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Überwachungsdruck wird durch Nutzerkommentare erhöht


Auch der öffentliche Dienst will von den Vorteilen der sozialen Medien profitieren 

Unternehmen haben schon längst die sozialen Medien als Marketingplattform für sich entdeckt. Nun möchte auch der öffentliche Dienst die Vorteile von Social Media als Kommunikationsplattform für sich nutzen: So können Informationen leichter verbreitet und eine Community geschaffen werden, die dem Austausch der Patientinnen und Patienten dient.

Besteht die Möglichkeit Nutzerkommentare unter Beiträgen zu hinterlassen, kann ein solcher öffentlicher Social-Media-Auftritt allerdings auch eine technische Einrichtung darstellen, die die Leistung und das Verhalten von ihren Beschäftigten überwacht. Dies führt zu arbeitsrechtlichen Problemen. Daher entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) am 04.05.2023 (Az. 5 P 2/22), dass in einem solchen Fall ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats notwendig sei. Nur so kann die Persönlichkeit der Beschäftigten am Arbeitsplatz geschützt und verhindert werden, dass der Druck erhöht wird, durch eine technische Einrichtung überwacht zu werden.


Vorinstanzen sind sich uneinig über das Mitbestimmungsrecht des Personalrats 

Der Vorstandsvorsitzenden der Kinderklinik des Universitätsklinikums betrieb eine Facebook-Seite, wo regelmäßig situations- oder anlassbezogene Beiträge geteilt wurden. Auch die Beschäftigten wurden in diesen Beiträgen vorgestellt. Die Nutzer konnten dann mithilfe einer Kommentarfunktion zu den Beiträgen Stellung nehmen. Dabei können jederzeit Kommentare gelöscht werden, aber die Kommentarfunktion dafür nicht ausgeschaltet werden.

Der Antragsteller forderte den Vorstandsvorsitzenden auf, ein Mitbestimmungsverfahren durchzuführen. Diese Aufforderung blieb erfolglos, woraufhin er die Einleitung des gerichtlichen Beschlussverfahrens einleitete. Das Verwaltungsgericht nahm ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats an. Das Oberverwaltungsrecht stimmte wiederum gegen ein solches Recht des Antragstellers, da es sich bei der Facebook-Seite nicht um die Anwendung bzw. Einführung einer technischen Einrichtung handle.

Überwachungsdruck entstehe bereits bei der Speicherung

Das BVerwG schlug schließlich mit seiner Entscheidung einen Mittelweg ein: So müsse man am Einzelfall beurteilen, ob ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats notwendig sei. Als Rechtsgrundlage sei hierfür § 88 Absatz 1 Nummer 32 Hamburgisches Personalvertretungsgesetz heranzuziehen, der bestimmt, wann ein Mitbestimmungsrecht des Personalrats im Fall der Einrichtung und Anwendung einer technischen Einrichtung, die die Überwachung der Leistung und des Verhaltens der Angehörigen des öffentlichen Dienstes bezweckt, greift. Das Mitbestimmungsrecht schütze nicht nur die Persönlichkeit der Beschäftigten am Arbeitsplatz, sondern sorge auch dafür, dass die Beschäftigten nicht eine dauerhafte Überwachung befürchten müssen und zusätzlich unter Druck gesetzt werden.

Wurden Informationen zum Verhalten und der Leistung der Beschäftigten gespeichert und ausgewertet, so liege nach dem Bundesarbeitsgericht ein Überwachen vor. Dabei sei auch gleichgültig, ob die Einrichtung selbst die verhaltens- und leistungsbezogenen Daten erhebt oder ob sie manuell eingegeben werden müssen.

Vorliegend fand zwar keine Auswertung statt, jedoch stelle die Speicherung von Kommentaren über die Leistung und das Verhalten der Beschäftigten eine selbstständige Überwachung dar. Wurden die Daten nämlich erst einmal gespeichert, ist eine anschließende Auswertung stets noch möglich. Dadurch würden die Beschäftigten unter einem ständigen Überwachungsdruck stehen. Hierfür reiche es aus, wenn die Datenspeicherung aus objektiver Sicht geeignet ist, die Beschäftigten zu überwachen. 

Menge an Nutzerkommentaren weisen auf Überwachungseignung hin

Die Überwachungseignung ist am individuellen Online-Auftritt der Dienststelle zu beurteilen. Behandeln die Beiträge die Beschäftigten sowie ihren Tätigkeitsbereich, werde damit auch auf ihre Leistung aufmerksam gemacht. Die Wahrscheinlichkeit für entsprechende verhaltens- und leistungsbezogene Nutzerkommentare steige. Bei sachbezogenen Beiträgen, wie beispielsweise die Aufgaben der Dienststelle, seien derartige Kommentare grundsätzlich nicht zu erwarten.

Jedoch erst wenn diese Kommentare ein gewisses Maß überschreiten, spreche man von einer Überwachungseignung. Welche Menge an Kommentaren notwendig ist, thematisiert das BVerwG nicht weiter. Es stellt jedoch klar, dass sich ein Überwachungsdruck nicht einstelle, wenn die Nutzerkommentare nicht ausgewertet, sondern schnellmöglichst von der Dienststelle gelöscht werden würden. Allerdings reiche es nicht aus, wenn sich die Dienststelle wegen der Löschung bloß an den Betreiber der sozialen Medien wende, da nicht ersichtlich sei, wann es zu einer tatsächlichen Löschung kommen werde.

Das BVerwG merkte an, dass es an den notwendigen tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts fehle. Daher hob es den Beschluss auf und wies die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurück.


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