsextremen Nordkreuz-Gruppe zählte im Jahr 2018 rund 25.000 Namen und Adressen von „politischen Feinden“. Regelmäßig werden solche Informationen genutzt, um im Internet ausdrückliche oder subtile Drohungen auszusprechen. Ein Feind könne zum Beispiel „(…) ja mal Besuch bekommen“. Laut Gesetzgeber störe solches Verhalten aufgrund der einschüchternden Wirkung den öffentlichen Rechtsfrieden.
Aber was sagt der Paragraph nun genau? Bestraft wird, wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts personenbezogene Daten einer anderen Person in einer Art und Weise verbreitet, die geeignet ist, diese Person oder eine ihr nahestehende Person der Gefahr eines gegen sie gerichteten Verbrechens oder einer gegen sie gerichteten sonstigen rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert auszusetzen. Strafrahmen ist Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe, bei nicht allgemein zugänglichen Daten droht Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Klingt zwar zunächst klar und eindeutig, umstritten ist allerdings der Begriff des „Verbreitens“ von personenbezogenen Daten. Ein jeder Gesetzesentwurf enthält eine Gesetzesbegründung, aus der man die Aufklärung von Unklarheiten meist entnehmen kann: „mit Verbreiten ist jedes Mitteilen einer Tatsache, auch nur gegenüber einer Person, erfasst“. Ungeschriebene Voraussetzung ist dann jedoch, dass feststehen muss, dass diese Person seinerseits die Schrift an weitere Personen überlassen wird.
Unter dem „Verbreiten eines Inhalts“ ist das Zugänglichmachen des Inhalts dieser Feindeslisten samt personenbezogener Daten an einen größeren Personenkreis gemeint, der, sei er auch individuell bestimmbar und in sich abgeschlossen, so groß sein muss, dass er für den Täter nicht mehr kontrollierbar ist. Insbesondere werden damit Chat Gruppen auf Messenger-Diensten wie WhatsApp und Telegramm oder E-Mail-Versendungen umfasst. Der neue Paragraph kennt jedoch mit Verweis auf einen Ausnahmetatbestand eines anderen Paragraphen einzelne Ausnahmen: staatsbürgerliche Aufklärung, Abwehr verfassungswidriger Bestrebungen, Kunst oder Wissenschaft, Forschung oder Lehre, Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens.
Ja und Nein. Es ist zwar richtig, dass der §42 im Bundesdatenschutzgesetz die Veröffentlichung von nicht öffentlichen zugänglichen Daten unter Strafe stellt. Darunter fallen auch Feindeslisten. Realität ist jedoch, dass die Präsenz solcher Feindeslisten immer höher wird, die Anzahl der Verfahren im Jahr 2019 allerdings bei lediglich 23 lag. Indem der bereits existierende Straftatbestand vom Nebenstrafrecht (Bundesdatenschutzgesetz) in das Kernstrafrecht (Strafgesetzbuch) übertragen wird, wird die Bedeutung der Norm und der Schutz personenbezogener Daten hervorgehoben.
Aus Kreisen der rechtswissenschaftlichen Literatur wird unter Anderem der Vergleich des Strafrahmens zu einer unmittelbaren Bedrohung aus dem §241 StGB kritisiert. Wer demnach einen Menschen mit einem Verbrechen ihm gegenüber bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft. Dies stelle eine Art Wertungswiderspruch dar. Zudem sei überraschend, dass der Straftatbestand nicht in das „Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität“ aufgenommen wurde, vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass es Feindeslisten schon seit Jahrzehnten gibt. Auch sorgt für Kritik die Tatsache, dass Betroffene von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich informiert werden. Teils werden Betroffene gar nicht informiert, teils erst sehr spät. Selbstschutz kann so kaum gewährt werden.
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