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| Datenschutzrecht, Urheberrecht

Reform des TMG: Passen die WLAN-Regelungen zum EU-Urheberrecht?


Mit dem neuen TMG wollte der nationale Gesetzgeber offene WLANs fördern. Aber ist das auch urheberrechtskonform gemäß EU-Richtlinien?

Das TMG zu WLAN muss dem EU-Urheberrecht entsprechen

Artikel 8, Absatz 2 der EU-Urheberrechts-Richtlinie besagt: Jeder EU-Staat muss dafür sorgen, dass Rechteinhaber gerichtlich dagegen vorgehen können, wenn ihre Rechte verletzt wurden. Das bezieht sich auch auf WLAN-Betreiber, wenn ein Dritter über ihr Netzwerke eine Urheberrechtsverletzung begangen hat – Rechteinhaber müssen dann gerichtliche Anordnungen gegen die Betreiber beantragen können. In der Durchsetzungs-Richtlinie ist festgehalten, wie dieser Rechtsschutz gestaltet sein muss: „fair und gerecht“, „nicht unnötig kompliziert oder kostspielig“ (Artikel 3, Absatz 1 (EU-RL/2004/48/EG)) sowie „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ (Artikel 3, Absatz 2 (EU-RL/2004/48/EG)).

Mit §7, Absatz 4 Satz 1 (TMG) wollte der deutsche Gesetzgeber diesen europarechtlichen Sperranspruch in deutsches Recht überführen. Doch ist das auch wirklich gut gelungen…?



Portsperren bei offenen WLANs – wirksam gegen illegales Filesharing?

Während mit dem reformierten TMG in Deutschland offene WLANs bereits zugelassen wurden, hat der EuGH noch keine Einschätzung dazu abgegeben. Ist das Urheberrecht bei offenen WLANs hinreichend geschützt? Oder ist das Risiko von illegalem Filesharing so groß, dass mit offenen WLANs gegen EU-Urheberrecht verstoßen wird?

Ziemlich deutlich ist: Um illegales Filesharing zu verhindern, sollten offene WLANs gesichert werden. Die einzige wirkliche Option ist da nur die Portsperre. Aber inwieweit genügt sie dem EU-Recht? Können mit Portsperren Urheberrechtsverletzungen verhindert werden – oder zumindest stark erschwert? Das ist noch unklar. Und selbst wenn herauskäme, dass Portsperren wirksam sind, stellt sich dann die Frage: Sind sie denn auch verhältnismäßig? Es besteht nämlich die Gefahr des „overblocking“ – also dass durch eine Portsperre nicht nur illegales Filesharing, sondern auch der legale Datenaustausch verhindert wird.

Um das gänzlich zu umgehen, müssten WLAN-Betreiber statt einer Portsperre einfach einen Passwortschutz einrichten, um ihr Netz zu sichern – wie es ja europarechtlich gefordert wird. Im Gegensatz zur Portsperre ist so ein Passwort vom EuGH jedenfalls schonmal eruiert worden: Es beeinträchtigte den „rechtmäßigen Zugang zu Informationen“ nicht.


Anfängliche vs. nachträgliche Sicherung

Das EU-Recht schreibt vor: Ein WLAN muss von Anfang an vor illegalem Filesharing geschützt werden – also nicht erst, wenn die Urheberrechtsverletzung begangen wurde, sondern schon wenn das WLAN eingerichtet wird. Sonst wäre ja das Grundrecht auf geistiges Eigentum des Rechteinhabers nicht gegeben, meinte der EuGH in der Rechtssache „McFadden“, in der es um ein gewerbliches WLAN ging, über das eine Urheberrechtsverletzung stattgefunden hatte. Denn ein WLAN-Betreiber könne ja gar nicht wirklich effektiv nachträglich (nach einer Rechtsverletzung) tätig werden. Anders als ein Dienstleister bspw. speichert er ja keine Informationen, sodass er die Täter nicht ermitteln und zur Strafzahlung auffordern kann. Nachträgliche Sicherungsmaßnahmen, die in jedem Einzelfall angeordnet werden, könnten nicht wirklich helfen, künftige Rechtsverletzungen zu verhindern – und wären zudem auch ziemlich kostspielig (siehe Artikel 3 Durchsetzungs-RL)

Stattdessen sollte ein WLAN-Betreiber also Prävention leisten – damit es gar nicht erst zu einer Rechtsverletzung kommt. Auf diesem Stand ist das TMG und die Rechtsprechung des BGHs allerdings noch nicht. In §7, Absatz 4 Satz 1 (TMG) ist nämlich nur von nachträglichen Sicherungsmaßnahmen die Rede (Portsperren bzw. eine freiwillige Passwortsicherung). Das deutsche Gesetz müsste also entsprechend der EU-Richtlinie umgeändert werden und auch eine Sicherungspflicht von Beginn an vorsehen. Nur so ließen sich Urheberrechtsverletzungen verhindern, sodass Rechteinhaber dann auch nicht ständig ihr Grundrecht auf geistiges Eigentum explizit einfordern müssten.

Ist eine anfängliche Sicherungspflicht für WLAN-Betreiber zumutbar?

TMG sieht Portsperre WLAN-Schutz vor

Das Interesse der Rechteinhaber überwiegt ein mögliches Interesse der Anschlussinhaber, keine Sicherungsmaßnahmen für ihr WLAN einrichten zu wollen. Eine anfängliche Sicherungspflicht wäre also zumutbar. Denn ein offenes WLAN birgt ein gewisses Risiko. Wer so etwas also einrichtet, sollte auch Verantwortung dafür übernehmen – und es von Anfang an schützen.

Eine Passwortsicherung wäre kein deutlicher Mehraufwand. Und auch mögliche Kosten einer Portsperre würden zu großen Teilen gedeckt werden. Bei einem offenen WLAN bestehen sowieso höhere Kosten für die eigene IT-Sicherheit. Außerdem ist ein offenes WLAN ja geschäftsförderlich für Gewerbetreibende. Insofern wären also auch mögliche Zusatzkosten für eine anfängliche Sicherungspflicht zumutbar – vor allem weil ansonsten ja der Rechtsschutz für Rechteinhaber einfach nicht gewährleistet wäre…


Rechtsdurchsetzung: Müssen WLAN-Betreiber Rechteinhabern ihre Kosten erstatten?

In §7, Absatz 4 Satz 3 (TMG) steht: Ein Rechteinhaber hat keinen Anspruch darauf, vom Diensteanbieter seine außergerichtlichen Kosten zurückzubekommen, die angefallen sind, um sein Recht geltend zu machen und durchzusetzen. Dieser fehlende Anspruch auf Kostenerstattung darf allerdings nicht angewendet werden. Denn er verstößt gegen Artikel 14 der Durchsetzungs-Richtlinie: Der EuGH hatte entschieden, dass außergerichtliche Kosten als Prozesskosten zu verstehen sind – und Artikel 14 besagt, dass Prozesskosten der obsiegenden Partei von der unterlegenen Partei getragen werden müssen.

Mit der „unterlegenen Partei“, die die Kosten tragen muss, können wohl auch Zugangsvermittler (also auch WLAN-Betreiber) gemeint sein. Immerhin wird in Artikel 14 nämlich nicht zwischen Zugangsvermittlern und Rechtsverletzern unterschieden – anders als bspw. in I a, 11 der Durchsetzungs-Richtlinie. Zudem nennt der Erwägungsgrund 59 der Urheberrechts-Richtlinie, dass Rechtsinhaber eine gerichtliche Anordnung gegen einen Vermittler beantragen können soll – weil diese Vermittler oft am besten in der Lage seien, Rechtsverstößen von Dritten ein Ende zu setzen. Wie genau so ein gerichtliches Verfahren gegen WLAN-Betreiber gestaltet ist, wird dann jeweils national gesetzlich festgeschrieben. Aber dass sie gerichtlich in Anspruch genommen werden können müssen, ist per Urheberrechts- und Durchsetzungs-Richtlinie eindeutig vorgegeben.

Abmahnkosten

In §7, Absatz 4 Satz 3 (TMG) steht auch: Ein Rechteinhaber hat keinen Anspruch darauf, vom Diensteanbieter seine vorgerichtlichen Kosten (also seine Abmahnkosten) zurückzubekommen, wenn der WLAN-Betreiber keine anfänglichen Sicherungsmaßnahmen für sein Netz eingerichtet hatte. Der EuGH hat zwar noch nicht darüber entschieden, aber eigentlich sollten Abmahnkosten laut EU-Recht von WLAN-Betreibern erstattet werden müssen. Artikel 14 der Durchsetzungs-Richtlinie besagt ja auch: Wer einen berechtigten Anspruch hat, soll auch die Kosten für die Durchsetzung seines Anspruchs erstattet bekommen. Im Falle einer Urheberrechtsverletzung über ein offenes WLAN würde das zutreffen. Denn wenn ein WLAN-Betreiber keine anfänglichen Sicherungsmaßnahmen eingerichtet hat (obwohl er das laut EU-Recht eigentlich machen müsste), muss der betroffene Rechteinhaber ihn abmahnen, um sein Recht zu bekommen. Die Rechteinhaber haben dann also einen berechtigten Anspruch darauf, ihre Abmahnkosten vom WLAN-Betreiber erstattet zu bekommen.

Es wäre ja nicht fair oder gerecht, wenn sie ihre Abmahnkosten selbst tragen müssten (gemäß Artikel 3 (RL/2004/48/EG)) – obwohl ja der WLAN-Betreiber für die Urheberrechtsverletzung (mit)verantwortlich ist, da er pflichtwidrigerweise sein WLAN nicht hinreichend gesichert hatte. Außerdem wäre es auch nicht abschreckend genug, wenn WLAN-Betreiber die Abmahnkosten nicht tragen müssten. Denn dann würden sie ja einfach warten, bis sie eine Abmahnung erhalten (deren Kosten sie dann ja sowieso nicht zahlen müssten), anstatt ihr WLAN von Anfang an freiwillig zu schützen. Dann wäre das Urheberrecht für Rechteinhaber nicht wirklich gewährleistet – und sie müssten wohl immer wieder hohe Abmahnkosten selbst zahlen. Rechtsschutz läge dann nicht vor. Also: Für einen wirksamen und fairen Rechtsschutz müssten WLAN-Betreiber Rechteinhabern ihre Abmahnkosten erstatten.


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